IT im Gesundheitswesen/Vor dem IT-Boom?

21.06.1996

Auf fast 500 Millionen Mark pro Jahr beläuft sich das Marktvolumen für Krankenhausinformatik in Deutschland. Um diese Pfründe ringen über 30 Rechenzentren, weniger als zehn ernstzunehmende Anbieter von Krankenhausinformationssystemen (KIS) sowie rund 100 kleinere Firmen, die sich in Nischen eingerichtet haben. Ihr innovatives IT-Potential ist beachtlich: Datenbanken, Client-Server, GUI im Verein mit klinischen Standards wie HL7. Doch marktbeherrschend, fest im Sattel sitzen noch immer Programm- Oldies in Uraltsprachen mit dürftiger Funktionalität - von wackeren Marketiers für zwei Millionen Mark an 500-Betten-Häuser verkauft.

"Auf ewig fixierte Stellenpläne"

Dabei verlangt das Gesetz nichts anderes als das, was etwa in der Industrie bereits Verfahrensstandard ist: codierte Diagnosen und Operationen, Finanzbuchhaltung und Controlling, Betriebsdatenerfassung in Kommunikationssystemen. Doch wer ist verantwortlich für die angemessene Integration von zahlreich angebotenen Modulen zu einem leistungsfähigen Gesamtsystem? Software-Picking - niemand scheint sich darum zu kümmern.

Es ist schon ein Dilemma: Eingeengt durch das öffentliche Dienstrecht, auf ewig fixierte Stellenpläne und in IT-Fragen verängstigte Verwaltungsleiter, fehlt es an allen Ecken und Kanten an qualifiziertem Personal für anspruchsvolle Integrationsleistungen. Und noch immer hört man die Mär von schlüsselfertigen Systemen, die remote gewartet werden. Von Anwenderorientierung keine Spur.

*Prof. Dr. Jürgen Boese lehrt Medizininformatik an der Fachhochschule Heilbronn und leitet das Büro für Krankenhaus- Informatik in Weinsberg.