IT-Riesen kämpfen um die SOA-Krone

10.03.2006
Von 
Daniel Liebhart ist Dozent für Informatik an der ZHAW (Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) und Solution Manager der Trivadis AG. Er ist Autor verschiedener Fachbücher.

Kennzeichnend für SAPs SOA-Stack ist die Stellung eines ERP-Systems als Master. Der Walldorfer Konzern geht davon aus, dass Systeme außerhalb der eigenen Welt mittels SOA integriert werden können. Das ist bereits heute mit Netweaver möglich. Die Verwendung einzelner SAP-Module als Services in einer Umgebung, in der SAP nicht das dominierende System ist, gestaltet sich jedoch etwas umständlicher: SAP unterstützt noch nicht alle SOA-Standards vollständig. Eine weitere Besonderheit des SAP-Stacks ist die Tatsache, dass für die Orchestrierung das Aris-Toolset genutzt wird. Geht es um das Modellieren von Geschäftsprozessen, ist Aris seit Jahren führend. Die Modellierung erfolgt jedoch noch mittels ereignisgesteuerter Prozessketten, erst vor kurzem stellte der Anbieter auf BPEL um. Inwieweit sich die SAP-Gemeinde mit der neuen Modellierungssprache anfreunden kann, ist offen.

IBM

Im Vergleich zu den anderen Branchenschwergewichten offeriert IBM den differenziertesten SOA-Stack. Als einziger Hersteller bezieht Big Blue Komponenten ein, die den Betrieb von Diensten unterstützen: Die Schicht "Service Level Automation and Orchestration" beispielsweise beschreibt die Itil-Tätigkeiten Problem Management und Configuration Management als spezielle Dienstegruppe. Die Verwaltung der Services und die Darstellung ihrer Qualitätsmerkmale werden durch weitere Elemente in der Schicht "Utility Business Services" unterstützt. Sogar an die Verrechnung von Diensten hat IBM gedacht. Der Billing-Service, eine wichtige Grundlage zur internen und externen Verrechung der Dienstenutzung, fehlt in den SOA-Stacks der anderen Hersteller.

IBM hat als Hersteller die längste Erfahrung im Bereich Enterprise Service Bus (ESB) und mit "MQSeries" das am weitesten verbreitete Produkt im Portfolio. Eine Stärke des IBM-Systems ist das Reliable Messaging, das eine garantierte Meldungsübermittlung erlaubt. In einem lose gekoppelten Umfeld ist diese Art von Kommunikation indes nicht immer die beste Lösung, vor allem dann, wenn Dienste nicht sehr oft und nicht zeitkritisch verwendet werden sollen. Der Kunde muss sich also fragen, ob er die damit verbundene Komplexität auf sich nehmen will.

IBM setzt auf Infrastruktur

Ohne Zweifel hat IBM die meisten Produkte in seinem Stack und ist in den Bereichen Virtualisierung und ESB führend. Im Gegensatz zu den anderen Herstellern bietet der Konzern aber vor allem die Infrastruktur an, wenn auch in einer besonders ausgereiften Form. Das konkrete System im Unternehmen muss auf dieser Basis gebaut werden. Damit bleibt den Kunden die schwierige Aufgabe, eine heterogene Systemlandschaft zu einem flexiblen und funktionierenden Ganzen zusammenzufügen.