IT-Dienstleistungen im Jahr 2015

02.05.2008
Der Markt für Beratung und IT-Services wird in den kommenden Jahren weiter wachsen. Nicht nur technische Neuerungen dürften ihn dabei verändern.

Wie wird der IT-Service- und Beratungsmarkt im Jahr 2015 aussehen? Welche Trends setzen sich durch, und welche Konsequenzen hat das für Anwender und Anbieter? Die Berater von Lünendonk und die Zukunftsforscher der Future Management Group haben zu diesen Fragen eine Studie erarbeitet und mit Branchenvertretern diskutiert. Einigkeit besteht darin, dass sich der Markt in den nächsten Jahren nicht nur durch technische Neuerungen und standortpolitische Entscheidungen wie Near- und Offshoring verändern wird.

Anforderungen an die IT steigen

Ein wesentlicher Faktor ist das Rollenverständnis der IT: Heutige Firmen wünschen sich, dass die IT nicht nur effektiv agiert, sondern auch die Geschäftsprozesse flexibler gestaltet, so dass sich Innovationen schneller umsetzen lassen. Dieser Spagat ist nach den Worten von Walter Kirchmann, Geschäftsführer des Münchner IZB Informatik-Zentrums, umso schwieriger zu bewältigen, als die IT-Mitarbeiter immer mehr und immer komplexere Applikationen betreuen müssen. "Da bleibt nicht mehr viel Luft für Innovation."

Anforderungen an die Provider steigen

Um ihre IT im Tagesgeschäft zu entlasten und die Kosten zu senken, lagern immer mehr Unternehmen bestimmte Bereiche aus. Gleichzeitig verlangen sie aber auch, dass extern erbrachte Services nachweisbar zum Geschäftserfolg beitragen. Nach Ansicht von Katrin Horstmann, Chief Corporate Business Development Officer bei T-Systems, sind viele Anwender allerdings nicht in der Lage, den geforderten Mehrwert genau zu definieren. Zudem beschränke sich das Gros der Provider nach wie vor auf technische Messgrößen - Angaben, mit denen etwa Fachabteilungen nichts anfangen können: "Die wollen wissen, welche geschäftlichen Vorteile der Service bringt." Ähnlich sieht es Hartmut Lüerßen, Partner der Lünendonk GmbH: "Die wenigsten Dienstleister können ihren Innovationsbeitrag nachweisen. Oder innovative Veränderungen werden als solche nicht erkannt."

Bislang lagern deutsche Anwender vorrangig Infrastruktur-nahe Dienste aus, um die Kosten zu senken. Selbst große Firmen beschränken sich nach wie vor auf Betriebsdienste: "Uns geht es darum, durch das Outsourcing von Commodity-Aufgaben Freiräume für die IT zu schaffen. Aber geschäftskritische Bereiche müssen inhouse bleiben", erläutert Jörg Raaymann, Bereichsleiter Organisation und Informatik bei der Landesbank Hessen-Thüringen. Aus Sicht der Anbieter gibt es aber auch über die Infrastruktur hinaus viele Bereiche, die nicht unternehmenskritisch sind. "Der Anwender sollte sich überlegen, wo es für seine Kunden keine Rolle mehr spielt, ob die Services von ihm selbst oder von einem externen Dienstleister erbracht werden", empfiehlt IZB-Geschäftsführer Kirchmann.

Consumerization und Mobilität

Nicht nur IT-bezogene und wirtschaftliche Aspekte, auch gesellschaftliche Entwicklungen wie die steigende Mobilität der Anwender verändern die Arbeitswelt. Private und berufliche IT-Nutzung verschmelzen zunehmend. Die Generation der unter 30-jährigen ist immer online, der Schutz der Privatsphäre scheint sie dabei wenig zu interessieren. Darauf müssen sich die Arbeitgeber hinsichtlich IT-Sicherheit und Vertraulichkeit von Daten einstellen. Laut IZB-Chef Kirchmann sind aber auch rechtliche Aspekte zu bedenken, wenn Mitarbeiter ihre eigenen Laptops ins Büro mitnehmen.

