Studie erwartet nur moderates Wachstum

IP-Services sind nicht ausgereift

20.09.2002
MÜNCHEN (CW) - Der Markt für IP-Services wird den Ergebnissen einer neuen Studie zufolge nicht halten, was sich Anbieter und Marktforscher einst von ihm versprochen haben. Anwender meiden angesichts enttäuschender Sicherheits- und Qualitätsleistungen sowie teurer Dienste und Endgeräte die IP-basierten Services.

"Das Marktwachstum wird in den nächsten 24 Monaten nur moderat ausfallen", warnt Lars Finger, Managing Consultant bei Cap Gemini Ernst & Young. Das ist zumindest das Ergebnis einer Studie, die das Beratungshaus zusammen mit der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein erarbeitet hat. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass das derzeitige Umsatzvolumen mit IP-Services von 14,5 Milliarden Dollar auf 17,5 Milliarden Dollar im Jahr 2004 zulegen wird. Die Wachstumsrate per annum beträgt zehn Prozent. Das ist zu wenig, um als Hoffnungsträger für eine gebeutelte Branche zu gelten.

Vergangene Euphorie

Vor wenigen Jahren war die Euphorie noch groß: Im Jahr 2000 etwa hatten die US-amerikanischen Marktforscher von Synergy Research noch weltweite Wachstumsraten von jährlich annähernd 80 Prozent für Voice over IP prognostiziert. Frost & Sullivan erwartete im November 2000 allein für die IP-Telefonie eine Umsatzexplosion in der EMEA-Region (Europa, Nahost und Afrika), und zwar von 131,2 Millionen Dollar im Jahr 1999 auf 55 Milliarden Dollar im Jahr 2006.

Die spürbare Zurückhaltung der rund 50 europaweit befragten Anwender bei IP-gestützten Services wie Sprache, Voicemail, Virtual Private Networks (VPNs), Video, Unified Messaging, Storage und Hosting erklären die Autoren der Cap-Gemini-Studie hauptsächlich mit enttäuschten Erwartungen. So hätten es weder Hersteller noch Service Provider bislang verstanden, annehmbare Leistungsstandards für IP-Dienste zu etablieren. Insgesamt 30 der 50 angesprochenen Anwender sehen aufgrund von mangelnder Zuverlässigkeit und Qualität vom Einsatz der paketgestützten Kommunikation ab. Einer von den Autoren zitierten und von IDC erstellten Studie zufolge halten 93 Prozent der Anwender IP-VPNs für unsicher.

Zudem ist die IP-basierte Kommunikation teurer als erwartet. Der prognostizierte Preisverfall bei IP-Telefonen und -Nebenstellenanlagen hat sich nicht in dem erwarteten Maße eingestellt. Anwender müssen laut Cap-Gemini-Studie mit Amortisierungsraten von fünf Jahren rechnen. Außerdem machen sinkende Tarife in den klassischen Telefon- und Datentransfernetzen den derzeitigen Umstieg auf reine IP-gestützte Services uninteressant, zumal die Migration als aufwändig gilt.

Nutzung muss einfacher werden

"In der Vergangenheit wurde sehr technisch argumentiert, die Kundenwünsche blieben im Hintergrund", erläutert Finger. Folglich bezeichneten 60 Prozent der Manager die mangelnde Einfachheit bei der Nutzung und Handhabung der Geräte und Systeme als Hemmnis für IP-VPNs.

Trotz aller Kritik gilt nach Angaben der Autoren immer noch das Argument, dass die Konvergenz von Daten- und Sprachdiensten Synergie- und folglich auch Spareffekte bei der Administration schafft. Allerdings reichen heute Versprechungen allein nicht mehr aus, um die Anwender zu überzeugen, sie fordern nachweisbare Kostensenkungen verbunden mit Qualitätsgarantien. Sicherheit, komfortable Nutzung sowie eine einfache Migration sind ein Muss, wollen die Service-Provider den Markt nicht aufgeben. Die Anstrengungen um das Geschäft mit IP-Services lohnen sich für die Anbieter, denn laut Cap Gemini locken operative Margen (EBITDA-Margen) von bis zu 55 Prozent etwa bei Outsourcing-Services und konvergenten Diensten. Für Anwenderunternehmen lautet demnach die Botschaft dieser Studie: Preise hart verhandeln, die Anbieter haben noch Luft. (jha)

Abb: Kundenbedürfnis

In der Vergangenheit haben Service-Provider allzu oft technische Gründe für den Einsatz von IP-Services angeführt. Künftig müssen sie die Anforderungen der Endkunden mehr beachten. Quelle: Cap Gemini Ernst & Young / Dresdner Kleinwort Wasserstein