Digital Dexterity

IT-Organisationen und Änderungsdruck

10.03.2016
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Gleichwohl beziffert Capgemini den Anteil der Unternehmen mit hoher digitaler Dexterity auf lediglich 7 Prozent. Diese Firmen seien "Self-Reinforcing", mithin hochgradig flexible digitale Organisationen, die sich schnell selbst neu aufstellen können. 21 Prozent der Unternehmen verorten die Berater in einer fortgeschrittenen Phase auf den Weg dorthin, 56 Prozent zumindest in einer Anfangsphase. 16 Prozent der Firmen hinkten hinterher und litten unter ausgeprägter Inflexibilität.

Vier Ebenen des Erfolgs

Inhaltlich beinhaltet der Weg hin zu einer digitalen Organisation laut Capgemini vier Ebenen. Auf diesen profitiert man letztlich davon, sowohl über "Digital Capabilities" als auch über "Digital Dexterity" zu verfügen. Die vier Ebenen sind:

1. Eine "Digital zuerst"-Haltung: Diese Haltung bedeutet, dass digitale Lösungen stets Priorität genießen und dass digitale Chancen offen ausgelotet werden.

2. Digitalisierte Praktiken: Es wird automatisiert, wenn möglich. Daten-getriebene Entscheidungen sind etabliert. Kollaboratives Lernen und Arbeiten wird unterstützt.

3. Empowered Talent: Ziel ist die Erhöhung des digitalen IQs im Unternehmen. Als Maßnahmen dafür nennt Capgemini die unternehmensweite Entwicklung digitaler Skills und ein erhöhtes Engagement innerhalb und außerhalb des Unternehmens.

4. Data Access & Collaboration Tools: Kernmerkmale sind hierbei die Einführung von Collaboration-Tools und der verstärkte Einsatz von Echtzeit-Daten - sowohl im Kundenbereich als auch im Betrieb.

Im für CIOs selbstredend zentralen Segment der IT-Werkzeuge zeichnet die Studie, für die Capgemini zusammen mit dem MIT Center for Digital Business 274 Führungskräfte aus 28 Ländern befragte, folgenden Befund: 100 Prozent der digitalen Firmen nutzen Echtzeit-Finanzdaten, 90 Prozent haben Zugang zu Integrated Operational Performance. Die Vergleichswerte für alle Firmen liegen lediglich bei 58 beziehungsweise 40 Prozent. 80 Prozent der digitalen Firmen haben Zugang zu Echtzeit-Kundendaten, 70 Prozent zu integrierten End User-Daten. Die Vergleichswerte sind hier 29 und 36 Prozent.

Intel und Lloyds zeigen, wie es geht

Gespickt ist die Capgemini-Studie mit kurzen Fallbeispielen, die den Anwendern erfolgreiche Wege der digitalen Transformation aufzeigen. Im Talent-Bereich wird beispielsweise das Digital IQ-Schulungsprogramm für alle Mitarbeiter von Intel angeführt. Mehr als 20.000 Mitarbeiter absolvierten in den vergangenen Jahren ein derartiges Training. "Diese Art von Lernengagement kann Firmen auch dabei helfen, ihre wichtigsten Begabten im Unternehmen zu halten und eine Wertschätzung für digitale Initiativen aufzubauen", kommentiert Capgemini.

Die Lloyds Banking Group wird als Exempel für digitalisierten Betrieb genannt. Ein vierjähriges Technologie-Programm trieb dort die Automatisierung voran, vormals 700 Prozesse wurden auf lediglich 23 verschlankt. Veraltete Zugänge können die Mitarbeiter jetzt in 3 statt 30 Minuten schließen; für Kunden dauert der Geldtransfer jetzt noch höchstens 24 Stunden statt mehrere Tage. 352 Millionen britische Pfund spare Lloyds dank der Offensive jährlich ein, heißt es in der Studie.

"Schlüsselfaktor für das organisatorische Design"

Im organisatorischen Imperativ, den die Berater als Fazit ihrer Studie formulieren, steht schließlich erneut die Gewandtheit im Mittelpunkt. "Um die eigene Relevanz in einer veränderten Umwelt sicherzustellen, benötigen Organisationen die Agilität, auf Erschütterungen zu antworten oder sogar selbst ihr Kerngeschäft umzuwerfen", schreiben die Studienautoren. "In der unsicheren, volatilen und komplexen Welt von heute ist Digital Dexterity der Schlüsselfaktor für das organisatorische Design."