Tipps für den Mittelstand

IT-Outsourcing auf Augenhöhe

07.10.2010
Von Helmut  Walter

Tipps zur Vertragsgestaltung

Der Outsourcer hat ein hohes Interesse, Interpretationsspielräume für seine vertraglich vereinbarten Pflichten zu vermeiden. Idealerweise möchte er Leistungsverzeichnisse für einen möglichst langen Zeitraum, typischerweise über mehrere Jahre, festschreiben. Dadurch wäre er zu keinen teuren Innovationen in seiner Servicefabrik angehalten. Das auslagernde Unternehmen gefährdet damit jedoch die eigene Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit. Es kann während der Vertragslaufzeit nicht von den Innovationen des IT-Marktes profitieren.

Häufig steht dem Anwenderunternehmen ein großes, erfahrenes Team aus Juristen und Vertragsprofis auf Seiten des Outsourcers gegenüber. Vertragsgespräche auf Augenhöhe sind unter diesen Voraussetzungen nicht möglich. Dabei besteht die Gefahr, dass kritischen Punkte nicht angesprochen und geregelt werden. Hier müssen IT-Manager wachsam sein und nur Arbeitspakete verhandeln, die bezogen auf Umfang und Komplexität beherrschbar sind.

In den Verhandlungen sollten nicht nur Leistungsumfang, Service-Levels und Preises vereinbart, sondern auch Preiskorridoren definiert werden, wenn sich etwa die Abnahmemengen und Service-Levels ändern. Wer hätte vor zwei Jahren an die rasch wachsende Bedeutung von Cloud Computing gedacht? Anwender sollten daher eine Übereinkunft anstreben, die die Lösung stets auf dem aktuellen Stand der Technik (State of the Art) hält. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Refreshes. Häufig überarbeiten die Service-Provider die IT-Installation erst zum Ende der Laufzeit, um für eine Vertragsverlängerung zu werben.

Weil Leistungen und Preise für einen langen Zeitraum festgelegt werden, ist das Change-Management in den Vertragsverhandlungen besonders wichtig. In aller Regel versucht der Outsourcer, für anfallende Changes die Preise frei zu gestalten und den Kunden mit Benchmark-Klauseln abzusichern. Doch die Sicherheit ist trügerisch, denn ein Kunde, der an einen Anbieter gebunden ist, hat den Wettbewerb faktisch ausgesperrt. Damit wird er kaum konkurrierende Angebote einholen können, um Preise zu vergleichen.

Besonders problematisch ist der Umgang mit Softwarelizenzen. Die Nutzungsrechte sowohl von Server- wie auch PC-Software kann der Kunde nicht eigenmächtig auf den Outsourcer übertragen. Dazu benötigt er generell die Zustimmung des Lizenzgebers. Insbesondere für Server-Software verlangen diese in der Regel erhebliche Übertragungskosten. Diese gilt sowohl für den Übergang zum Outsourcer als auch für eine mögliche Rückabwicklung. Um hier einen gangbaren Weg zu finden, bedarf es umfangreicher Erfahrungen im Lizenzrecht. Damit ist die Wirksamkeit des Outsourcing-Vertrages in Teilen von Dritten abhängig. Es droht eine juristisch komplexe Situation.