IT-Servicekunden werden anspruchsvoller

19.09.2008
Die Anwender erwarten fundierte Branchen- und Prozesskompetenzen sowie Offshore-Kapazitäten.

Heutige Anwender erwarten sich von externen IT-Services nicht nur eine Senkung der Kosten, sondern auch Qualitätsverbesserungen und Innovationen. Das zeigt eine Umfrage der Beratungsfirma Lünendonk im Auftrag des IT-Dienstleisters GFT Technologies, für die 32 Großunternehmen in Deutschland und einigen westeuropäischen Ländern nach ihren Erfahrungen und Plänen mit der Vergabe und Steuerung von IT-Projekten befragt wurden.

Fast alle Großkonzerne nutzen externe IT-Services

94 Prozent der Konzerne setzen derzeit Freelancer wie freie IT-Berater oder Softwareentwickler ein. 87 Prozent unterhalten Dienst- oder Werkverträge mit externen Beratungshäusern und Service-Providern (Projektservices). 70 Prozent haben dauerhafte Abkommen über den Betrieb, die Wartung, Pflege und Weiterentwicklung von Hard- und Software mit externen Anbietern abgeschlossen (Managed Services). Und bei 54 Prozent haben IT-Dienstleister Teile der IT-Anlagen und Mitarbeiter des Anwenders übernommen (Outsourcing). Vor allem die Nutzung von Outsourcing- und Managed-Services dürfte in den nächsten Jahren weiter zunehmen: Von den Anwendern, die bislang nicht auslagern, gaben zwölf Prozent an, bis 2010 entsprechende Deals abschließen zu wollen. Und 13 Prozent der Befragten planen, Managed-Services-Verträge zu unterzeichnen. Damit werden bis 2010 mindestens zwei Drittel der Unternehmen eine oder mehrere der vier genannten Varianten der Zusammenarbeit mit externen Providern nutzen.

Vor allem beim Infrastrukturbetrieb liegt Outsourcing im Trend: 42 Prozent der befragten Unternehmen wollen ihre diesbezüglichen Aktivitäten ausbauen (siehe Grafik). An zweiter Stelle liegen User Helpdesk und Desktop-Management (jeweils 38 Prozent). Es folgen BPO-Services (Business Process Outsourcing) mit 33 Prozent und das Server-Hosting (31 Prozent). Die Nutzung von Managed Services wollen die meisten Unternehmen (63 Prozent) im Bereich Server-Hosting ausweiten. Auch beim Desktop-Management (56 Prozent) und Application-Management (53 Prozent) ist diese Outsourcing-Variante beliebt. Im Projektgeschäft sind vor allem externe Consulting-Leistungen angesagt: Am häufigsten genannt wurden Strategieberatung (87 Prozent) und Prozessberatung (80 Prozent), gefolgt von IT-Strategieberatung mit 59 Prozent. Weitere typische Projektservices sind Standardsoftware- und Individualsoftwareentwicklung. In diesen Bereichen wollen die Befragten aber auch verstärkt mit freiberuflichen Spezialisten zusammenarbeiten.

Zeit- und Kostendruck ist das Hauptmotiv

Zeit- und Kostendruck ist das wichtigste Motiv für die Inanspruchnahme von externen Anbietern. An zweiter Stelle folgt das Argument, auf bewährte Erfolgsrezepte der Provider zurückgreifen zu können (Best Practices), gefolgt von der Reduzierung der externen IT-Dienstleister. Die Fokussierung auf wenige so genannte Preferred Partner, die einen großen Teil der externen Aufgaben übernehmen, ist laut Lünendonk typisch für sehr große Unternehmen, die zum Teil mit mehr als 100 verschiedenen Providern zusammenarbeiten. Ziel der Konsolidierung sei es, den Steuerungsaufwand zu reduzieren, einheitliche Qualitätsstandards zu setzen und Kostenvorteile durch Kapazitätsbündelung zu erzielen.

Wichtigstes Kriterium für die Auswahl eines strategischen Partners ist für die befragten Unternehmen die Branchen- und Prozesskompetenz. An zweiter Stelle liegen Technik-Know-how und die wirtschaftliche Stabilität des Dienstleisters, gefolgt vom Verständnis für die Geschäftsprozesse des Kunden. Hintergrund ist laut Lünendonk der zunehmende Anspruch der Anwender an die IT, dass diese einen Mehrwert fürs Geschäft stiften soll. Dieser entsteht vor allem durch effiziente Business-Prozesse sowie durch die Fähigkeit, diese schnell an neue Produkte und Dienstleistungen oder Markt- und Wettbewerbssituationen anzupassen. Damit steigen die Anforderungen an die externen Partner. Sie müssen in der Lage sein, ein tiefes Verständnis der Kunden- und Branchenprozesse in die Beratung sowie in Umsetzung und Betrieb einzubringen und gleichzeitig die Vorteile eines Global-Delivery-Modells für den Kunden nutzbar zu machen.

Offshore-Kapazitäten gewinnen an Bedeutung

Auch Flexibilität sowie Referenzen aus vorherigen Projekten wurden als Auswahlkritierien genannt. Oft strapazierte Kriterien wie der Ruf und Bekanntheitsgrad des Dienstleisters oder seine Größe und Marktposition spielen dagegen für die Befragten keine große Rolle. Auch Nearshore- oder Offshore-Kapazitäten des externen Anbieters sind derzeit nur von mittlerer Wichtigkeit. Allerdings erklärten die Firmen, dass dieser Aspekt in den nächsten zwei Jahren stark an Bedeutung gewinnen werde. Bereits heute nutzen 87 Prozent der befragten Konzerne Ressourcen in Niedriglohnländern. Und alle anderen planen es für die Zukunft. In diesem Punkt zeigen sich laut Lünendonk deutliche Unterschiede zu Unternehmen mit bis zu 1500 Mitarbeitern: Der Mittelstand habe wesentlich weniger Nearshore- und Offshore-Erfahrung. Und aufgrund der geringen Zahl an Projekten und der relativ kleinen Projektvolumina könne er die realisierbaren Kostenvorteile nicht im gleichen Maße ausschöpfen wie Großunternehmen. u