Siemens geht wieder als beliebtester Arbeitgeber durchs Ziel

IT-Studenten bevorzugen Größe

22.08.2003
MÜNCHEN (am) - Siemens, IBM und die Fraunhofer-Gesellschaft - bei diesen drei Unternehmen möchten Informatiker am liebsten ihre Karriere beginnen. Das ergab eine Abstimmung unter mehr als 5000 Informatikstudenten in Deutschland.

Siemens erklomm im vierten Jahr in Folge das Siegertreppchen, auch wenn der Abstand zu Dauerverfolger IBM zusammenschmolz. Auf Platz drei konnte sich die Fraunhofer-Gesellschaft behaupten, auch die weitere Reihenfolge in den Top Ten mit SAP, Daimler-Chrysler, BMW und Suse Linux blieb im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Rekordverdächtig war mit über 5000 allerdings die Zahl der Studenten, die in diesem Jahr am IT-Absolventenbarometer des Berliner Instituts für Personal-Marketing, Trendence, teilnahmen.

Garant für interessante Aufgaben

Die Studenten sind in ihren beruflichen Wunschvorstellungen auf jeden Fall beständiger als der IT-Markt selbst. Neben interessanten Arbeitsaufgaben, attraktiven Produkten und Dienstleistungen sowie der Chance, international zu arbeiten, war auch immer die Jobsicherheit ein Grund, der für die beliebtesten Arbeitgeber sprach. Vor allem Siemens wurde in der Vergangenheit stets mit einer sicheren Anstellung verbunden. Dass dem nicht mehr so ist und gerade in den IT-Bereichen ICN (Netzwerke), SBS (Dienstleistung) und zuletzt auch in der Mobilfunksparte ICM Tausende von Stellen abgebaut und Mitarbeiter entlassen wurden, hat die angehenden Informatiker in ihrer Wahl offensichtlich kaum beeinflusst.

Zwar bemängeln sie in der Befragung, dass die Jobsicherheit bei Siemens nachgelassen habe, sehen aber den Konzern immer noch als Garant für interessante Arbeitsfelder und attraktive Produkte. Unternehmenssprecher Constantin Birnstiel erklärt sich das anhaltend gute Image mit der breiten Aufstellung des Konzerns. So decke Siemens annähernd die gesamte Palette der Elektrotechnik und Elektronik ab, von Mobilfunk- und Internet-Technologie über Bahn- und Medizintechnik bis hin zu Großprojekten im Anlagen- und Kraftwerksbau. "Freilich sind derzeit unsere IT-Kernbereiche ICN, ICM und SBS im Branchentief verschwunden, so dass es hier kaum Einstiegsmöglichkeiten für den IT-Nachwuchs gibt", schränkt Birnstiel ein. Da jedoch die Software alle Geschäftsbereiche durchdringe, eröffneten sich in anderen Feldern wie der Medizin- oder Bahntechnik Chancen für Bewerber mit IT-Wissen.

Auf Platz zwei des Rankings steht mit IBM ein weiteres Schwergewicht: In Deutschland beschäftigt der IT-Hersteller rund 26000 Mitarbeiter und unterhält mit dem Entwicklungszentrum in Böblingen die größte Forschungsstätte des Unternehmens außerhalb der USA. Mit Big Blue verbinden die Informatikstudenten interessante Projekte, Innovationen und auch die Chance, international arbeiten zu können.

Einen festen Platz unter den beliebtesten IT-Arbeitgebern hat sich auch die Fraunhofer-Gesellschaft erobert. Die Forschungsorganisation, unter deren Dach 57 Institute und 13000 Mitarbeiter zusammengefasst sind, hat im vergangenen Jahr 143 Informatiker eingestellt und gehört damit zu den wichtigsten IT-Arbeitgebern. Eine dreistellige Zahl von Neulingen ist heute selbst bei den großen Software- und Beratungshäusern selten.

Dass die Fraunhofer-Gesellschaft unter Informatikstudenten einen sehr guten Ruf genießt, macht Personalvorstand Dirk-Meints Polter an verschiedenen Punkten fest: "Den Ausschlag gibt sicher die reizvolle Tätigkeit, zu der auch ein gutes Klima und die Chance gehören, selbständig zu arbeiten und anwendungsnah zu forschen." Das bestätigten auch neue Fraunhofer-Mitarbeiter in einer internen Umfrage. Darüber hinaus gehen die Institute schon früh auf den wissenschaftlichen Nachwuchs zu, so dass pro Jahr 3800 Studenten in Projekten mitarbeiten, woraus 1000 Diplomarbeiten und 400 Promotionen resultieren. Allerdings müssen sich die Diplominformatiker darauf einstellen, dass die Fraunhofer-Gesellschaft wie der öffentliche Dienst bezahlt, und die Gehälter bis zu 15 Prozent unter dem Niveau der Industrie liegen. Da viele wissenschaftliche Mitarbeiter befristete Arbeitsverträge haben, sehen sie das Forschungsengagement als Sprungbrett für die weitere Karriere, die sie oft in die Industrie führt. Das begrüßt Polter, "zumal wir die Verbindung mit den Ehemaligen halten, sowie uns permanent erneuern und junge Leute aufnehmen können."

