Paul Stodden kämpft gegen Verluste und Probleme der Vergangenheit

"IT-Entscheider sollen Fujitsu-Siemens wählen"

21.07.2000
Im April dieses Jahres wurde Paul Stodden zum Chef der Fujitsu-Siemens Computers (FSC) ernannt und löste die in Ungnaden entlassenen Vorgänger Winfried Hoffmann und Robert Hoog ab. Nun hat Topmanager Bernd Puschendorf ebenfalls das Unternehmen verlassen. Der CEO erklärt im Gespräch mit CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstätter, welche Schritte er eingeleitet hat, um die Probleme der Vergangenheit zu beseitigen und welche Schwerpunkte er für dieses Jahr gesetzt hat.

CW: Bernd Puschendorf, der für das deutsche Großkundengeschäft verantwortlich war, hat das Unternehmen verlassen und Achim Berg, bislang zuständig für Consumer sowie kleine und mittelgroße Unternehmen, übernimmt diesen Teil zusätzlich. Ändert sich damit die Vertriebsorganisation?

Stodden: Unter Puschendorf wurde der Vertrieb umstrukturiert in Lines of Business, die nach Geschäfts- beziehungsweise Marktsegementen ausgerichtet sind. Diese Organisation steht, ist stabil und erfährt durch den Weggang von Puschendorf, den ich persönlich bedauere, auch keine Veränderung.

CW: Es heißt immer, Ihr Vorgänger Hoffmann habe den Direktvertrieb verkümmern lassen und sich mehr dem Massenmarkt und den indirekten Kanälen zugewandt.

Stodden: Es ist nicht der Ausbau erfolgt, wie ich ihn betreiben möchte. Aber die Vertriebsmannschaft ist insbesondere in Deutschland dennoch gut aufgestellt. Zudem läuft ein übrigens schon unter Hoffmann gestartetes Aufbauprogramm für professionelles Consulting. Es geht dabei um die Infrastrukturberatung, die immer wichtiger wird. Für diesen Bereich wollen wir auch zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

CW: Wer macht den technischen Service?

Stodden: Da haben wir für Kontinentaleuropa meinen ehemaligen Bereich, IT-Service, durchgängig involviert, aber nicht ausschließlich. Wir arbeiten auch mit unabhängigen Servicepartnern zusammen. In Großbritannien und Skandinavien kooperieren wir stark mit ICL. Amdahl hat eine Serviceorganisation, die speziell auf die Daten-Center mit IBM-kompatiblen Maschinen ausgelegt ist. Unsere BS/2000-Server werden von der IT-Service gewartet.

CW: Wie verläuft die Fusion zwischen Siemens-Nixdorf und Fujitsu?

Stodden: Recht gut. Die wesentlichen Integrationsthemen bei uns sind abgeschlossen. In der jetzigen Phase wollen wir Wachstum erreichen.

CW: Welches Marktsegment hat Priorität?

Stodden: Das Enterprise-Geschäft hat besondere Priorität und wir setzen einen Fokus auf kleine und mittlere Firmen.

CW: Gibt es vom Produktspektrum her gesehen Schwerpunktaktivitäten?

Stodden: Im Consumer-PC-Bereich haben wir sehr gute Ergebnisse. Hier halten wir die Topposition in Europa.

Im ersten Quartal dieses Jahres ist der Markt für professionell genutzte PCs insgesamt kleiner geworden, darunter hat auch die Konkurrenz gelitten. Wir wollen in Zukunft insbesondere im Server-Geschäft aufholen und da vor allem bei Intel-basierten und Unix-Rechnern.

CW: In diesem Bereich ist die Konkurrenz natürlich groß.

Stodden: Ja, wir haben dort unsere Stärken, insbesondere die Integration dieser Server in Lösungsumfelder, noch nicht voll ausgeschöpft.

CW: Bei PCs ist der Marktanteil von Fujitsu-Siemens im Vergleich zum Vorjahr für das erste Quartal von zwölf Prozent auf 10,8 Prozent gesunken.

Stodden: Das ist richtig, aber wir erwarten, dass wir im zweiten Quartal unseren Marktanteil zurückerobert haben.

CW: Wie steht das Unternehmen denn finanziell da? Bestätigen Sie die Verluste aus dem ersten halben Jahr nach der Fusion? Und wie verlief das erste Quartal nach der Etablierung der Holding Anfang April?

