Platz 1 - Johannes Helbig, Deutsche Post

"IT wird zum Produkt"

25.11.2010
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Mit dem elektronischen Postbrief transformiert die Deutsche Post ihr Briefgeschäft und stellt es für die Zukunft auf. Im Mittelpunkt des Projekts steht IT - und damit auch unser CIO des Jahres 2010: Johannes Helbig.
Johannes Helbig ist Mitglied des Bereichsvorstands Brief und CIO bei der Deutsche Post.
Johannes Helbig ist Mitglied des Bereichsvorstands Brief und CIO bei der Deutsche Post.
Foto: Jo Wendler

Verbindlich, verlässlich, vertraulich - das sind die Attribute, mit denen die Deutsche Post ihr neues Produkt, den E-Postbrief, bewirbt. Dahinter steckt eine Kraftanstrengung, die nicht jeder der guten alten Post zugetraut hätte: Der Traditionskonzern steckt in einer grundlegenden Transformation, in der sein Kernprodukt, der Brief, in die digitale Welt übertragen wird.

Ein Mann hat daran entscheidenden Anteil, unser CIO des Jahres 2010 Johannes Helbig. Er ist nicht nur der Chief Information Officer der Post im Unternehmensbereich Brief, er ist auch Mitglied des Bereichsvorstands und insofern voll in den strategischen Entscheidungsprozess involviert. Im Team von Jürgen Gerdes, dem für das Briefgeschäft verantwortlichen Postvorstand, haben Helbig und seine Mitarbeiter die Weichen für die Zukunft des Konzerns gestellt - konzeptionell, architektonisch und technisch.

Kann E-Mail das nicht auch?

Die Idee besteht darin, das mit dem klassischen Brief einhergehenden Versprechen der sicheren und rechtsgültigen Zustellung von Nachrichten auf das Internet zu übertragen. Die Frage: "Lässt sich das nicht einfach per E-Mail erledigen?", hat Helbig schon oft gehört. Seine Antwort lautet: "Die E-Mail ist nicht verbindlich, denn die Teilnehmer können anonym bleiben. Sie ist nicht vertraulich, weil das IP-Protokoll offen ist. Und sie ist nicht verlässlich, weil der Empfänger den Erhalt bestreiten kann."

Gelte es Willenserklärungen abzugeben, Rechtsgeschäfte abzuschließen, Angebote zu versenden, Aufträge zu erteilen, Bestellungen aufzugeben oder Behördendienste zu nutzen, gebe es dafür im Internet bislang keinen sicheren und rechtsverbindlichen Raum. Theoretisch ist die Eintrittsbarriere für Wettbewerber, den Briefverkehr für Kunden elektronisch abzuwickeln, gering. In der Praxis hat aber die Post mit ihrem "hybriden Ansatz" ein echtes Pfund aufzubieten, das andere aufgrund der fehlenden Infrastruktur nicht in die Waagschale legen können: Elektronisch versandte Briefe können von der Post ausgedruckt, kuvertiert und an die Postadresse zugestellt werden. Elektronische und physische Zustellung sind also nur Varianten eines integrierten Prozesses.

Nachdem die Post ihr Kernprodukt ins Internet gebracht hat, arbeiten Helbig und seine Kollegen nun am Ausbau des Geschäfts. Es geht darum, die Basisdienste der E-Postbrief-Plattform zu nutzen, um ein "Ökosystem" von Mehrwertdiensten zu schaffen, die von der Post selbst oder von Partnerunternehmen erbracht werden können. "Unsere Kernleistung ist die Trusted Transaction", sagt Helbig. "Darauf aufbauend können wir nun eine Vielzahl von Angeboten einführen."