Beliebte Forschungsorganisationen

Außer der Fraunhofer-Gesellschaft sind mit der Max-Planck-Gesellschaft (Platz elf), dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Platz 15), der europäischen Weltraumorganisation ESA (Platz 16) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Platz 17) noch vier weitere Forschungsinstitute beziehungsweise Behörden auf den vorderen Plätzen des Rankings. Dieses Ergebnis mag überraschen, erklärt sich aber durch die Wunsch, in einem sicheren Job innovativ arbeiten zu können.

Wie eng die Attraktivität eines Arbeitgebers an seine Produkte geknüpft ist, machen die guten Plätze der Automobilkonzerne deutlich. Neben den großen IT-Herstellern wie IBM, SAP, Microsoft oder HP sind es Unternehmen wie Daimler-Chrysler, BMW, Porsche oder Audi, bei denen Informatiker ihre Karriere am liebsten starten würden. Die Porsche AG ist der steilste Aufsteiger des Jahres, sie hatten die Studenten auf Anhieb auf Platz zehn gewählt.

Die Verbindung zwischen Produkt- und Arbeitgeberimage funktioniert dagegen bei den Telekommunikationsunternehmen nur bedingt. Obwohl etwa Nokia unter den Handy-Herstellern immer noch Weltmarktführer ist, schaffen es die Finnen nur auf Platz 25 der beliebtesten Arbeitgeber. TK-Größen wie die Deutsche Telekom, T-Mobile oder Vodafone finden sich erst ab Platz 40 des Rankings wieder. Das mag damit zusammenhängen, dass in keiner anderen Branche das Gefälle zwischen Stellenboom und Stagnation beziehungsweise Entlassungen so dramatisch ausfiel. Laut den Marktforschern von EMC/Adecco reduzierte sich 2003 die Zahl der in Tageszeitungen ausgeschriebenen TK-Stellen gegenüber dem Jahr 2000 auf weniger als ein Zehntel. Andererseits haben Firmen wie Vodafone auch in den vergangenen Jahren moderater, aber kontinuierlich neue Mitarbeiter eingestellt.

Nachholbedarf in Sachen Image haben viele Anwenderfirmen, die der IT-Nachwuchs nicht als wichtige Arbeitgeber wahrnimmt: Die Deutsche Bank (Platz 33), Robert Bosch (ebenfalls 33) und Bertelsmann (36) rutschten im Vergleich zum Vorjahr sogar ab, und Unternehmen wie die Münchener Rück oder die Deutsche Post finden sich erst jenseits der 50 wieder. Auch Unternehmensberatungen wie McKinsey oder Boston Consulting Group, die nach wie vor auf aufwändige Recruiting-Veranstaltungen setzen und mit diesen vermehrt hoch qualifizierte Informatiker ansprechen wollen, haben den Sprung in das erste Drittel nicht geschafft und befinden sich in Gesellschaft von IT-Beratungs- und Systemhäusern wie T-Systems oder Accenture.

Auf der Suche nach Sicherheit

Das Thema New Economy hat sich für die angehenden Informatiker erledigt - nur zwei Firmen finden sich unter den ersten 50. Neben dem Internet-Provider Web.de ist das der Linux-Distributor Suse. Auch wenn die Nürnberger in der Vergangenheit ihren Personalstamm um ein Drittel reduzieren mussten, scheinen sie nach wie vor vom Reiz des freien Betriebssystems zu profitieren.

Attraktive Arbeitsaufgaben sind mit einem guten Betriebsklima die entscheidenden Kriterien, nach denen die IT-Studenten ihren künftigen Arbeitgeber auswählen wollen. Darauf folgen die Weiterbildungsmöglichkeiten und die Sicherheit der Anstellung. Auch andere Ergebnisse der Trendence-Befragung bestätigen die Tendenz, dass die Studenten dauerhafte Perpektiven suchen: So ziehen zwei Drittel von ihnen eine sichere Anstellung und ein langfristiges Verdienstpotenzial einem schnellen Aufstieg mit entsprechenden Gehaltssprüngen vor. In Sachen Weiterbildung setzt die Mehrheit eher auf Lernen in der Praxis als in der Theorie. Für die herausfordernden Arbeitsaufgaben nehmen die Befragten auch in Kauf, dass Privat- und Berufsleben nicht immer strikt getrennt werden können. Durchschnittlich rechnen sie mit einer Wochenarbeitszeit von 43 Stunden, jeder Fünfte geht davon aus, dass er zwischen 46 und 55 Stunden die Woche arbeiten muss.

