Meinung

Ist die Branche bereit, den IoT-Hype in die Realität umzusetzen?

04.08.2016
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Hans Göttlinger ist Country Head Deutschland bei Tata Communications. Göttlinger leitet das Enterprise -Team in den Märkten Deutschland, Österreich und Schweiz. Mit über 15 Jahren Erfahrung in der Telekommunikationsindustrie ist er für Strategie, Struktur und Organisation des Teams in der Region verantwortlich, u.a. für die Koordination des Marketings und den Ausbau des Unternehmens im Bereich Großkunden.
Ganz gleich, welche aktuelle Marktstudie man derzeit heranzieht, überall wird das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) gefeiert. Nach viel Hype gibt es tatsächlich immer mehr Geräte, die internetfähig sind und eine Reihe smarter Anwendungen. Sind die verwendeten Technologien wirklich ausgereift?
Mit IoT werden die Netze immer komplexer - eine Herausforderung, die noch bewältigt werden muss.
Mit IoT werden die Netze immer komplexer - eine Herausforderung, die noch bewältigt werden muss.
Foto: chombosan - shutterstock.com

Die Analysten von Gartner schätzen, dass bereits in diesem Jahr weltweit 6,4 Milliarden vernetzte Geräte in Benutzung sind (das sind 30 Prozent mehr als 2015), 2020 sollen es bis zu 21 Milliarden sein. Das bedeutet, dass in diesem Jahr täglich 5,5 Millionen neue Geräte ans Netz gehen. Diese enormen Zahlen zeigen, dass das Internet der Dinge in seinen unterschiedlichen Ausprägungen alle Lebensbereiche durchdringen wird.

Komplexe Kommunikationstechnologien sind unabdingbar

Man braucht nicht extra erwähnen, dass wir mit der Realisierung des IoT, auch was die Netzwerktechnologie angeht, eine neue Ära betreten. Während die vernetzte Zukunft äußerlich Form annimmt, müssen wir auf der Technologieebene die Herausforderungen hochleistungsfähiger und komplexer Netzwerke noch angehen. Die Grundvoraussetzung für das Internet der Dinge ist die Fähigkeit zur Überwachung und Kontrolle aller internetfähigen Geräte, die nicht Teil eines traditionellen geschlossenen Netzwerks sind.

Das größte Hindernis jedoch ist, dass es keine branchenübergreifende Initiative gibt, um die IoT-Anwendungen und Schnittstellen für einen einheitlichen Zugang zu standardisieren. Außerdem vertraut man übermäßig darauf, dass die Nutzer ihre IoT-Applikationen selbst organisieren. Im Moment ist das Smartphone noch die wesentliche Schnittstelle zu den IoT-Anwendungen. Wie aber sollen die Nutzer der Zukunft mit den IoT-Daten umgehen, wenn sie Zugang zu hunderten verschiedenen Anwendungen aus den Bereichen Fitness, Auto, Gesundheit, Energieverbrauch, Haussicherheit, Bewässerung und automatisiertes Einkaufen haben werden? Und zwar neben den geschäftlichen Anwendungen, die sie im Berufsalltag nutzen – das bedeutet sehr viel Arbeit für einen durchschnittlichen Smartphone-Nutzer.

Problemfall Interoperabilität

Im Moment mögen die Datensätze noch nicht riesig sein, aber es gibt schon sehr komplexe Anwendungen, wie beispielsweise im Smart Home, wo Temperatursensoren mit dem Kühlschrank verbunden sein müssen, um den Energieverbrauch zu kontrollieren. Solche IoT-Ökosysteme benötigen hoch komplexe Kommunikations- und Managementsysteme für ein reibungsloses Zusammenspiel und die Erfüllung der Nutzer-Erwartungen.

Die Analysten von Frost & Sullivan haben in verschiedenen Studien zum Internet der Dinge deutlich gemacht, dass die mangelhafte Interoperabilität zwischen den Dingen das größte Hindernis bei der breiten Realisierung des IoT ist. Und Initiativen wie die Open Automotive Alliance, die sich für die Entwicklung von Standards für die Android-Plattform einsetzt, damit die Kommunikation zwischen Mobilfunkgeräten und Autos reibungslos funktioniert, adressieren nur einen Teil des Puzzlespiels. Das ist im Grunde eher ein Business-Thema als ein technisches Problem, wie McKinsey betont: So soll die Interoperabilität des Wertschöpfungspotenzials von IoT-Applikationen 40 Prozent ausmachen. Ohne ein reibungsloses Zusammenspiel laufen IoT-Geräte demnach Gefahr, nur technische Spielereien zu sein.