Branchenmonitor belegt Konzentrationsprozess

IT-Markt 2003: Fressen und gefressen werden

04.07.2003
MÜNCHEN (CW) - Der IT-Markt stabilisiert sich, doch ein Aufschwung scheint in weiter Ferne. Wie die jüngste Ausgabe des Newsletters "COMPUTERWOCHE Branchenmonitor" zeigt, bewegen sich insbesondere große Anbieter im Markt wie in einem Haifischbecken.

Der Versuch von Oracle-Chef Lawrence Ellison, mit einer feindlichen Übernahme von Peoplesoft ein größeres Stück vom ERP-Kuchen zu bekommen, kennzeichnet beispielhaft das derzeit raue Klima im IT-Markt. Die US-Wirtschaftszeitschrift "Fortune" zitiert den Softwaremilliardär wie folgt: "Keine Frage, der Markt geht durch eine Konsolidierungsphase. Die besten Unternehmen werden die großen sein: die Microsofts, die Oracles, die HPs, die Suns, die SAPs - die Gewinner eben. Und sie werden die zweite Ebene aufkaufen, Companies wie Peoplesoft etwa. Und dann gibt es noch eine dritte Ebene mit Firmen der Größenordnung von i2 Technologies. Man wird sehen, wer davon gekauft wird und wer sich einfach nur in Luft auflöst. Die meisten davon werden einfach aufgerieben - Ariba, i2, Commerce One etc. Siebel ist die letzte nennenswerte Best-of-Breed-Company, und ich bin kein großer Fan. Best of Breed ist tot - es sei denn, es geht um Hundeausstellungen."

Was der Oracle-Chef in seiner unnachahmlichen Art schildert, lässt sich in der Tat durch Zahlen stützen. Im CRM-Markt, der im vergangenen Jahr laut Gartner um sage und schreibe 24,7 Prozent einbrach, baute Allrounder SAP seinen Marktanteil von 10,9 Prozent auf 15,9 Prozent aus. Der marktführende CRM-Spezialist Siebel hingegen verlor 3,6 Prozent und hält nach 28,5 Prozent im Vorjahr nur noch 24,9 Prozent Marktanteil.

Ein Minus von 20,5 Prozent rechnet Gartner auch für den SCM-Markt aus. Während Schwergewichte wie SAP und Oracle die Nachfrageschwäche durch Einnahmen aus anderen Geschäftszweigen kompensieren können, stehen Spezialisten wie i2 Technologies oder Manugistics mit dem Rücken zur Wand. Beide melden seit vielen Quartalen schrumpfende Einnahmen und rote Zahlen - und i2 sogar Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen.

Wachsen auf Kosten der Wettbewerber

Dass sich die großen Unternehmen des Konzentrationsprozesses im IT-Markt voll bewusst sind, mögen auch die Worte von HP-Chefin Carleton Fiorina belegen. Von Akquisitionen spricht sie derzeit zwar nicht mehr, wohl aber von Wachstum auf Kosten der Konkurrenz. "Wir brauchen keinen Anstieg der IT-Ausgaben bei den Anwendern. Es genügt, wenn die Kunden einen größeren Teil ihres Budgets bei uns lassen" - mit diesen Worten sagte sie den Wettbewerbern IBM, Dell und Sun den Kampf an. HP hat seine Prognosen für die zweite Jahreshälfte bestätigt und will auch in seiner Enterprise Computing Group endlich die Gewinnschwelle erreichen.

Um die wenigen Aufträge, die Anwender derzeit vergeben, wird erbittert gekämpft. AT&T-Chef David Dorman sagte, er rechne in diesem Jahr abermals mit einem einprozentigen IT-Investitionsrückgang großer Unternehmen. Die Aufwendungen für Telefonequipment und -services sollen sogar um drei bis fünf Prozent sinken. In den vergangenen 25 Jahren sei es noch nie so schwer gewesen, in der ITK-Branche Geld zu verdienen.

Die großen Marktforschungsunternehmen stimmen in der Tendenz zu, sind sich aber nicht ganz einig, ob Dorman mit seiner Prognose weiter rückläufiger IT-Ausgaben Recht behalten wird. Während auch Gartner von erneut sinkenden Budgets ausgeht, erwarten die Auguren von Forrester Research und IDC einen 1,3- beziehungsweise 1,5-prozentigen Anstieg.

Die Werbeschlacht hat begonnen

Viel wird in diesem Jahr für die Hersteller jedenfalls nicht zu holen sein. Die Folge: Für eine positive Bilanz müssen sie mehr denn je kämpfen. Kunden erkennen das nicht nur an besonders aufdringlichen Vertrieblern und Dumping-Preisen, sondern auch an aufwändigen Werbeschlachten. Rund 150 Millionen Dollar macht beispielsweise Cisco Systems locker, um Unternehmen rund um den Globus für seine Produkte zu interessieren. Adressiert werden vor allem kleine und mittlere Betriebe, von denen sich Cisco-Chef John Chambers am meisten verspricht. Auch Microsoft, Hewlett-Packard, IBM und Intel haben ihre Werbeetats deutlich aufgestockt.

Doch nicht nur mit bunten Anzeigen sollen Anwender von Sinn und Nutzen größerer IT-Investitionen überzeugt werden. SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann etwa mahnte seine Kunden auf der Sapphire in Orlando, die Sparsamkeit nicht zu weit zu treiben und lieber auf Innovation zu setzen. Derzeit gäben Unternehmen zu viel Geld für Pflege und Erhalt ihrer IT aus und zu wenig für strategische Neuanschaffungen. Wer immer nur konsolidiere, bringe vielleicht sein Haus in Ordnung, aber er steigere auf Dauer nicht den Wert des Geschäfts und werde schließlich vom Innovationszug abgekoppelt.

Die Analysten von Gartner bestätigen den Walldorfer Softwareprofessor: Kostensenkung, Konsolidierung und Standardisierung ständen noch immer ganz oben auf den Prioritätenlisten der Chief Information Officers (CIOs), hinzu kommt die Sicherheit. All das sind Themen, die nicht gerade den Anspruch der IT-Manager widerspiegeln, durch den gezielten Einsatz innovativer Techniken Marktanteile gewinnen zu können. (hv)

Der COMPUTERWOCHE Branchenmonitor

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Abb: IT-Budgets 2003

Die Zeiten zweistelliger Budgetsteigerungen sind vorbei - für immer? Quelle: CW