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IT meets Business: Die IT (und Deutschland) müssen dynamischer werden

23.11.2004

IN EIGENER SACHE - Mit rund 180 Teilnehmern hat heute in München der Kongress "IT meets Business" begonnen. Das von der COMPUTERWOCHE bereits zum 6. Mal in Folge veranstaltete Branchentreffen richtet sich an hochrangige IT-Verantwortliche und CIOs sowie Business-Manager. In seiner Eröffnungsrede sprach sich Wolfgang Wiegard, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlich Entwicklung, nachhaltig für weitere Reformen in Deutschland aus. Der Sprecher der so genannten fünf Weisen nannte dabei vier zentrale Felder, in denen dringender Handlungsbedarf existiert: die Modernisierung des Bildungswesens, eine Vereinfachung des Steuersystems samt einer deutlich niedrigeren Besteuerung von Unternehmen, die Reform der förderalen Struktur des Landes und sowie die weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarkts.

Wiegard, hauptamtlich Professor und Lehrstuhlinhaber am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Regensburg, zeigte sich allerdings skeptisch, was die weiteren Reformbemühungen seitens der Politik angeht. "Bis zur Bundestagswahl 2006 wird nichts mehr passieren, weil sich Bundesregierung und Bundesrat aufgrund der unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisse gegenseitig blockieren." Deutschland müsse sich aber bewegen, weil es sonst in immer mehr Bereichen den Anschluss verliere, mahnte Wiegard. Zudem nehme der Handlungsdruck weiter zu. So dürfte beispielsweise aufgrund des Inkraftretens der Hartz-IV-Reform zum Jahreswechsel die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen Anfang Februar die Fünf-Millionen-Grenze überschreiten. Rund 400 000 erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger müssten dann mitgezählt werden. Dieser "statistische Effekt" werde ein "großes Medienecho" nach sich ziehen, so Wiegard. Der Chef der fünf Weisen bestätigte ferner das von seiner Expertengruppe erst vor gut einer Woche der Bundesregierung vorgelegte Herbstgutachten, wonach für 2005 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent zur rechnen ist. Bereinigt um die im kommenden Jahr geringere Zahl von Arbeitstagen käme man sogar auf 1,6 Prozent, führte Wiegard weiter aus. Das sei im internationalen Maßstab zwar "ganz ordentlich", problematisch bleibe aber die flaue Inlandsnachfrage - erst recht, nachdem die Weltwirtschaft 2005 wegen des anhaltend hohen Ölpreises und dem schwachen Dollar "eine Atempause" einlegen werde.

Was für den Standort Deutschland gilt, trifft nach Ansicht von Frank Gens, Senior Vice President Research von IDC, im übertragenen Sinne auch für die IT zu. Sie muss "dynamischer werden", forderte der Marktforscher seine Zuhörer in München auf. IDC kleidet diese Forderung - ähnlich wie Gartner mit seiner Philosophie des "agilen Unternehmens" - in ein umfassendes IT-Strategie-Framework. Als wesentliche Prinzipien einer so genannten "Dynamic IT" nannte Gens folgende Punkte:

- ein flexibles Modell bei den Betriebskosten,

- ein ebenfalls flexible Sourcing-Strategie,

- den Aufbau einer Service-orientierten Architektur (SOA),

- den Einsatz möglichst vieler Standardkomponenten und

- ein weitaus größeres Augenmerk als bisher auf das End-to-end-Design und -Management.

Das IT-Management stehe derzeit vor großen Risiken, aber auch Chancen, betonte Gens. Zum einen steigen nicht nur die IT-Budgets wieder moderat an - auch der Stellenwert der IT als "Business Enabler" sei so groß wie lange nicht mehr. Dieses Stimmungsbild lasse sich eindeutig aus Umfragen unter Business-Managern ableiten. Die IT müsse jedoch deutlich an Tempo und Flexibilität zulegen. Wenn sich in vielen Unternehmen alle 9 bis 12 Monate die Geschäftsstrategie zumindest teilweise ändere, könne der interne IT-Staff nicht mit Hinweis auf vorhandene Infrastruktur-Probleme und sonstige Schwierigkeiten beim täglichen Routine-Betrieb im Bremserhäuschen verharren. Die IT-Strukturen in den einzelnen Unternehmen müssten deshalb schlanker und flexibler werden; es muss mehr Geld für Innovationen und weniger für "Operations" aufgewendet werden. US-amerikanische CIOs seien mit einem durchschnittlichen Anteil vom 38 Prozent ihres IT-Bugdets, das sie in neue Lösungen und Technologien investieren, ihren europäischen Kollegen wieder einmal weit voraus, die derzeit lediglich 21 Prozent ihrer Gelder für neue IT-Projekte ausgeben, warnte der IDC-Experte. Ein "dynamisches Unternehmen" setze eine "dynamische IT" voraus und umgekehrt, bekräftigte Gens. Ansonsten drohe über kurz oder lang ein "Slow Motion Crash". (gh)