Bushs Steuerpläne entfachen neue Diskussion

IT-Firmen und die Dividende

17.01.2003
MÜNCHEN (CW) - Die jüngsten steuerpolitischen Pläne des US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush haben eine erneute Diskussion um die Zahlung von Dividenden ausgelöst. Obwohl einige IT-Firmen über beachtliche Barmittel verfügen, wehren sie sich bislang gegen die Ausschüttung einer Gewinnbeteiligung.

Sollten Bushs Absichten umgesetzt werden, verschwindet damit eines der zentralen Argumente, mit dem sich Firmen wie Microsoft oder Cisco bislang gegen die teilweise Weitergabe ihrer Gewinne an die Aktionäre sperrten: die Doppelbesteuerung von Dividenden. Denn in den Vereinigten Staaten wird das Geld aus den bereits besteuerten Erträgen der Firmen berechnet und ausgezahlt und muss danach von den Anteilseignern ein weiteres Mal als Einkommen versteuert werden. Billigt der US-amerikanische Kongress die Vorschläge des Präsidenten, fällt die private Besteuerung der Beträge künftig weg.

Damit könnte den Gegnern einer Dividenauszahlung der Wind aus den Segeln genommen werden. Allerdings ist es nicht nur die Besteuerung, die eine Gewinnbeteiligung verhinderte. (Laut "Wall Street Journal" zahlen von den 91 Hightech-Companys des Standard & Poors Index S&P 500 nur 23 eine Dividende). In einer Branche, deren Wachstumsaussichten nicht zuletzt auch von ihrem Innovationsgrad abhängen, müssen die Profite auch für Investitionen oder Akquisitionen genutzt werden, betonen viele Experten.

Hinzu kommt, dass die Geschäfte der IT-Firmen starken Schwankungen unterliegen. Und wer sich einmal auf die Auszahlung von Dividenden festgelegt hat - wie beispielsweise HP, IBM oder Intel - wird damit, auch wenn die Gewinne sinken, nicht kurzfristig wieder aufhören können, ohne die Anleger zu verärgern.

Dennoch ist für einige Firmen die Frage, ob Dividenden gezahlt werden sollen, wieder offen: Jeffrey Henley, Finanzchef von Oracle, räumt ein, dass das Management des Unternehmens mit dem Wegfall der Doppelsteuer auch seine bisherige Politik, kein Gewinnausschüttungen zu zahlen, überdenken muss. "Ich gehe davon aus, dass das Verschwinden der Dividendensteuer einen wesentlichen Einfluss auf unsere Entscheidung haben wird", sagte er auf einer Investorenkonferenz.

Solche Töne könnten demnächst auch von Cisco oder Microsoft zu hören sein. Angesichts der gigantischen Bargeldreserven der Gates-Company wurden bereits Anfang vergangenen Jahres die Rufe der Börsianer nach einer Dividendenzahlung immer lauter.

Dicke Finanzpolster

Nach den letzten verfügbaren Zahlen (Stand: 30. September) liegen in der Kasse des Unternehmens mittlerweile rund 40 Milliarden Dollar in bar oder in Form von kurzfristigen Anlagen. Wegen der Besteuerung hatte Microsoft sich bisher gegen eine Auszahlung ausgesprochen.

Gleiches gilt für den Netzausrüster Cisco, der zum 26. Oktober vergangenen Jahres über einen Cash-Bestand von rund 21 Milliarden Dollar verfügte. Auf der Hauptversammlung im November wurde die Idee, Dividenden zu zahlen, jedoch noch von den Anlegern selbst verworfen. Allerdings hatte beispielsweise Cisco-Chef John Chambers damals gesagt, dass eine Erneuerung des Steuergesetzes die Lage verändern könnte. Wenn die Aktionäre an Gewinnausschüttungen interessiert seien, könne man darüber reden.

Die größten Profiteure solcher Dividenden wären allerdings die Spitzenmanager selbst. Bill Gates etwa, dessen Aktienvermögen auf derzeit rund 620 Millionen Anteilscheine geschätzt wird, erhielte bei einer Dividende von nur einem Cent je Aktie knapp 25 Millionen Dollar pro Jahr - steuerfrei! (rs)