Reduzierte Gehaltsvorstellungen

In den vergangenen beiden Jahren hatten sich die Studenten noch deutlich für eine Balance zwischen Beruf und Freizeit ausgesprochen. Dieser Sinneswandel lässt sich wohl mit der veränderten Marktlage erklären: Heute ist es viel schwieriger als vor zwei Jahren, einen Job zu finden, und folglich ist man auch bereit, mehr zu tun, um ihn zu behalten. Zwar herrschte auch in der New-Economy-Ära die Devise "Arbeiten ohne Ende", die die befragten IT-Studenten damals aber ablehnten - schließlich hatten sie mehr Wahlmöglichkeiten als heute.

Den veränderten Rahmenbedingungen haben die Informatikstudenten auch ihre Gehaltsvorstellungen angepasst. Rechneten sie 2002 noch mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von 44200 Euro, pendeln sich die Wünsche jetzt bei durchschnittlich 42600 Euro ein. Mehr als jeder Zweite erwartet weniger als 40000 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Der Gehalts-Check der IG Metall bei zwölf großen IT-, Automobil-, Elektro- und Telekommunikationsunternehmen ergab, dass Informatikabsolventen mit jährlich zwischen 39000 und 44000 Euro rechnen können, je nachdem, ob sie ein Fachhochschul- oder ein Universitätsdiplom in der Tasche haben.

Dass die schlechte wirtschaftliche Lage ihre Einstellung zu Beruf und Karriere stark beeinflusst, bejahten 54 Prozent der Befragten. 57 Prozent würden lieber länger studieren, als sich beim falschen Unternehmen zu bewerben. Dennoch sehen die meisten Befragten ihrer beruflichen Karriere mit Zuversicht entgegen, was daran liegen mag, dass sie schon während des Studiums einschlägige praktische Erfahrungen sammeln.

Zwar kann nur jeder Zehnte ein Praktikum im Ausland beziehungsweise nur jeder Dritte ein Praktikum im Inland vorweisen. Aber schon die Studien der vergangenen Jahre bewiesen, dass Informatikstudenten den Kontakt mit der Praxis nicht scheuen, dabei jedoch den lukrativeren Weg wählen. So üben 70 Prozent der Befragten eine berufliche Nebentätigkeit mit Bezug zum Studium aus, indem sie beispielsweise programmieren.

5000 haben mitgemacht

Für das "Absolventenbarometer 2003" befragte das Institut für Personal-Marketing Trendence, Berlin, 5136 Informatikstudenten an 48 Fachhochschulen und Universitäten. Die am häufigsten vertretenen Fachrichtungen sind Informatik, Wirtschafts-, Medieninformatik. Die Umfrage wurde von März bis Juni 2003 erhoben. 85,2 Prozent der Befragten sind Männer, 14,8 Prozent Frauen, im Durchschnitt sind sie 25 Jahre alt. Mehr Informationen gibt es unter www.trendence.de oder unter der Rufnummer 030/394 066-0.

Die beliebtesten IT-Arbeitgeber 2003

Rang / Unternehmen / Stimmenanteile Angaben in Prozent

1 = / Siemens / 19,3

2 = / IBM Deutschland GmbH / 19,0

3 = / Fraunhofer-Gesellschaft / 16,4

4 = / SAP AG / 10,4

5 = / Daimler-Chrysler AG / 9,7

6 = / BMW Group / 9,6

7 = / Suse Linux AG / 8,5

8 up / Microsoft GmbH / 7,3

9 down / Sun Microsystems GmbH / 7,2

10 up / Porsche AG / 6,4

11 down / Lufthansa Systems Group GmbH / 6,2

11 down / Max-Planck / 6,2

13 up / Hewlett-Packard GmbH / 5,9

14 up / Audi AG / 5,3

15 down / Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik / 5,2

16 up / ESA European Space Agency / 5,1

17 down / Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. / 4,7

18 down / AMD Saxony LLC & Co. KG / 3,9

18 up / Apple Computer GmbH / 3,9

18 down / EADS (u.a. Airbus, Astrium, Eurocopter) / 3,9

IT-Studenten möchten ihre Karriere am liebsten bei großen Herstellern oder Automobilfirmen beginnen. Bei der Abstimmung bekamen etliche Firmen die gleiche Punktzahl, so dass sie zusammen einen Rang einnehmen (siehe Platz elf und 18).

up = Aufsteiger; = = gleiche Position wie 2002; down = Absteiger