Die wichtigsten Einflussfaktoren

n Globalisierung: Offshoring und Nearshoring nehmen weiter zu;

n Wertbeitrag durch IT: Auch Innovation ist zunehmend gefragt;

n Anbieterstruktur: Große Generalisten und kleine Spezialisten;

n IT-Quote in Unternehmen: Was machen sie selbst, was lagern sie aus?

n War for talents: Fachkräftemangel bremst das Marktwachstum;

n Mobilisierung und Consumerization: IT-Nutzung verändert sich;

n Gesetzgebung: Neue Regeln für IT-Sicherheit und Datenschutz;

n Energie und Umwelt: Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung.

Hier lesen Sie …

  • welche Faktoren das IT-Servicegeschäft beeinflussen;

  • wie sich die Anforderungen der Anwender verändern;

  • welche Marktsegmente besonders stark wachsen;

  • welche Anbieter künftig die besten Chancen haben.

Serviceanteil an derIT nimmt zu

Während der Beratermarkt floriert, leiden die Outsourcing-Anbieter trotz zunehmender Aufträge unter einem starken Preisdruck, der ihre Umsätze wieder schmälert. Insgesamt stehen die Zeichen aber auf Wachstum, glauben die Experten. Immer mehr IT-Themen seien in Form von Dienstleistungen verfügbar, begründet Lünendonk-Partner Lüerßen: "Itil beispielsweise gab es vor zehn Jahren noch gar nicht. Heute ist es weitgehend automatisiert - als Service."

Nachfrage nach umfassenden Angeboten

Die Zukunftsstudie bestätigt diesen Optimismus. Gute Marktaussichten attestieren die Befragten - CIOs, Vorstände von Anbietern und Wissenschaftler - Providern, die ihren Kunden Anwendungs- und Infrastruktur-nahe Services aus einer Hand anbieten (siehe Grafik). Bei Dienstleistern, die lediglich einzelne Infrastruktur-Services erbringen, sehen die Befragten dagegen wenig Potenzial. Allerdings wurden nur große Unternehmen befragt, die auch jetzt schon einen integrierten Provider bevorzugen und den Großteil der Services über wenige, internationale Dienstleister abwickeln, um die Zahl ihrer Rechenzentren zu konsolidieren. Kleinere Anbieter stoßen da sprichwörtlich an ihre Grenzen, gibt Bank-Manager Raaymann zu bedenken. "Und ich will ja nicht in jedem Land mit einem anderen Provider zusammenarbeiten."

Mittelstand bleibt lokalen Anbietern treu

Im Mittelstand können die Branchenriesen dagegen schwer Fuß fassen. "Die großen Anbieter haben noch keinen Weg gefunden, mittelständische Firmen in Deutschland gezielt zu adressieren und entsprechende Kostenstrukturen einzuführen", räumt T-Systems-Managerin Hostmann ein. Hier dominieren daher kleine, lokale Provider, die das Bedürfnis der Anwen-der nach persönlichem Kontakt "auf Augenhöhe" erfüllen. "Ein gut vernetzter, lokaler Dienst-leister hat reelle Chancen - vor allem wenn er auch noch Offshore-Kapazitäten besitzt", ist Lünendonk überzeugt. In die-sem Punkt besteht allerdings noch Nachholbedarf: Laut ei-ner 2007 veröffentlichten Studie des Beratungshauses verfügen nur 34 Prozent der kleineren bis mittleren Systemintegrato-ren und Beratungshäuser über Nearshore- oder Offshore-Ressourcen.

Offshoring ja, aber nicht um jeden Preis

Allerdings sollten sich die Anbieter gut überlegen, was sie in Niedriglohnländer verlagern, warnt IZB-Chef Kirchmann: "Wir haben zwar Offshore-Kapazitäten, aber manche Aufgaben lassen sich einfach nicht von Indien und auch nicht von Osteuropa aus erledigen." Sein Call-Center etwa betreibe das IZB bewusst in Bayern. "Natürlich verdienen die Leute hier mehr, aber dafür werden unsere Kunden persönlich betreut", so Kirchmann. Und dann seien sie auch bereit, mehr zu zahlen. "Wir haben lange darüber nachgedacht, wie wir unsere Services billiger anbieten können. Heute überlegen wir uns, für welche Leistungen die Kunden mehr Geld ausgeben würden. Davon profitieren beide Seiten."u

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