Stodden: Im Rumpfgeschäftsjahr Oktober 1999 bis Ende März 2000 haben wir, entgegen den Planungen, die ein ausgeglichenes Ergebnis vorsahen, geringe Verluste erwirtschaftet, allerdings aus zwei Aspekten heraus. Einmal hat das Unternehmen schneller als geplant eine Reihe von Restrukturierungsmaßnahmen durchlaufen. Das betraf insbesondere die Schließung des Werks im finnischen Kilo und Restrukturierungen in Frankreich. In Europa wurden die Landesgesellschaften aufgebaut, das heißt, es wurden Teile aus Siemens herausgelöst und mit den Fujitsu-Aktivitäten zusammengelegt. Das ist erfreulicherweise schneller passiert als geplant, hat dafür aber etwas mehr Geld gekostet, als veranschlagt war. Der Personalbestand hat sich in dieser Zeit von rund 9000 auf etwa 7200 Mitarbeiter reduziert. Der zweite Einflussfaktor waren die höheren Komponentenpreise durch das Erdbeben in Asien, die wir nicht weiter geben konnten. Insgesamt war das kein dramatisches Resultat.

CW: Und im ersten Quartal von April bis Juni?

Stodden: Die Zahlen liegen noch nicht endgültig vor und zudem publizieren wir keine Ergebnisse. Ich kann aber sagen, dass wir in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben wollen. Darauf haben wir uns verpflichtet.

CW: Welchen Schwerpunkt legen Sie bei der internen Organisation von FSC?

Stodden: Wir haben eine ganze Reihe von Dingen angestoßen, operative und strategische Projekte.

CW: Welche konkret?

Stodden: Auf der operativen Seite geht es im Wesentlichen darum, die Prozessthemen weiter nach vorne zu bringen, Stichwort Supply Chain.

CW: Da bestand ja nach der Fusion die Schwierigkeit, dass Fujitsu mit Software von Baan gearbeitet hat und Siemens-Nixdorf die von SAP einsetzte.

Stodden: Wobei das nicht nur eine Frage der Software ist. Über die Werkzeuge hinaus geht es darum, die Prozesse weiter zu optimieren.

CW: Wo wird das gemacht, und wie weit sind die Bemühungen gediehen?

Stodden: Unter der Führung von Herrn Göggele, unserem Standortleiter in Augsburg, wird der Prozess "End-to-End" optimiert, also Bestellung, Lieferung und Rechnungsstellung vom Kundenauftrag zum Lieferanten und wieder zurück zum Kunden.

CW: Das gilt für die Business-PCs, die in Augsburg gefertigt werden?

Stodden: Nicht nur, sondern für das ganze Produktspektrum.

CW: Wie transparent ist das für die Kunden? Ist für den Auftraggeber beispielsweise der Lagerbestand sichtbar?

Stodden: Nein, so weit geht das nicht. Für das E-Business haben wir allerdings eine Lösung implementiert, die "ORS", Order and Request System, heißt. ORS steht sowohl für unsere Vertriebe als auch für unsere Partner zur Verfügung. Damit ist es möglich, letztendlich bis in das SAP-System durchzugehen und den Auftrags- und Lieferstatus abzufragen. Das ist heute per WAP-Schnittstelle auch von unterwegs aus möglich.

CW: Welche Vorteile erwarten Sie davon?

Stodden: Eine bessere und schnellere Abwicklung der Aufträge im Hause. Für die Kunden bedeutet das kürzere Lieferzeiten und die Einhaltung der zugesagten Termine.

CW: Zeigen sich schon Erfolge?

Stodden: Wir haben das System erst vor drei Wochen installiert und erwarten Verbesserungen kurzfristig im Drei-Monats-Bereich und durchgreifende Prozessveränderungen bis Ende des Jahres.

CW: Was wurde strategisch verändert?

Stodden: Mir ist sehr wichtig, dass wir die Menschen in der Organisation stärker in den Mittelpunkt stellen. Unter dem Namen "People Fokus" läuft ein Programm, das die Mitarbeiter adressieren und stärker einbeziehen soll.

CW: Mit welchen Maßnahmen?

Stodden: Beispielsweise halte ich Towntalks ab, wo ich mit den Kolleginnen und Kollegen an den einzelnen Standorten Gesprächsrunden führe. Wir haben neue Informationen in das Intranet eingebaut, um für alle Mitarbeiter Transparenz da-rüber zu schaffen, was wir tun im Unternehmen, was wir machen wollen und ob wir uns in Richtung der Ziele bewegen, die wir ins Auge gefasst haben.

CW: Was hält das Management von dieser Initiative?

Stodden: Für das Management entsteht daraus natürlich ein höherer Verpflichtungsgrad, der aber gewollt ist und auch akzeptiert wird. Ich möchte nicht, dass wichtige Dinge, über die man sich einmal einig war, über das Tagesgeschäft in Vergessenheit geraten.

CW: Gilt das Ziel noch, dass FSC bis 2001 die Nummer eins in Europa ist?

Stodden: Ich denke, wir sind dafür gut aufgestellt, einmal vom Produktspektrum her und auch von den Strukturen. Allerdings reicht eine reine Volumenorientierung oder Stückzahlenbetrachtung nicht dazu aus, die Führungsposition zu übernehmen. Mir geht es darum, dass die Kunden, die querbeet die Infrastrukturentscheidungen treffen, uns bevorzugen.