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Iridium meldet Vergleich an

16.08.1999

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die globale Satellitentelefon-Gesellschaft Iridium hat bei einem US-Gericht im Bundesstaat Delaware einen „freiwilligen“ Vergleichsantrag gestellt. Unter Bezug auf das sogenannte Chapter 11 will sich der finanziell schwer angeschlagene Carrier vor seinen Gläubigern retten. Dieser Sonderfall des amerikanischen Rechtes sieht vor, daß die betroffene Firma unter Aufsicht des Gerichts einen Sanierungsplan ausarbeitet, um die endgültige Pleite abzuwenden. In dieser Zeit sollen die Geschäfte wie gewohnt weiterlaufen. Der Konkursrichter muß dem Plan allerdings erst zustimmen.

Seit mehreren Monaten verhandelt Iridium mit Gläubigern über die Lösung der finanziellen Probleme. Erst in der vergangenen Woche versäumte es der Carrier erneut, Bankkredite von mehr als 1,5 Milliarden Dollar zu bedienen (CW-Infonet berichtete). Darüber hinaus ließ das Unternehmen am Sonntag eine Frist zur Rückzahlung von 90 Millionen Dollar an Zinsen für ausstehende Anleihen tatenlos verstreichen. Dabei handelte es sich bereits um eine Gnadenfrist, denn der ursprüngliche Termin für die Zahlung war schon Mitte Juli.

Gewohnt positiv beurteilte Iridiums CEO John Richardson die strategische Entscheidung des Unternehmens: „Dieser Schritt ist der effizienteste Weg, die Reorganisation voranzutreiben“, so der seit kurzem amtierende Iridium-Chef. Er sei guten Mutes, daß die Firma gestärkt aus dem Prozeß hervorgehen würde. Noch vor einem Monat hatte Richardson getönt, ein Konkurs käme für Iridium nicht in Frage. Damals hatte Motorola, der größte Anteilseigner des Unternehmens, erstmals öffentich die Möglichkeit der Liquiditation - auch unter Chapter 11 - in Betracht gezogen.

Der US-Konzern Motorola hält 18 Prozent an der Satellitentelefon-Gesellschaft und betreibt ihr Funksystem, das 66 Satelliten umfaßt. Das Unternehmen sicherte Iridium nach dem Gang zum Konkursrichter weiterhin die volle Unterstützung zu. Zusätzliche Gelder sollen jedoch nur fließen, wenn sich auch andere Anteilseigner mit weiteren Mitteln beteiligen. Diese scheinen jedoch nicht so viel Vertrauen in die Mobilfunker zu haben. Wenige Stunden vor dem Schritt von Iridium beantragte eine Investorengruppe im Staat New York einen „unfreiwilligen“ Konkurs unter Chapter 11 für das Unternehmen, um die letzten Vermögenswerte zu schützen.

Iridium kann sich getrost zu den größten Kapitalvernichtern in der US-Börsengeschichte zählen. Nach der Konkurs-Ankündigung am Freitag stürzte der Kurs des Unternehmens um 1,19 Dollar auf knapp über drei Dollar - dies entspricht einem Minus von fast 28 Prozent. Darauf setzte die Börse den Handel mit den Papieren aus. Noch im Mai 1998, bevor das Unternehmen überhaupt Dienste anbot, belief sich der Wert des Iridium-Anteils auf rund 70 Dollar.