McKinsey und Hackett Group

IT-Abteilung muss sich neu erfinden

01.05.2014
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
IT-Verantwortliche halten das IT-Management für ausbaufähig. Es gibt Produktivitäts- und Effizienzlücken. Und die Unterstützung fürs Business wird schlechter.
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Schnelllebigkeit ist vermutlich das kennzeichnendste Merkmal überhaupt für die IT. Gerade ihr permanenter Wandel macht sie spannend und attraktiv. Dennoch klingt es unheilvoll, wenn die Strategieberater von The Hackett Group feststellen: "Der Zwang für IT-Abteilungen, sich neu zu erfinden, ist so groß wie nie zuvor."

Die Hackett Group hat ebenso wie McKinsey eine aktuelle Studie präsentiert - und die beiden unabhängig voneinander in den USA erstellten Untersuchungen gleichen sich teilweise frappierend in ihrem Befund. Demnach steht die IT mächtig unter Druck.

Unsere amerikanische Schwesterpublikation Computerworld.com fasst die beiden Diagnosen so zusammen: Die Unzufriedenheit mit der IT wächst, weil vom Business mehr verlangt wird, als die IT derzeit zu leisten im Stande ist.

Die IT soll sich radikal erneuern

Mehr Analyse, weniger Infrastruktur: McKinsey prognostiziert, wie sich die IT-Budgets in den kommenden drei Jahren verändern.
Mehr Analyse, weniger Infrastruktur: McKinsey prognostiziert, wie sich die IT-Budgets in den kommenden drei Jahren verändern.
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Es stimmt schon, dass man derlei immer wieder hört und gehört hat - in der Gegenwart wie in der Vergangenheit. Und Oswald Spengler sinnierte ja schon 1918 über den Untergang des Abendlandes, das immer noch steht. Dennoch sind die beiden Studien alles andere als alter Wein in neuen Schläuchen. Ihr gemeinsamer Tenor lautet: Weil die IT immer wichtiger wird, wachsen auch die Ansprüche an sie. Und da sie diese allzu oft nicht mehr erfüllt, muss sie sich radikal erneuern - beispielsweise durch ein deutlich besseres Talent Management.

Obwohl man die beiden Studien sehr gut zusammen lesen kann, unterscheiden sie sich selbstverständlich in fundamentalen Punkten. Die Hackett Group geht prinzipiell von den aktuell vorherrschenden strategischen Prioritäten der Business-Seite aus, aus denen sich Veränderungsdruck für alle Abteilungen ableiten lässt. Die IT steht demnach wegen ihrer mittlerweile enormen Bedeutung besonders unter Druck.

Auf Innovation basierendes Wachstum unterstützen

Sie müsse sich dahingehend neu aufstellen, nachhaltiges, auf Innovation gegründetes Wachstum zu unterstützen, so die Autoren Erik Dorr, Scott Holland und Nathanael Novosel. Das Berater-Trio befragte 160 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von jeweils über einer Milliarde US-Dollar.

IT-Manager beurteilen sich schlechter

McKinsey stützt seine Erkenntnisse auf eine Umfrage unter mehr als 800 Führungskräften, von denen 345 für IT verantwortlich sind. Gehört wurden also sowohl die Business- als auch die IT-Seite, und zwar bereits das dritte Jahr in Folge. Besonders bemerkenswert ist am McKinsey-Befund, dass die IT-Manager der IT ein noch schlechteres Zeugnis ausstellen als ihre Manager-Kollegen aus dem Business-Segment. Und der Vergleich mit den Vorjahren zeigt, dass die momentanen Kassandra-Rufe wohl doch ernst genommen werden sollten.

Konkret beschreiben beispielsweise nur 13 Prozent der IT-Verantwortlichen ihre Abteilungen als völlig oder sehr effektiv in der schnellen und wirksamen Einführung neuer Technologien, gemessen am Vergleich mit konkurrierenden Firmen. Im Vorjahr waren es noch 22 Prozent. Von 49 auf 42 Prozent sank der Anteil der IT-Manager, die das Management ihrer IT-Infrastruktur als effektiv bezeichnen.

Unterstützung durch IT schwindet

Besonders alarmierend erscheint in der McKinsey-Studie jener Umfrage-Teil, der die Unterstützungsleistung der IT für die Erreichung von Business-Zielen ins Visier nimmt. Kurz und knapp ist diese in sämtlichen Gebieten im Vergleich zu den beiden vorangegangenen beiden Jahren schlechter geworden. So sagen nur noch 37 Prozent, dass die IT bei der Eroberung neuer Märkte hilft - in den Vorjahren waren es jeweils 57 Prozent.

Um mehr als zehn Prozentpunkte gefallen ist auch der Anteil der Befragten, die der IT einen positiven Effekt auf die Entwicklung neuer Produkte zuschreiben. Sogar beim Teilen von Wissen - ein großes Thema der CeBIT 2013, wie man sich erinnert - gab es zuletzt laut McKinsey-Umfrage Rückschritte statt Fortschritte.

Wachstum nicht mehr zwangsläufig

Der IT gelingt es demnach gerade dort nicht, sich unentbehrlich zu machen, wo sie es müsste. Wo und wie, beschreibt die Hackett-Studie sehr klar. Demnach wird von Business-Seite nachhaltige Innovation erwartet. Dies aber unter der neuen Prämisse, dass die Wachstumsraten nicht mehr zwangsläufig steigen müssen.

Es genüge, das bereits erreichte Wachstumsniveau zu halten und wettbewerbsfähig zu bleiben. "Diese veränderte Perspektive auf den Innovationszweck stellt einen Bruch mit der Vergangenheit dar, der entsprechende Veränderungen in jeder einzelnen Business-Service-Abteilung erfordert - eingeschlossen die IT", heißt es in der Hackett-Studie.

In der Zusammenschau mit McKinsey wird klar, wohin die Reise hingehen muss. McKinsey prognostiziert, dass der Anteil der Infrastruktur an den IT-Budgets in den kommenden drei Jahren von 27 auf 19 Prozent fallen werde. Gleichzeitig steige der Innovationsanteil von 11 auf 17 Prozent, der Analyse-Anteil von 11 auf 15 Prozent.