IT-Management/Transparenz für "Auftraggeber" und "Auftragnehmer"

IT-Controlling entwickelt sich immer mehr zum Standard-Tool

30.01.1998

Weil heute ohne Informationstechnologie nichts mehr läuft, gehört der IT-Bereich zum Herzstück eines jeden Unternehmens. Praktisch jede Abteilung benötigt die Unterstützung der IT-Spezialisten - und zwar möglichst sofort. Dabei sind die Anforderungen für Projekte oder Daueraufgaben im einzelnen häufig ungenau definiert. Nur eines ist klar: Alles ist immer absolut dringend. In der Praxis erledigt das IT-Department die eingehenden Aufträge meist nach dem Motto, wer am lautesten schreit, wird zuerst bedient. In vielen Fällen erfolgt dabei weder eine Bewertung noch eine Priorisierung der Anfragen. Darüber hinaus fehlt es oft an der Planung für das Abarbeiten der Anforderungen beziehungsweise an der Präzisierung ungenau formulierter Aufgaben im Rahmen eines definierten Auftrags, der Inhalte, Kosten und Termine festschreibt. Eine Vorgehensweise also, die einige Probleme mit sich bringt - vor allem aber effizientes Arbeiten behindert und Unzufriedenheit bei allen Beteiligten entstehen läßt.

Es ist also eher die Regel als die Ausnahme, daß die jeweilige Fachabteilung mit der Lösung ihres spezifischen IT-Problems nicht zufrieden ist und Nachbesserungen verlangt. Werden ihre Anforderungen immer wieder anders formuliert oder erweitert, läßt sich die Leistung des IT-Departments tatsächlich nur schwer nachvollziehen. Darüber hinaus gerät das Kosten-Nutzen-Verhältnis aus dem Gleichgewicht - die Ausgaben werden im wahrsten Sinne des Wortes unermeßlich.

Die Verantwortung für die mangelnde Transparenz von Leistung und Kosten liegt dabei auf den ersten Blick beim IT-Management. Denn mit der Anforderung wird gleichzeitig die Verantwortung für deren erfolgreiche Erledigung und damit letztlich der Schwarze Peter den IT-Spezialisten zugeschoben. Was der Fachabteilung dabei nicht bewußt ist: Sie hat ihre Anforderung an die IT ungenau formuliert oder war sich nicht darüber im klaren, wie die Lösung konkret auszusehen hat. Umgekehrt gilt aber meist auch: Die IT-Abteilung hat ohne Rücksprache und Klärung einfach drauflosprogrammiert. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, den Auftrag zurückzuweisen und gemeinsam mit der Fachabteilung ein konkretes Anforderungsprofil zu entwickeln.

Bevor jedoch über ein strukturiertes Auftragsprozedere nachgedacht wird, muß die Beziehung zwischen IT- und Fachabteilung neu definiert werden. Das IT-Department hat sich als Dienstleister zu verstehen und sollte demzufolge die Fachabteilungen als Kunden betrachten, für die es Lösungen zu entwickeln gilt. Der Kunde wiederum muß wissen, welchen Preis die Leistung hat, die er wünscht, und sollte sich darüber im klaren sein, daß es nicht zuletzt seine Aufgabe ist, die IT-Ausgaben so gering wie möglich zu halten.

Um diesen Wandel im Unternehmen zu vollziehen, reicht es oft nicht aus, die Strukturen und Abläufe echter Kunden-Dienstleister-Beziehungen zu kopieren. Mit der Definition "IT-Bereich gleich Service-Provider" und "Fachabteilung gleich Kunde" allein ist es nicht getan. Vielmehr müssen entsprechende Prozesse definiert und in der Folge deren Ausführung, Management und Unterstützung genau festgelegt werden (siehe Abbildung 1).

Das Management von Anforderungen heißt konkret: Der IT-Bereich erfaßt alle eingegangenen Anforderungen und unterzieht sie einer Machbarkeitsanalyse: Ist die Anforderung technisch und innerhalb des gewünschten Zeitrahmens überhaupt realisierbar? Ist hoffentlich auch eine nur behelfsmäßige Lösung möglich und sinnvoll? Stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis? Paßt die Anforderung zur Unternehmens- beziehungsweise zur daraus abgeleiteten IT-Strategie? Welche Priorität hat die Anforderung?

