Acht Städte und Gemeinden bestehen noch auf elektronischer Wahl

IT-Expertin will Einsatz von Wahlcomputern in Hessen verbieten lassen

07.01.2008
Eine Wählerin geht mit der Unterstützung des Chaos Computer Clubs juristisch gegen den Einsatz von Wahlcomputern bei den hessischen Landtagswahlen Ende Januar vor. Das Innenministerium in Wiesbaden sieht aber keinen Grund, seinen Kurs zu ändern.

Klägerin ist die IT-Expertin Nicole Hornung aus Alsbach-Hähnlein bei Darmstadt. Sie gehört zu den Wählerinnen und Wählern aus den acht Städten und Gemeinden, die verpflichtet werden sollen, am 27. Januar ihre Stimme ausschließlich über die umstrittenen Wahlcomputer des niederländischen Herstellers Nedap abzugeben. Neben Alsbach-Hähnlein sind die Gemeinden Niestetal und Niedernhausen sowie die Städte Bad Soden am Taunus, Langen, Obertshausen, Lampertheim und Viernheim betroffen. Hornung sieht sich nach eigenen Angaben in ihren Wahlgrundrechten verletzt und fordert beim Landesverfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Einsatz der Wahlcomputer. Der Chaos Computer Club (CCC) hatte in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass die Nedap-Computer sehr leicht manipulierbar seien und sogar ein ausführliches Gutachten für das Bundesverfassungsgericht erstellt. Auch auf dem jüngsten CCC-Jahreskongress Ende Dezember in Berlin wurde erneut die Zuverlässigkeit elektronisch ermittelter Wahlergebnisse in Frage gestellt.

Laut Chaos Computer Club lassen sich manipulierte Nedap-Wahlcomputer von außen nicht erkennen. (Quelle: CCC)
Laut Chaos Computer Club lassen sich manipulierte Nedap-Wahlcomputer von außen nicht erkennen. (Quelle: CCC)
Foto: Chaos Computer Club

In der Klagebegründung führt Hornungs Anwalt Till Jäger, der auch die beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängige Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Stimmerfassung mit Wahlcomputern bei der letzten Bundestagswahl vertritt, diverse Rechtsverletzungen auf. "Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl wird verletzt, wenn Wahlcomputer eingesetzt werden, ohne dass der Wähler selbst kontrollieren kann, ob es sich um ein manipulationssicheres System handelt", heißt es zu Beginn. Diese Verletzung führe zu einer formalen Ungleichheit mit den Wählern, die auf herkömmliche Weise wählen dürfen, und verstoße somit auch gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Den zur elektronischen Wahl verpflichteten Wählern sei zudem ein Ausweichen auf die Briefwahl nicht möglich, da diese nur zulässig sei, wenn der Wähler das Wahllokal nicht persönlich aufsuchen könne - nicht aber, um die Verwendung von Wahlcomputern zu vermeiden.

In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung des Chaos Computer Clubs heißt es, dass der Verein mit dem von der CCC-nahen Wau-Holland-Stiftung finanzierten Antrag den Versuch unternehme, noch vor den Landtagswahlen am 27. Januar "einen für alle Wähler vertrauenswürdigen und nachvollziehbaren Wahlvorgang durchzusetzen". Dass der Vorstoß Erfolg bringen könnte, ist nicht einmal unrealistisch: Die mit den deutschen Modellen nahezu baugleichen Nedap-Wahlcomputer, die bis vor kurzem flächendeckend in den Niederlanden eingesetzt werden sollten, wurden im vergangenen Herbst nach dem Bericht einer unabhängigen Prüfungskommission aus dem Verkehr gezogen. Seitdem wird dort wieder herkömmlich mit Papier und Stift gewählt. Ähnliches erhofft sich der CCC nun auch für Deutschland.

In einer ersten Stellungnahme sagte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums heute, dass man sich derzeit nicht auf neuerliche Spekulationen um den generellen Einsatz von Wahlcomputern einlassen werde. (sh)