Managed Objects als Hard- und Softwareeinrichtungen

ISO schaffte neue Facetten für ein offenes Netzmanagement

26.10.1990

Zur Harmonisierung der Bereiche Systemmanagement und Netzwerkkomponenten wurden von ISO-Normierern mit Managed Objects (MO) und Structure of Management Information (SMI) zwei neue Oberbegriffe geschaffen. In Teil 2 des folgenden Artikels beschreibt Wolfgang Gäßlein die systemseitige Basis für die seit 1989 umstrukturierte OSI-Netzkoordinierung.

Ein wichtiger Meilenstein in Richtung OSI-Management war das SC21-Meeting in Florenz November 1989, wo mehrere Teile des Systemmanagements den Status Draft Proposal (DP) erhielten und zum Abstimmungsprozeß unter den Mitgliedern von SC21 (diverse nationale Standardisierungsorganisationen) freigegeben wurden. Der Abstimmungsprozeß sollte noch im laufenden Jahr abgeschlossen sein, wodurch der Status Draft International Standard (DIS), welcher als technisch bereits sehr stabil gilt, erreicht wäre. Die Tabelle zeigt eine Übersicht des gegenwärtigen Standes der Standardisierungsaktivitäten sowie der geplanten Termine.

Das Systems Management Overview bildet das Rahmenwerk für das Systemmanagement. Danach ist die Modellierung des Systemmanagements unter folgenden Aspekten zu sehen:

- Informationsmodell: Beschreibungen der Managed Objects, ihrer Strukturen und Verhaltensweisen (hieraus resultieren die Anforderungen an die Netzwerkkomponenten)

- funktionelle Aspekte: Beschreibungen der funktionalen Anforderungen an das NM einschließlich dazu erforderlicher Informationen und Abläufe (dies ist die Grundlage für die Definition der verschiedenen Systemmanagement-Funktionen)

- Austausch von NM-Information: die möglichen Rollenverteilungen der Kommunikationspartner (Manager, Agent) und die Protokolle auf Basis CMIS/CMIP (Common Management Information Service/Protocol), TP (Transaction Processing) oder FTAM (File Transfer, Access and Management)

- Organisationsmodell: Strukturierung des Netzwerks aus Sicht des NM in sogenannte Management Domains (dieser Komplex wurde bisher von WG4 noch wenig beleuchtet).

Die benutzerspezifischen Anforderungen an das Systemmanagement werden entsprechend dem Management Framework in fünf funktionale Bereiche die sogenannten Specific Management Functional Areas (SMFAs) Accounting Management (AM),. Configuration Management (CM), Fault Management (FM), Performance Management (PM) und Security Management (SM) eingeteilt. Zu den einzelnen SMFAs entstehen Rahmendokumente, in denen die grundlegenden Aufgaben Prinzipien und Methoden beschrieben sind. Auf dieser Basis werden die konkreten (Sub-) Standards betreffend der Funktionen des Systemmanagements ausgearbeitet. WG4 hat bisher elf solcher Funktionen definiert:

- Alarm Reporting Function früher Error Reporting and Information Retrieval Function), zum Melden von Alarmen und Fehlern, wobei die Struktur und Semantik der Alarminformationen im Vordergrund steht (unter anderem Definition diverser Alarmtypen, Alarmprioritäten)

- Confidence and Diagnostic Testing Function, ein Dienst zum Ausführen von Funktions- und Fehlerdiagnosetests auf einem Managed Object

- Event Report Management Function (früher Management Service Control Function), ein allgemeiner Dienst zum Erzeugen und Konfigurieren von Ereignisreports

- Log Control Function, mit allgemeinen Protokollierungsfunktionen

- Measurement Summarization Function, mit allgemeinen Prinzipien und Verfahren für die Summierung von Meßwerten eines oder mehrerer Managed Objects (zum Beispiel für statistische Auswertungen)

- Object Management Function, ein allgemeiner Dienst zum Erzeugen, Bearbeiten und Löschen von Managed Objects sowie Melden von Ereignissen

- Relationship Management Function, mit Definitionen allgemeiner Typen von Beziehungen zwischen Managed Objects und einem Meldedienst von Beziehungsänderungen

- Security Alarm Reporting Function

- Security Audit Trail Function, ein Dienst zum SM

- State Management Function, zum Verwalten von NM-spezifischen Stati von Managed Objects

- Workload Monitoring Function, mit Definitionen und Verfahren zum Messen der Verfügbarkeit des Netzes aus Benutzersicht (erfolgreiche/zurückgewiesene Serviceanforderungen) und der benutzerspezifischen Belegung von Netzwerkressourcen.

Es ist zu erwarten, daß diese Liste einige Erweiterung erfahren wird. So ist der Bereich AM bis jetzt völlig ausgespart, andere SMFAs, etwa FM und PM, sind noch intensiv in Bearbeitung.

Die einzelnen Systemmanagement-Funktionen sind allerdings nicht explizit den SMFAs zugeordnet. Als Gründe, warum die bisherige, durchgehende Einteilung etwas in den Hintergrund getreten ist, sind zu sehen: Zwischen den funktionalen Bereichen bestehen starke Abhängigkeiten, ein Aspekt, auf den WG4 wiederholt hinweist. Beispiele:

Zum PM gehören Tuningmaßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines Netzwerks. Sie sind das Ergebnis von Performance Monitoring und Analyse (Anmerkung: letzteres ist nicht Teil der OSI-Standardisierung) und beinhalten in der Regel gewisse Konfigurationsänderungen, für welche das CM zuständig ist.

