Plattner: "Ich hatte einen Teddybären"

IT-Anbieter ereifern sich über europäische Technikfeindlichkeit

05.02.1999
MÜNCHEN (CW) - Auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos diskutierten auch die Spitzen der Computerindustrie über Chancen und Risiken. Die überwiegend amerikanischen Firmenchefs beklagten dabei vor allem die Technikfeindlichkeit der Europäer.

SAP-Vorstandssprecher Hasso Plattner brachte die kulturellen Unterschiede zwischen neuer und alter Welt durch einen Zwischenruf auf den Punkt. "Ich hatte einen Teddybären", unterbrach er den Dell-Gründer Michael Dell, als dieser von seiner Kindheit mit elektronischem Spielzeug schwärmte. Außerdem wies Plattner daraufhin, daß Geld zu machen als alleiniger Geschäftszweck in Europa gesellschaftlich nicht akzeptiert sei. Daß er zudem keinen Laptop benutzt, legt das in seinem Fall paradox wirkende Etikett der Technikfeindlichkeit nahe, das laut "Wall Street Journal" in Davos den Europäern generell angeheftet wurde. Offensichtlich wollte Plattner als Chef einer der innovativsten und erfolgreichsten Softwarefimen der Welt darauf hinweisen, daß in Europa Geldverdienen und Technik mit anderen Werten konkurrieren müssen.

Chancen und Risiken im Internet-Geschäft

Bei aller Kritik an der zögerlichen Akzeptanz neuer Techniken durch Europäer sehen die IT-Größen jedoch positive Trends wie die Deregulierung der Telecom-Gesellschaften und die Einführung des Euro.

Einig waren sich die Wirtschaftsführer über die Gründe für die Dominanz der Anbieter aus den USA, wo es spätestens seit der Mondlandung und der Entwicklung der Halbleitertechnik eine positive Grundstimmung gegenüber den Möglichkeiten der Technik gebe. Außerdem verfügen die Vereinigten Staaten über einen riesigen Binnenmarkt und eine risikobereite Finanzwirtschaft, die High-Tech-Firmen Geld leiht. Kein Wunder, daß der durch PC-Direktverkauf reich gewordene Industrielle Dell bekennt, froh zu sein, in Amerika geboren zu sein: "Überall anders wäre es schwer gewesen, soviel geschäftlichen Erfolg zu haben."

Ebenfalls an die Adresse der Europäer gerichtet war die "dringende Nachricht" von Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer, rasch auf die Internet-Techniken einzusteigen, um nicht wieder den Anschluß zu verlieren. Als einige Hersteller das damit möglich werdende virtuelle Unternehmen propagierten, goß allerdings der für seine spitze Zunge bekannte Sun-Chef Scott McNealy Wasser in den Wein:"Ich befürchte, virtuelle Unternehmen erzielen auch nur virtuelle Gewinne."

Von der Gefährlichkeit des Internet-Geschäfts berichtet auch Jeff Bezos, Chef der Web-Buchhandlung Amazon.com: "Internet-Aktien sind für Kleinanleger oder für kurzfristige Spekulationen nicht zu empfehlen. In unserem Geschäft gehen die Kurse schon mal an einem Tag 20 Prozent rauf oder runter."

Bill Gates nützte den Wirtschaftsgipfel für die Mitteilung, daß sein Unternehmen trotz aller juristischen Anfechtungen weiterhin den Ansatz verfolge, möglichst viele Funktionen in die eigenen Produkte zu integrieren. Es könne nicht angehen, daß sich der Staat hier mit Monopolismus-Vorwürfen einmische.

Unerwartete Schützenhilfe bekam Gates dabei von Sun-Chef McNealy, der davor warnte, Microsoft wie einst den Telefon-Monopolisten Bell in "Baby Bills" aufzuspalten. Sein Argument: "Es könnte ausgehen wie in einigen Horrorfilmen, bei denen aus jedem Teil des ermordeten Monsters ein neues erwächst."