Siemens geht wieder als beliebtester Arbeitgeber durchs Ziel

IT-Studenten bevorzugen Größe

22.08.2003
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Wie eng die Attraktivität eines Arbeitgebers an seine Produkte geknüpft ist, machen die guten Plätze der Automobilkonzerne deutlich. Neben den großen IT-Herstellern wie IBM, SAP, Microsoft oder HP sind es Unternehmen wie Daimler-Chrysler, BMW, Porsche oder Audi, bei denen Informatiker ihre Karriere am liebsten starten würden. Die Porsche AG ist der steilste Aufsteiger des Jahres, sie hatten die Studenten auf Anhieb auf Platz zehn gewählt.

Die Verbindung zwischen Produkt- und Arbeitgeberimage funktioniert dagegen bei den Telekommunikationsunternehmen nur bedingt. Obwohl etwa Nokia unter den Handy-Herstellern immer noch Weltmarktführer ist, schaffen es die Finnen nur auf Platz 25 der beliebtesten Arbeitgeber. TK-Größen wie die Deutsche Telekom, T-Mobile oder Vodafone finden sich erst ab Platz 40 des Rankings wieder. Das mag damit zusammenhängen, dass in keiner anderen Branche das Gefälle zwischen Stellenboom und Stagnation beziehungsweise Entlassungen so dramatisch ausfiel. Laut den Marktforschern von EMC/Adecco reduzierte sich 2003 die Zahl der in Tageszeitungen ausgeschriebenen TK-Stellen gegenüber dem Jahr 2000 auf weniger als ein Zehntel. Andererseits haben Firmen wie Vodafone auch in den vergangenen Jahren moderater, aber kontinuierlich neue Mitarbeiter eingestellt.

Nachholbedarf in Sachen Image haben viele Anwenderfirmen, die der IT-Nachwuchs nicht als wichtige Arbeitgeber wahrnimmt: Die Deutsche Bank (Platz 33), Robert Bosch (ebenfalls 33) und Bertelsmann (36) rutschten im Vergleich zum Vorjahr sogar ab, und Unternehmen wie die Münchener Rück oder die Deutsche Post finden sich erst jenseits der 50 wieder. Auch Unternehmensberatungen wie McKinsey oder Boston Consulting Group, die nach wie vor auf aufwändige Recruiting-Veranstaltungen setzen und mit diesen vermehrt hoch qualifizierte Informatiker ansprechen wollen, haben den Sprung in das erste Drittel nicht geschafft und befinden sich in Gesellschaft von IT-Beratungs- und Systemhäusern wie T-Systems oder Accenture.

Auf der Suche nach Sicherheit

Das Thema New Economy hat sich für die angehenden Informatiker erledigt - nur zwei Firmen finden sich unter den ersten 50. Neben dem Internet-Provider Web.de ist das der Linux-Distributor Suse. Auch wenn die Nürnberger in der Vergangenheit ihren Personalstamm um ein Drittel reduzieren mussten, scheinen sie nach wie vor vom Reiz des freien Betriebssystems zu profitieren. Attraktive Arbeitsaufgaben sind mit einem guten Betriebsklima die entscheidenden Kriterien, nach denen die IT-Studenten ihren künftigen Arbeitgeber auswählen wollen. Darauf folgen die Weiterbildungsmöglichkeiten und die Sicherheit der Anstellung.

Auch andere Ergebnisse der Trendence-Befragung bestätigen die Tendenz, dass die Studenten dauerhafte Perpektiven suchen: So ziehen zwei Drittel von ihnen eine sichere Anstellung und ein langfristiges Verdienstpotenzial einem schnellen Aufstieg mit entsprechenden Gehaltssprüngen vor. In Sachen Weiterbildung setzt die Mehrheit eher auf Lernen in der Praxis als in der Theorie. Für die herausfordernden Arbeitsaufgaben nehmen die Befragten auch in Kauf, dass Privat- und Berufsleben nicht immer strikt getrennt werden können. Durchschnittlich rechnen sie mit einer Wochenarbeitszeit von 43 Stunden, jeder Fünfte geht davon aus, dass er zwischen 46 und 55 Stunden die Woche arbeiten muss.

Reduzierte Gehaltsvorstellungen

In den vergangenen beiden Jahren hatten sich die Studenten noch deutlich für eine Balance zwischen Beruf und Freizeit ausgesprochen. Dieser Sinneswandel lässt sich wohl mit der veränderten Marktlage erklären: Heute ist es viel schwieriger als vor zwei Jahren, einen Job zu finden, und folglich ist man auch bereit, mehr zu tun, um ihn zu behalten. Zwar herrschte auch in der New-Economy-Ära die Devise "Arbeiten ohne Ende", die die befragten IT-Studenten damals aber ablehnten - schließlich hatten sie mehr Wahlmöglichkeiten als heute.

Den veränderten Rahmenbedingungen haben die Informatikstudenten auch ihre Gehaltsvorstellungen angepasst. Rechneten sie 2002 noch mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von 44200 Euro, pendeln sich die Wünsche jetzt bei durchschnittlich 42600 Euro ein. Mehr als jeder Zweite erwartet weniger als 40000 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Der Gehalts-Check der IG Metall bei zwölf großen IT-, Automobil-, Elektro- und Telekommunikationsunternehmen ergab, dass Informatikabsolventen mit jährlich zwischen 39000 und 44000 Euro rechnen können, je nachdem, ob sie ein Fachhochschul- oder ein Universitätsdiplom in der Tasche haben.