McKinsey-Studie zeigt Ausgabentreiber und Einsparungspotenzial auf

IT-Kosten lassen sich um 30 Prozent drücken

09.11.2001
DÜSSELDORF (mo) - Die IT-Kosten in den Firmen lassen sich mit geringem Einsatz massiv reduzieren. Das hat die Unternehmensberatung McKinsey herausgefunden. Durch entsprechende Maßnahmen können binnen zwei Jahren bis zu 30 Prozent der Ausgaben im IT-Bereich eingespart werden. Wichtigste Ansatzpunkte: Projekte überprüfen und Systeme konsolidieren.

In kaum einem Bereich im Unternehmen sind die Ausgaben in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie für Informations- und Kommunikationstechnik (ITK). Untersuchungen des Beratungsunternehmens Meta Group zeigen, dass 1997 nur 2,15 Prozent des Umsatzes für ITK ausgegeben wurden. In den Hochzeiten Ende vergangenen Jahres hatten die IT-Budgets 3,8 Prozent ausgemacht. Besonders gravierend ist die Situation bei Finanzdienstleistern. McKinsey zufolge sind die IT-Ausgaben dort jährlich um 22 Prozent gestiegen. Damit sind sie neben den Bonuszahlungen für die Mitarbeiter der größte Kostentreiber gewesen.

Dieses dynamische Wachstum hatte Folgen: Projekte wurden ohne klare Nutzenbewertung aufgesetzt, für immer neue Anwendungen wurden immer neue Server angeschafft, kontinuierlich wurde der Stamm externer Mitarbeiter erweitert, um fehlende interne Ressourcen zu ersetzen. Jetzt sind die IT-Welten in den Unternehmen zu teuer. Teilweise stecken die Firmen bereits 20 Prozent ihrer Gesamtausgaben in ITK, hat McKinsey herausgefunden.

Sparen ohne InvestitionenDas muss aber nicht so bleiben. Die Kosten lassen sich durch eine Reihe von Maßnahmen leicht drücken. In 50 Prozent aller Firmen können die Ausgaben binnen zwei Jahren um 15 bis 20 Prozent verringert werden, in 40 Prozent aller Fälle sogar um 20 bis 30 Prozent - und das mit geringem Aufwand, weiß Stefan Spang, Leiter des Business Technology Office bei McKinsey in Deutschland: "Um kurzfristig Kosten einzusparen, sind kaum Investitionen nötig. Erst langfristige Kostensenkungsprojekte erfordern einen höheren Ressourceneinsatz."

135 Verbilligungsprojekte hat das weltweit agierende Beratungsunternehmen in der Vergangenheit betrieben. Durch diese Tätigkeit hat es zirka 50 Teilaspekte identifiziert, in denen sich die Kosten immer signifikant senken lassen, zum Beispiel durch Server-Konsolidierung oder die Überprüfung von laufenden Verträgen mit Dienstleistern. "Bereits in drei bis vier Monaten lassen sich hier die Einsparungspotenziale in einem Unternehmen konkret ermitteln", zeigt Spang auf.

In drei Themenbereichen haben die Berater Möglichkeiten zur Ausgabenreduzierung gefunden: bei den Anwendungssystemen, bei der Infrastruktur und auf der organisatorischen Ebene. Die Consultants empfehlen, Redundanzen zu beheben, Projekte zu rationalisieren und IT-Infrastrukturen zu standardisieren. Doch das allein reicht nicht, stellt Spang klar: "Um langfristig die IT-Kosten reduzieren zu können, muss ein Rahmen geschaffen werden, der es erlaubt, neue Projekte und Initiativen effizient zu managen." Der IT-Verantwortliche muss also mehr als bisher in die Rolle des Managers schlüpfen und die Effizienz von IT-Vorhaben überwachen, den Nutzen für ein Unternehmen abschätzen sowie für Kostentransparenz in der IT-Landschaft sorgen.

