Silicon Valley gegen neue Einwanderungsverordnung

Amazon-CEO Bezos prüft juristische Mittel gegen Trump-Dekret

31.01.2017
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Amazon-CEO Jeff Bezos sammelt Abgeordnete und Staatsbeamte um sich. Sie sollen rechtliche Möglichkeiten finden, um die umstrittene Einwanderungsverordnung der Regierung Trump zu Fall zu bringen. Protestiert hatten auch Apple-Chef Tim Cook, Facebooks Mark Zuckerberg, Googles Sundar Pichai und Microsoft-Boss Satya Nadella.

In einer E-Mail an seine Mitarbeiter schrieb Bezos gestern, Amazon habe sich an Mitglieder des amerikanischen Kongresses gewandt, um die rechtlichen Optionen auszuloten. Außerdem hätten Amazons Lobbyisten in Washington leitende Mitarbeiter der amerikanischen Verwaltung adressiert, um die Position von Amazon und Teilen der US-Wirtschaft deutlich zu machen. Darüber hinaus habe sich Amazon schriftlich bereit erklärt, eine von Bob Ferguson, dem Justizminister des US-Bundesstaats Washington, eingereichte Klage gegen das Trump'sche Dekret zu unterstützen. "Wir arbeiten zudem an weiteren rechtlichen Optionen", ließ Bezos seine Beschäftigten wissen.

Kommissarische Justizministerin entlassen

Schließt sich der Opposition gegen Trump an: Amazon-CEO Jeff Bezos.
Schließt sich der Opposition gegen Trump an: Amazon-CEO Jeff Bezos.
Foto: IDG News Service

"Ich möchte unsere Mitarbeiter in den USA und überall auf der Welt, die von dieser Verordnung betroffen sind, wissen lassen, dass Amazon ihre Interessen mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen unterstützt", so der CEO in seinem Schreiben. Bezos begibt sich mit dieser klaren Haltung durchaus ins Risiko. Erst gestern hatte Donald Trump die kommissarische Justizministerin Sally Yates entlassen. Sie hatte das Einreiseverbot für Menschen aus muslimischen Ländern kritisiert und ihr Ressort angewiesen, das umstrittene Dekret nicht juristisch zu verteidigen.

Trump hatte ein temporäres Einreiseverbot für Flüchtlinge und Besucher aus sieben Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit verhängt - aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Demnach dürfen Bürger aus den Ländern Irak, Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und dem Jemen für vorerst 90 Tage nicht mehr in die USA einreisen. Nur Diplomaten, Mitarbeiter internationaler Organisationen und Menschen, die zu den Vereinten Nationen reisen, will Trump ins Land lassen. Es gehe darum, mit schärferen Kontrollmechanismen radikale islamische Terroristen von den Vereinigten Staaten fernzuhalten, hieß es. Die neue US-Regierung plant dabei offenbar langfristig: Auf Dauer sollen nur Menschen aus Ländern in die USA gelangen, für die Außen- und Heimatschutzministerium grünes Licht geben.

Regierungssprecher Sean Spicer sagte gestern während des täglichen Briefings der Öffentlichkeit, "eine Mehrheit der Amerikaner stimmt dem Präsidenten zu. Die Menschen haben erkannt, dass diese Schritte unternommen wurden, um das Land sicherer zu machen und dafür zu sorgen, dass wir eines Tages nicht zurückblicken und sagen: 'Ich wünschte, wir hätten etwas unternommen'". Trump selbst schrieb auf Twitter, alles laufe gut, es gebe kaum Probleme.

Tim Cook denkt an die Zukunft des Landes

Wie Bezos schickte auch Apple-Chef Tim Cook eine E-Mail an alle Konzernmitarbeiter, in der er deutlich machte, dass "Apple an Einwanderung glaubt - nicht nur im Interesse von Apple, sondern für die Zukunft des ganzen Landes." Ohne Zuwanderung würde es Apple gar nicht geben, schrieb Cook, und spielte damit auf die Herkunft von Unternehmensgründer Steve Jobs an, der Sohn eines Syrers und einer deutschstämmigen Amerikanerin war.

Tim Cook warnt Regierung Trump vor strikter Einwanderungspolitik.
Tim Cook warnt Regierung Trump vor strikter Einwanderungspolitik.

"Ich habe von vielen von Euch gehört, dass ihr tief besorgt über die Verfügung des Präsidenten seid, die die Einwanderung aus sieben überwiegend muslimischen Ländern einschränkt. Ich teile Eure Sorgen, das ist keine Politik, die wir unterstützen", schrieb Cook. Es gebe Apple-Mitarbeiter, die von den neuen Bestimmungen direkt betroffen seien. "Unsere Personal-, Rechts- und Sicherheitsteams stehen in Kontakt zu ihnen und Apple wird alles tun, um sie zu unterstützen", so der Apple-Chef.

