Das kaufmännische Gewissen des Informationsmanagers

IS-Controller müssen ergebnisorientiert und innovativ vorgehen

15.12.1989

Erst ein konsequentes Controlling führt zu denkbaren Alternativen: Innovative EDV muß sich letzten Endes auch rechnen lassen können. Mit dem Informationsmanagement effizient am selben Strang zu ziehen, gehört zu jenen prekären Aufgaben des Informations(IS)-Controllings, über die sich Zbynek Sokolovsky, Abteilungsdirektor bei der Dresdner Bank AG in Frankfurt, und Wolf-Dietrich Lorenz unterhielten.

CW: Wie definieren Sie die Aufgabenbereiche des Informationssysteme (IS)-Controlling?

Sokolovsky: Die Aufgabe des IS-Controlling geht von komplexen Voraussetzungen aus: Es hat ergebnisorientierte Entscheidungs- und Handlungsprozesse auf der Basis unternehmensinterner und -externer Informationen sicherzustellen, damit Informationssysteme sowie die gesamte Informationsverarbeitungs-Infrastruktur eines Unternehmens effektiv entwickelt und genutzt werden können.

CW: Wo setzt dabei das Informationssystem-Controlling den Hebel an?

Sokolovsky: Das IS-Controlling ist auf vier Dimensionen ausgerichtet. Die erste erfaßt die Prozesse. Alle Aktivitäten beziehen sich dabei auf die Zielerreichung sowohl beim Softwareprodukt selbst als auch auf dessen Entwicklung und Nutzung. Die zweite Dimension erfaßt den Lebenszyklus. Es geht nicht nur allein darum, das Softwareprodukt in der Entwicklungsphase zu überwachen, sondern auch in der Nutzungsphase. So lassen sich beispielsweise auch die Wartungsprozesse kostenorientiert steuern.

Die dritte Dimension des Informationssysteme-Controlling weist über die operative Ebene hinaus auch auf die steuernde und strategische. Als vierte Dimension bestimmt die Gesamtschau das IS-Controlling und orientiert es am Controlling des gesamten Unternehmens.

CW: Drei zu eins für den Aspekt "Kostenreduktion" Wachstumschancen verbinden sich aber mit "Innovation". Wo bringen Sie dieses Thema unter?

Sokolovsky: Erst ein konsequentes Controlling lenkt die Handlungsprozesse auf denkbare Alternativen. Neue Einsatzmöglichkeiten der Informationstechnik, innovative Lösungsansätze und kreatives Vorgehen müssen die Ergebnisse sein.

Zum besseren Verständnis: Ergebnisorientierte Entscheidungs- und Handlungsprozesse im kaufmännischen Sinn bedeuten vor allem, sich unternehmensintern verstärkt den Aspekten "Kostenreduktion" und "Ertragssteigerung" bei entsprechenden Investitionen zu widmen.

Kostenreduktion ist demnach eines der wichtigsten Anliegen des IS-Controlling. Neben der Effizienz muß natürlich die Effektivität aller Handlungen im Mittelpunkt stehen. Unternehmensextern geht es gleichzeitig darum, den Blick auf den Kunden zu verstärken. Das Ziel dabei ist, den Nutzen des Kunden zu erhöhen. So verstanden sind Kostenreduktion und Innovation kein Widerspruch, sondern sich ergänzende, ja bedingende Prozesse...

CW: ... die sicherlich nicht ohne deutliche Konsequenzen für die Entwicklung der Informationstechnik bleiben?

Sokolovsky: So wie heutige Büros ohne Informationstechnik undenkbar sind, läßt sich auch das Informationsmanagement ohne Controlling-Prozesse nicht praktizieren. Das Informations-Controlling stellt aus gesamtunternehmerischer Sicht die Fragen nach dem ökonomischen Sinn einer Informationverarbeitungs-Investition. Eine mögliche Konsequenz kann also einerseits eine raschere Durchdringung mit Informationsverarbeitung in einem Unternehmen sein.