Reduzierungen der Netzwerk-Performance können auf Fehlerzuständen in Netzwerkkomponenten beruhen (zum Beispiel erhöhte Retransmissionsrate von Datenpaketen durch sporadische Fehler in einem Kommunikations-Controller). Solche Zustände sind sowohl für PM als auch für FM relevant. Die für PM zuständige Gruppe in WG4 (PM Rapporteurs's Group) hat eine Reihe von gemeinsamen Funktionen dieser beiden Bereiche identifiziert.

"Pass-Through"-Service ermöglicht NM-Funktionen

Es lassen sich eine Reihe von Abläufen finden, die in gleicher oder analoger Form in mehreren Bereichen auftreten WG4 hat deshalb Basisdienste definiert, welche in entsprechender Verallgemeinerung Anforderungen aus verschiedenen Bereichen abdecken. Beispiele hierfür sind die Log Control Function und die Event Report Management Function und Event Report Management Function.

Eine besondere Rolle spielen die "Pass-Through"-Services der Object Management Function. Es handelt sich dabei um eine Abbildung von DMIS, was bedeutet, daß prinzipiell alle transaktionsorientierten NM-Funktionen möglich sind, von generischen Operationen auf Managed Objects bis zum Melden von Ereignissen. Es gilt die Konvention, daß in einer Systemmanagement-Funktion defaultmäßig ein "Pass-Through"-Service anzuwenden ist, wenn kein spezieller eigener Dienst definiert ist.

Die zwischen ISO und CCITT vereinbarte enge Zusammenarbeit beim Systemmanagement hat formale wie inhaltliche Auswirkungen gezeigt. Hier wäre ein einheitliches Dokumentenformat ("joint ISO/CCITT style") zu nennen oder einige TK-Spezifika in den ISO-Papieren, wie zum Beispiel in der Alarm Reporting Function als möglicher Fehlerzustand "Loss of Signal" (ein Fehlerzustand welcher aus der Übertragungstechnik bekannt ist und Signalausfall auf einer Übertragungsleitung bedeutet). Die CCITT beabsichtigt, in ihrem neuen Standard X.700 das Systemmanagement nahezu unverändert von ISO zu übernehmen (die entsprechenden CCITT-Empfehlungen siehe Tabelle).

Obwohl SMI im System Management Overview als ein Teil des Systemmanagements bezeichnet ist, stellt SMI mehr einen eigenständigen Standard dar, welcher schon formal durch Namensgebung und eine eigene ISO-Nummer ("Open Systems Interconnection - Structure of Management Information", 10165) vom Systemmanagement ("Open Systems Interconnection - Systems Management, 10164) unterschieden ist. Die SMI-Standards:

- Management Information Model (SMI Teil 1)

- Definition of Management Information (SMI Teil 2, eine Zusammenfassung der früheren Teile 2 und 3, Definition of Support Objects und Definition of Support Attributes)

- Guidelines for the Definition of Managed Objects (SMI Teil 4) enthalten Festlegungen zu:

- Richtlinien für die Modellierung von Managed Objects (hier kommen objektorientierte Modellierungstechniken und die ASN.1-Notation zur Anwendung)

- Basistypen von Managed Objects (sogenannte Managed Object Classes), deren Verhaltungsweisen und Beziehungen untereinander

- allgemein verwendbaren Attributen und Attributtypen für Managed Objects wie zum Beispiel Zähler, Pegel, Schwellwerte oder Identifikatoren SMI definiert Wertetypen und -bereiche, die möglichen Operationen auf den Attributen und ihre funktionalen Abhängigkeiten.

- Support Managed Objects, welche dem NM selbst zur Steuerung seiner Funktionen dienen (Ereignisreports etwa werden durch sogenannte Event Forwarding Discriminators spezifiziert und abgewickelt).

SMI ist das Bindeglied zu den Standardisierungen der Netzwerkkomponenten und ihren Kommunikationsfunktionen, mit denen eine ganze Reihe von Arbeitsgruppen in ISO und CCITT beschäftigt sind, etwa unter den ISO-Subkomitees SC6 (LANs, OSI-Schichten 3 und 4) und SC21 (OSI-Schichten 5 und 6) oder der CCITT-Studienkommission SG XV (Übertragungssysteme). Die Arbeitsgruppen sind gehalten, die NM-relevanten Funktionalitäten gemäß SMI zu modellieren.

Für MO-Definitionen sollen, wenn immer anwendbar die MO-Basistypen und Attributtypen von SMI genommen werden. Umgekehrt gilt, daß Definitionen, welche von allgemeinem Interesse sein könnten, in SMI einzubringen sind. Als zentrale Referenz soll, unter der Bezeichung CMO (Classification of Managed Objects) ein Verzeichnis der Basistypen zur Verfügung stehen.

Mit SMI werden die Ziele verfolgt, die entstehenden OSI-basierenden Standards konvergent zum OSI-Management zu halten, die Konsistenz der MO-Definitionen zu gewährleisten und die Redundanz der Standardisierungsarbeiten zu verringern.

SMI ist Rahmenwerk und Fundgrube für die NM-spezifische Modellierung von offenen Systemen nach dem OSI-Standard, aber auch für die Entwicklung von OSI-Management-konformen Netz-Komponenten.

-Wolfgang Gäßlein ist Consultant im Bereich Telecom bei der SCS Informationstechnik GmbH in München