"Diversity macht unser Team stärker"

Man habe außerdem Kontakt zum Weißen Haus aufgenommen, um deutlich zu machen, welch negativen Effekte die Bestimmungen auf Apple und seine Mitarbeiter hätten. "Ich habe sehr oft gesagt, dass Diversität unser Team stärker macht. Und wenn ich eines über die Mitarbeiter von Apple weiß, dann ist es das Ausmaß an Empathie und gegenseitige Unterstützung füreinander. Das war immer schon besonders wichtig und daran wird sich auch nicht das Geringste ändern", schrieb Cook. Apple sei offen für jeden - unabhängig von Sprache und Herkunft, sexueller Orientierung oder Religion.

Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla haben - wie übrigens auch Donald Trump und fast alle Amerikaner - ausländische Vorfahren.
Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla haben - wie übrigens auch Donald Trump und fast alle Amerikaner - ausländische Vorfahren.
Foto: Mark Zuckerberg

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wandte sich auf Facebook gegen Trumps Pläne. "Wie viele von Euch bin ich besorgt über die Auswirkungen der präsidialen Verfügung. Natürlich müssen wir das Land sicher halten, aber wir sollten das tun, indem wir uns auf die Menschen konzentrieren, die tatsächlich eine Bedrohung darstellen. Wir sollten unsere Türen für Flüchtlinge offenhalten und für diejenigen, die unsere Hilfe brauchen", so der Facebook-Boss. Er wies darauf hin, dass seine Frau Priscilla Tochter asiatischer Flüchtlinge sei und er selbst Vorfahren in Polen, Deutschland und Österreich habe. Auch Microsofts Chefjusitiar Brad Smith schrieb an seine Mitarbeiter und machte - unterstützt von CEO Satya Nadella - deutlich, wie wichtig ein ausbalanciertes und gerechtes Einwanderungsgesetz für das Land sei.

Viele Google-Mitarbeiter betroffen

Sundar Pichai, CEO von Google, schrieb in einer Mail, dass mindestens 187 ausländische Google-Mitarbeiter durch das Dekret davon abgehalten werden könnten, einzureisen. Pichai hielt Mitarbeiter der betroffenen Herkunftsländer an, umgehend in die USA zurückzukehren, bevor die Regelungen griffen. Bei Google sei man bestürzt darüber, dass internationalen Mitarbeitern und ihren Familien Steine in den Weg gelegt würden und mögliche Barrieren für Talente entstünden, die US-Unternehmen gut gebrauchen könnten.

Dass es zu einem solchen Konflikt zwischen der Regierung Trump und den Ikonen des Silicon Valley kommen würde, war zunächst nicht abzusehen. In den ersten Tagen seiner Amtszeit hatte Trump Gründer und Vorstände der wichtigsten IT-Unternehmen in den Trump Tower eingeladen, um sich ihre Unterstützung zu sichern. Facebook, Google, Microsoft, Intel, Amazon - alle waren gekommen und schienen Kreide gefressen zu haben. Amazon-Boss Jeff Bezos versprach, 100.000 neue Arbeitsplätze in den USA zu schaffen, Tesla-Chef Elon Musk und Uber-Boss Travis Kalanick ließen sich sogar in das "Strategic and Policy Forum" locken, um Trump bei seiner wirtschaftlichen Agenda zu unterstützen.

Was ist das Privacy Shield noch wert?

Nicht nur die neue Einwanderungspolitik sorgt weltweit für Aufregung, auch Trumps Datenschutzpolitik wirft Fragen auf. Der US-Präsident hatte in seinem Erlass die US-Behörden aufgefordert, den Datenschutz für Nicht-US-Bürger aufzuheben, "soweit das mit dem Gesetz vereinbar ist". Die Frage ist nun, ob davon auch die Datenschutzvereinbarung Privacy Shield betroffen ist, die nicht zuletzt den Umgang der großen amerikanischen Cloud-Provider mit den Daten europäischer Kunden regelt.

Privacy Shield ist kein Vertrag, sondern eine Art Verabredung zwischen der Obama-Regierung und der EU-Kommission. Er kam zustande, weil der Europäische Gerichtshof eine Neuregelung des Datenschutzes verlangt hatte. Laut Privacy Shield sollen EU-Bürger von Februar 2017 an das Recht haben, den Schutz ihrer privaten Daten auch vor amerikanischen Gerichten einzuklagen. Betroffen wäre auch der Zugriff von US-Geheimdiensten und Ermittlungsbehörden auf diese Daten. (hv)