Wichtig ist, daß beide Seiten in einen intensiven Beratungsprozeß einsteigen. Wenn die IT-Abteilung etwa inhaltliche oder zeitliche Probleme sieht, muß sie ihren Kunden darüber aufklären. Erst wenn die Anforderung von beiden Seiten akzeptiert worden ist, kann ein konkreter Auftrag daraus werden.

Dabei gehört es zu den Aufgaben der IT-Abteilung, die Ausführung der Aufträge mit einer Soll-Ist-Analyse ständig - am besten monatlich - zu überwachen und auf diese Weise mögliche Abweichungen zu ermitteln. Zur Planung von Aufträgen muß die IT-Abteilung stets einen Überblick über das zur Verfügung stehende Personal und dessen Know-how haben. Das heißt, der IT-Bereich braucht auch ein Ressourcen-Management. Wie viele Mitarbeiter stehen zur Verfügung? Welcher Mitarbeiter hat welches Know-how? Ist das für die Erfüllung der Aufträge notwendige Wissen vorhanden, oder müssen Mitarbeiter geschult werden? Welche Mitarbeiter sind wann in welche Aufträge involviert?

Mit den Zahlen, die sich durch ein entsprechendes IT-Controlling ermitteln lassen, kann der gesamte IT-Bereich gesteuert werden, wobei die Erfolgs- vor der Kostenkontrolle stehen sollte. Mit anderen Worten: IT-Controlling dokumentiert in erster Linie, mit welchem Aufwand die IT-Abteilung ihre Leistungen erbringt und ob der (meßbare) Erfolg die verursachten Kosten rechtfertigt. Den gesamten IT-Bereich zu steuern heißt, daß jeder Betroffene die Steuerungsdaten erhält, die für die Aufgabenerfüllung notwendig sind. Ziel dabei ist es, eine Art Selbststeuerung der Mitarbeiter zu erreichen.

Dazu müssen Wartungsaktivitäten oder die Durchführung von Projekten zusammen mit ihren Qualitätskennzahlen definiert sein. Konkret bedeutet das, daß Termine, Kosten, Durchlaufzeiten und Aufwand sowie weiche Faktoren wie Kundenzufriedenheit, Erfahrungssicherung oder Mitarbeiterzufriedenheit geplant und regelmäßig überprüft werden. Erfahrungsgemäß liefert eine monatliche Erfassung der wichtigsten Kennzahlen dafür eine gute Basis - vor allem natürlich in puncto wirtschaftlicher Überblick (siehe Abbildung 2).

Fazit: Damit IT-Projekte zur beiderseitigen Zufriedenheit abgeschlossen werden können, müssen Auftraggeber und -nehmer eng zusammenarbeiten. Nur dann funktionieren Anforderungs- und Auftrags-Management reibungslos. Professionelles IT-Controlling bezeichnet daher nicht nur die Steuerung von Kosten und Prozessen, sondern das (gelungene) Zusammenspiel von Anforderungs- und Auftrags-Management. Vor allem der IT-Bereich selbst profitiert von einem IT-Controlling, weil es seine Leistung nachvollziehbar macht.

Angeklickt

Sie sprechen oft nicht beziehungsweise nicht richtig miteinander: die Fachabteilung im Unternehmen, die vom IT-Department etwas möchte, und die DV-Spezialisten, die vielfach an den Bedürfnissen ihrer Kundschaft vorbeientwickeln. Mit einem zeitgemäßen IT-Controlling läßt sich diese Diskrepanz aufheben. Vor allem können Aufwand und Ergebnis von IT-Projekten gemessen und damit auch gesteuert werden - entsprechende Transparenz inklusive. Gleichzeitig kommt es zu einer klaren Rollenverteilung zwischen "Auftraggeber" und "Auftragnehmer".

*Stefan Prottung ist Chefberater des Gesschäftsbereichs IT-Controlling bei der Softlab GmbH, München.