Die wichtigste Aufgabe ist dabei konsequentes Projekt-Management. "Rund 40 Prozent der IT-Budgets werden für Projekte aufgewendet", beobachtet Spang. "Dieses Portfolio zu überprüfen birgt ein enormes Einsparungspotenzial." In einem typischen Unternehmen können 15 bis 20 Prozent der Projekte aufgegeben werden, weil sie kaum zum Unternehmenserfolg beitragen. Weitere 25 Prozent der Projekte müssen nicht in vollem Umfang fortgeführt werden, sondern erfüllen auch in abgespeckter Form ihre Aufgaben. In einem Unternehmen konnte McKinsey auf diese Weise 32 Prozent der ITK-Kosten allein durch Streichen von Projekten einsparen.

"Für viele Projekte gibt es keine konkrete Kosten-Nutzen-Rechnung", kritisiert Spang. Man wisse also nicht, ob sie sich für das Unternehmen wirklich lohnten. Allerdings dürfe man sich auch nicht zum Sklaven von überzogenen Return-on-Investment-Überlegungen machen. "Strategische Projekte sollten gestartet oder fortgeführt werden, auch wenn sich der betriebswirtschaftliche Erfolg nicht punktgenau berechnen lässt", plädiert Spang für mutige Entscheidungen trotz schwerer Zeiten. Auf eine grobe Abschätzung von Kosten und Nutzen sowie mögliche Bandbreiten sollten die Firmen jedoch nicht verzichten.

Verträge neu verhandelnEine Maßnahme, mit der sich kurzfristig viel Geld sparen lässt, ist das Neuverhandeln von Wartungs- und Dienstleistungsverträgen. "Viele Dienstleister haben zurzeit Probleme, ihre Kapazitäten auszulasten", registriert Spang. "Das eröffnet die Möglichkeit, bestehende Verträge zu günstigeren Konditionen neu zu verhandeln." Insbesondere im Telecom-Sektor herrscht zurzeit ein massiver Preiskampf, von dem die Kundenfirmen profitieren können. Auch die Hardwarepreise sind jetzt im Keller.

Je mehr Produkte eines Anbieters im Einsatz sind, desto besser ist die Verhandlungsbasis. Viele Unternehmen nutzen aber im Gegensatz dazu eine ganze Reihe unterschiedlicher Systeme. "Die Vielfalt eingesetzter IT-Systeme zum Beispiel bei Servern, Datenbanken und Betriebssystemen verhindert Skaleneffekte und damit günstige Kosten", ruft Spang in Erinnerung. "Hier sollten Unternehmen auf einige wenige Systeme standardisieren." So lassen sich die Lizenzkosten durch Rabattstaffeln reduzieren, aber auch die Zahl der Administratoren und Systembetreuer verringern. Wenn in einigen Bereichen auf ein exotisches System nicht verzichtet werden kann, hilft es, die Mitarbeiter für mehrere Systeme zu qualifizieren.

Bei Eigenentwicklungen gelingt es in den Unternehmen kaum, Erfahrungen zwischen einzelnen Projekten weiterzugeben. Als Folge davon werden Anwendungskomponenten nicht wieder-verwendet, sondern permanent neu erstellt. Tools zum Software-Engineerering lösen zwar das Problem der Wiederverwendung technisch, das Management-Problem haben viele Unternehmen aber nicht beseitigt.

Häufig werden auch die Konsolidierungseffekte von Standardanwendungen nicht konsequent genutzt. Altanwendungen laufen weiter, weil Teile davon in einer Übergangsphase noch benötigt wurden. Auch danach werden sie nicht abgeschaltet - teilweise aus Nachlässigkeit, teilweise aus Unsicherheit über die Folgen.

