Vom Cio zum CBTO

IT ist, was der Kunde in der Hosentasche hat

02.07.2012
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Das diesjährige "CIO Forum" von Forrester Research entwarf ein neues Bild der IT. Es beginnt mit einer Namensänderung und endet beim Fokus auf dem Endkunden.
Foto: Martin Hahn - Fotolia.com

Der sprichwörtlich Quantensprung in der Produktentwicklung - das war in der Vergangenheit ein seltenes Phänomen; grundlegende Neuerungen kosteten Zeit und Geld. Nicht zuletzt aufgrund der technischen Möglichkeiten hat sich das dramatisch geändert. "Heute versucht jeder Student am MIT, Ihr Business zu übernehmen", warnte George Colony, CEO des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Forrester Research, die Teilnehmer am "CIO Forum EMEA", das in diesem Jahr in Paris stattfand.

Ein positives Rundum-Erleben des Produkts, eine starke Kundenbeziehung und eine kurze Time to market kennzeichnen die "digititale Disruption". Um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, müssten die heutigen IT-Verantwortlichen ihr Denken und Handeln in sieben Punkten ändern.

1. Die IT ist tot, es lebe die BT

Wenn Topmanager an Technik denken, haben sie kein Datenzentrum vor Augen, sondern beispielsweise ein iPad, das ihnen alle benötigten Informationen auf Knopfdruck liefert. Höchste Zeit, dass die IT-Bereiche darauf reagieren, sagt Colony. Das beginne mit einer Änderung der Bezeichnung. Der Begriff Informationstechnik habe ausgedient: "Es geht nicht mehr nur um Information." Forrester ersetzt ihn deshalb durch den Terminus Business Technology (BT). Aus dem CIO alter Prägung wird damit der Chief Business Technology Officer (CBTO).

2. Das Web wird Legacy-Technik

Die bestehenden IT-Architekturen werden über kurz oder lang obsolet, prophezeit der Forrester-CEO. Das lange gehypte Web sei mittlerweile Legacy-Technik. Die Musik spiele ganz woanders. "Sie müssen jederzeit und überall bei unseren Endkunden sein", appellierte Colony an sein Auditorium, das sich zu einem großen Teil aus CIOs rekrutierte.

3. Der Kunde ist da draußen

Die IT - oder in der Forrester-Diktion BT - muss dafür sorgen, dass das Unternehmen seine Kunden da abholt, wo immer sie sind. Indem es kundenbezogene Apps und Internet verbindet (Colony verwendet das Schlgwort "App Internet"), öffnet es einen Rückkanal, über den es Feedback vom Kunden erhält. Mit zeitbezogenen Daten und "Predictive-Analysis"-Lösungen kann es dann kontextbezogen agieren, sprich: die Informationsbedürfnisse des mobilen Kunden quasi vorweg nehmen. Das verlangt eine neue, endkundenbezogene Denke in der Informatik.

4. IT und Business co-kreieren

Selbstverständlich kann die IT solche Systeme nicht im luftleeren Raum erschaffen. Sie braucht dazu das Business-Know-how der Fachbereiche, so wie diese der Anregungen aus der technischen Ecke bedürfen, um sich vorstellen zu könenn, was eigentlich möglich ist.

5. Die IT fragt nicht, sie verführt

Aufgegriffen und weitergesponnen wurden die von Colony ausgelegten Gedankenfäden durch den Mitbegründer der Across Group, Peter Hinssen, Autor des Buchs "The New Normal". Er riet den IT-Verantwortlichen, das Business nicht zu fragen, sondern es zu verführen. Der CIO müsse der Innovator im Unternehmen sein, also die Ideen generieren, die er dann beispielsweise mit dem Marketing weiterentwickelt.

6. Alignment ist Unfug

Jahrelang wurde von den CIOs ein Business-IT-Alignment gefordert. Völlig überholt finde Hinssen diesen Ansastz. Er weise der IT die Funktion eines Butlers zu, der lediglich Befehle entgegennimmt, aber keine eigenen Ideen hat. Es sei endlich an der Zeit, die IT-Abteilung von Grund auf neu zu erfinden..

7. Business-Luft tut dem CIO gut

Um mit dem Business auf Augenhöhe zu sprechen, sollte der IT-Verantwortliche nicht nur theoretische Ahnung vom Geschäft haben, gab Adriana Karaboutis, Vice President und CIO bei Dell, zu bedenken.Die Herrin über 500 interne IT-Mitarbeiter und eine 3.500 Köpfe starke ausgelagete Serviceeinheit hat sieben Jahre lang im Supply-Chain-Managment gearbeitet. Und der Forrester-eigene CBTO Steve Peltzman rühmt sich, dass sein "zweiter Mann" und IT-Architekt ein ehemaliger Analyst ist. ( Interview mit Colony und Peltzman.)