Interview

"IT-Chefs müssen verstehen, wohin die Firma steuert"

18.07.1997

CW: Sie gelten als Vorzeige-CIO. Was unterscheidet einen guten von einem weniger guten IT-Chef?

Hallman: Zuallererst der Wille zur Veränderung oder vielmehr die Freude an ihr. Hinzu kommt die Fähigkeit, mit dem Verantwortungsbewußtsein einer Geschäftsperson zu handeln. Drittens ist das Know-how in bezug auf die Informationstechnik und ihre werterzeugende Anwendung wichtig. Und abschließend bedarf es des Talents, gute Leute um sich zu scharen und mit ihnen effektiv zu arbeiten.

CW: Sind das nicht dieselben Eigenschaften, die für einen IT-Chef auch in der Vergangenheit wichtig waren?

Hallman: Nicht in dem Ausmaß, in dem sie es heute sind. Vor zehn Jahren übte der CIO meist nur Hintergrundfunktionen aus. Er beschränkte sich darauf, das Rechenzentrum am Laufen zu halten und Anwendungen zu pflegen. Eigentlich hat sich das erst in den letzten fünf Jahren geändert. Als die Unternehmen feststellten, daß sie die Informationstechnik in den Vordergrund rücken mußten, wurde offenbar, wie wenig effektiv die CIOs bis dahin gearbeitet hatten. Für sie hatte Veränderung nur etwas mit Technologie zu tun, und zwischenmenschliche Kommunikation war ihnen ziemlich fremd.

CW: Wie sind die Unternehmen denn plötzlich darauf gekommen, daß etwas falsch lief?

Hallman: Das fing mit gesteigertem Kostenbewußtsein an. Viele hochrangige Manager rieben sich auf einmal die Augen. Sie erblickten die riesigen Summen und fragten sich: Wofür geben wir eigentlich dieses Geld aus? Aber sie bekamen keine Antwort, die sie hätten verstehen können. In vielen Unternehmen handelte es sich um mehrere hundert Millionen Dollar im Jahr, bei uns waren es sogar 1,2 Milliarden.

CW: Das Verhältnis von IT-Ausgaben zum Umsatz galt als Gradmesser für das informationstechnische Engagement und damit für die Erfolgschancen einer Firma. Ist diese Einschätzung noch aktuell?

Hallman: Ja, aber ... Wir haben damals für 1,2 Milliarden Dollar weniger Gegenwert bekommen als heute für eine um 45 Prozent niedrigere Summe.

CW: Sie geben also heute eine halbe Milliarde Dollar weniger für Ihre IT aus als vor fünf Jahren?

Hallman: Genauer gesagt: fast 600 Millionen Dollar.

CW: Jedes Jahr?

Hallman: Yes, ma'm.

CW: Liegt das daran, daß Sie vor einem knappen Jahr große Teile Ihrer Informationsverarbeitung nach außen gegeben haben?

Hallman: Nein, ich hatte die Ausgaben schon vorher reduziert. Die Allianz mit CSC und Andersen Consulting wurde nicht in der Hoffnung auf geringere Kosten geschlossen, sondern aus strategischen Gründen.

CW: Was war denn der Auslöser für die Umstrukturierung zu Beginn dieses Jahrzehnts?

Hallman: Außenstehende machten uns darauf aufmerksam, daß unsere Informationstechnik viele Redundanzen enthielt. Und als wir unsere Leistung überprüften, wurde uns klar, daß es dort haperte. 1992 startete unser Unternehmen dann eine gewaltige Kostensenkungs-Offensive. Alles zusammen war der Auslöser.

CW: Über Ihre Outsourcing-Strategie ist viel geschrieben worden. Unbeantwortet blieb die Frage, wie Sie persönlich mit dieser Situation umgingen. Die meisten CIOs reagieren negativ auf die Vorstellung, einen Teil ihres Einflußbereichs aus der Hand zu geben.

Hallman: Das ist wahr und durchaus nachvollziebar. Wichtig ist, daß die IT-Chefs verstehen, wohin die Firma steuert, und daß sie ihren Geist offenhalten. Dabei sollten sie aber auch ihre Mitarbeiter nicht außer acht lassen, denn die dürfen sich nicht verschlechtern. Ich hatte 4200 Leute, von denen 3000 zu einem der Allianzpartner gegangen sind. Da gab es einiges zu klären.

CW: Wie kommen Sie denn damit zurecht, daß Sie jetzt nur noch für ein Viertel Ihrer damaligen Personalstärke verantwortlich sind?

Hallman: Die Leute, die noch bei Dupont sind, zählen zwar weniger Köpfe, stehen aber für mehr Verantwortung. Das versuche ich auch meinen leitenden Mitarbeitern klarzumachen. Es ist nicht einfach, denn wir alle haben gelernt, die Wichtigkeit unserer Position daran zu messen, wie viele Leute an uns berichten.

CW: Akzeptieren Frauen solche Veränderungen leichter als Männer?

Hallman: Aber natürlich (lacht). Nein, im Ernst: Ich glaube nicht, daß es da einen Unterschied gibt.