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Zensur und Repressalien

Iranischem "Blogfather" droht die Todesstrafe

23.09.2010
Von pte pte
Die iranische Regierung geht weiter mit ungebrochener Härte gegen die regimekritische Opposition im Internet vor. Einem Blogger soll die Todesstrafe drohen, aber er ist kein Einzelfall.

Für Aufregung sorgt derzeit insbesondere der Fall eines im November 2008 inhaftierten Online-Bloggers, der neben anderen Anklagepunkten beschuldigt wird, als israelischer Spion tätig gewesen zu sein. Wie das internationale Anti-Zensur-Netzwerk Global Voices unter Berufung auf vertrauenswürdige Quellen berichtet, droht Hossein Derakhshan, so der Name des mittlerweile im Web als Held gefeierten Angeklagten, nun sogar die Todesstrafe.

"Auch uns ist dieser Fall bekannt. Wir setzen uns bereits seit längerem für die Freilassung von Hossein Derakhshan ein", erklärt Anja Viohl, Pressereferentin von Reporter ohne Grenzen Deutschland (ROG), gegenüber pressetext. Die aktuellen Meldungen über ein Todesurteil könne die Organisation zumindest bislang noch nicht bestätigen. Neue Erkenntnisse und Informationen in diesem Fall sollen aber bald in einer Pressemitteilung veröffentlicht werden.

Der ROG-Referentin zufolge ist das tragische Schicksal des Bloggers bei weitem kein Einzelfall: "Hossein Derachschan ist einer von zahlreichen Medienschaffenden, die in der Islamischen Republik aufgrund ihrer Meinungsäußerungen inhaftiert worden sind." Aktuell seien mindestens 35 Journalisten und Blogger im Iran hinter Gittern.

"Die Haft hat beträchtliche Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit der Insassen. Viele von ihnen sind schwer krank, eine medizinische Behandlung bleibt ihnen verwehrt. Der Kontakt zu ihren Anwälten ist vielen Häftlingen untersagt, eine Einsicht in ihre Akten wird nicht erlaubt", schildert Viohl die Situation.

Hossein Derakhshan wurde vor allem dadurch bekannt, dass er eine Methode entwickelt und verbreitet hat, wie sich die persische Sprache durch die Verwendung von Unicode für das Blogging nutzen lässt. Aufgrund der hartnäckigen Verfolgung durch iranische Regierungskräfte musste der "Blogfather" im Jahr 2000 das Land fluchtartig verlassen und nach Kanada auswandern. Erst im Oktober 2008 konnte er wieder unbeschadet in sein Heimatland einreisen.

Schon knapp ein Monat nach seiner Rückkehr wurde Derakhshan von dem iranischen Regime ohne Vorwarnung inhaftiert. Als Haftgründe wurden unter anderem die Kollaboration mit Staatsfeinden, die Propagierung islamfeindlicher Inhalte und die Verletzung heiliger religiöser Grundsätze angegeben. Seitdem sitzt der Angeklagte ohne jeglichen Kontakt zu Freunden und Familie in einem Teheraner Gefängnis ein, in dem Global Voices zufolge Folter und Gewaltanwendung an der Tagesordnung stehen. (pte)