Andererseits kann sie auch verdeutlichen, daß Effizienz und Effektivität zunächst - unabhängig von der IV-Technik - das Ergebnis gut ausgebildeter Mitarbeiter, eines kooperativen Führungsstils und optimaler Organisationsstrukturen und -prozesse eines Unternehmens sind.

CW: IS-Controller und Informationsmanagement des Unternehmens ziehen also nicht immer am selben Strang?

Sokolovsky: Wie schon die strukturelle Anbindung der Informationssysteme-Controllingfunktionen bei den meisten bundesdeutschen Anwendern signalisiert, ist die fachliche Nähe zwischen Controller und Informationsmanager höher als vielleicht in anderen Geschäftssegmenten.

Normalerweise sind Controllingfunktionen direkt in der Informatikabteilung angesiedelt. Demnach ist der IS-Controller in aller Regel auch für Entscheidungsvorbereitungen, Wirtschaftlichkeitsanalysen, Planungs- und Kontrollprozesse sowie für die Überprüfung von Zielerreichungsgraden der Informatikabteilung zuständig. Insofern ziehen IS-Controller und das Informationsmanagement am selben Strang.

Gleichzeitig ist jedoch der IS-Controller das "kaufmännische Gewissen" des Informationsmanagers. Somit ist eine Aufgabenteilung sowie eine eindeutige Aufgabenverteilung vor allem bei Kontrollprozessen erforderlich. Der IS-Controller steuert und ist mitverantwortlich daß - wenn Sie so wollen - effizient am selben Strang in die geplante Richtung gezogen wird.

CW: Ergebnisorientiert und gleichzeitig innovativ zu denken, ist ein heikler Balanceakt. Welches Rüstzeug muß man für diese Gratwanderung heute und morgen mitbringen?

Sokolovsky: Bereits heute sollte der Informationssysteme-Controller unter anderem breite und aktuelle Kenntnisse und Erfahrungen aus Informationsverarbeitung und Controlling besitzen. Künftig nehmen diese Anforderungen noch zu. Ein Informationssysteme-Controller wird neue Informationstechniken nämlich detailliert kennen müssen, um beurteilen zu können, ob sie in Informationssysteme des Unternehmens integrierbar sind.

Weiter wird er Hard- und Systemsoftwarekenntnisse besitzen und eine fundierte Marktübersicht haben müssen. Über informationstechnisches Wissen hinaus braucht er zudem allgemeine Kenntnisse aus Bereichen wie Finanzwirtschaft, Kostenrechnung oder Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung sowie Planungs- und Budgetierungsverfahren. Auch Modelle der Mitarbeiterführung, Aufbau- und Ablauforganisation sowie die Moderations-, Darstellungs- und Präsentationstechniken sollten ihm geläufig sein.

Gute Voraussetzungen für den Beruf des Informationssysteme-Controllers sind aus heutiger Sicht ein betriebswirtschaftliches Studium mit Schwerpunkten in Wirtschaftsinformatik und Controlling. Darüber hinaus sollten während des Studiums möglichst umfassende praktische Erfahrungen in Informationsverarbeitungs- und Controllingabteilungen gesammelt werden.

EDV auf Heller und Pfennig

Kosten zu reduzieren, ist für den Informationssysteme-Controller selbstverständliche Aufgabe. Dies darf neue Einsatzmöglichkeiten der Informationstechnik, innovative Lösungsansätze und kreatives Vorgehen indes nicht beschneiden.

Welche Maßnahmen EDV-Kostenverantwortliche für gelungene Synthesen praktizieren, erörtern sie auf dem "CSE-Anwender-Forum für Informationssysteme-Controlling" am 14. und 15. Februar 1990 in München. Eine Erfahrung lautet: Nur mit der EDV-Betrachtung auf Heller und Pfennig ist Innovation möglich.

Abteilungsdirektor Zbynek Sokolovsky, stellt mit dem Thema: "Produkt-Controlling in der Informationsverarbeitung" die Weiterentwicklung des IS-Controllings der Dresdner Bank innerhalb des vergangen Jahres vor.

Informationen: CSE, Conferences, Seminars, Education, IDG Communications Verlag AG, Rheinstraße 28, 8000 München 40, Telefon 0 89/3 60 86-1 69.