Auch werden die Möglichkeiten der neu eingeführten IT-Systeme oft nicht richtig genutzt. Zum Beispiel verfügen die meisten Unternehmen über E-Mail-Systeme und ein Intranet. Trotzdem werden Reports und Ähnliches vielfach ausgedruckt und verteilt. In einem Fall konnte McKinsey durch die Umstellung des Berichtswesens auf die Verteilung über das Intranet 80 Prozent der einschlägigen Kosten einsparen. Hierzu wurde das Druckzentrum geschlossen. Interne Anwender drucken ihre Reports nur noch bei Bedarf lokal. Die wenigen externen Anwender erhalten die Ausdrucke von einem Dienstleister.

Doch nicht nur die hauseigenen Ressourcen bergen Einsparungspotenzial. Gerade externes Personal ist teuer. Bis zu 30 Prozent der Entwickler im Unternehmen stellen externe Beratungsunternehmen, hat McKinsey beobachtet. "Nicht selten sind rund die Hälfte dieser Mitarbeiter schon über Jahre hinweg mit den gleichen Projekten im Unternehmen befasst", schätzt Spang. Diese Positionen könnten viel günstiger mit internen Mitarbeitern besetzt werden.

Outsourcing birgt viele NachteileDem von vielen Beratern als Allheilmittel angesehenden Outsourcing steht Spang skeptisch gegenüber: "Oft überwiegen die negativen Begleiterscheinungen die finanziellen Vorteile." Große Unternehmen könnten die Skaleneffekte durch geschicktes Projekt-Management auch intern erzielen. Oft reicht es schon, sich von Dienstleistern Angebote einzuholen und die eigene IT-Abteilung damit unter Kostendruck zu setzen, um das vorhandene Sparpotenzial freizusetzen. Außerdem lassen sich über Outsourcing in der Regel nicht mehr als fünf bis zehn Prozent sparen.

Eine Schlüsselrolle beim Sparen kommt dagegen den Anwendern zu. Denen sind die Kosten für ITK, für die sie verantwortlich sind, nämlich oft nicht transparent. Daher empfiehlt Spang eine verursachergerechte Zuordnung dieser Ausgaben. Nur so können die Fachanwender die IT steuern und entscheiden, welche Anwendungen sie wirklich benötigen und wo Kosten und Nutzen in einem inakzeptablen Verhältnis stehen. Leider gibt es bis heute hierfür keine wissenschaftlich fundierten Standardverfahren, wie sie zum Beispiel in der Produktion gang und gäbe sind. Trotzdem sind auf Erfahrung basierende Systeme vorhanden, die sich in den Unternehmen einführen lassen.

IT-Ausgaben werden sinkenDie Einsparungen, die McKinsey in den IT-Abteilungen der Unternehmen für möglich hält, summieren sich über die gesamte Wirtschaft gesehen auf Milliardenbeträge. Das wird Auswirkungen auf die ITK-Branche haben. "Ich rechne kurzfristig mit deutlich geringeren IT-Ausgaben der Unternehmen", prognostiziert Spang. "Allerdings spricht alle Erfahrung dafür, dass dann auf einem verbesserten Leistungsnieveau in den nächsten zwei bis drei Jahren die Investitionen wieder auf das vorherige Maß ansteigen werden." Bis dahin werden die Anwender das Einsparungspotenzial ihrer IT-Systeme erst einmal ausschöpfen. In dieser Zeit bleibt der Kostendruck auf die Anbieter bestehen - und damit auch die Druckmittel weiter in der Hand der Anwender.

Sparmaßnahmen- Redundanzen bei Anwendungen eliminieren;

- mehr Anwendungskomponenten wiederverwenden;

- Projekte und Einsatz von Dienstleistern rationalisieren;

- Infrastruktur standardisieren und konsolidieren;

- Aktivitäten rationalisieren;

- sich wiederholende Prozesse automatisieren.

Abb: Projektkosten in verschiedenen Szenarien

Oft ist Outsourcing nicht preiswerter als die internen Kosten, wenn die IT-Abteilung unter Druck gesetzt wird, die Dienstleistung preiswerter anzubieten. Häufig lohnt es, die eigene Mannschaft mit externen Angeboten zu konfrontieren. Quelle: McKinsey