Hermes digitalisiert die Paketzustellung in Hamburg

IoT: Wenn der Starship-Roboter zweimal klingelt

08.08.2016
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Der Logistikdienstleister Hermes testet ab Ende August gemeinsam mit Starship die Paketzustellung per Roboter. In drei Hamburger Vororten sollen drei Roboter die Zustellung übernehmen.
Frank Rausch (CEO Hermes Germany GmbH, rechts im Bild) und Ahti Heinla (CEO Starship Technologies) bei der Vorstellung des Zustellroboters in Hamburg.
Frank Rausch (CEO Hermes Germany GmbH, rechts im Bild) und Ahti Heinla (CEO Starship Technologies) bei der Vorstellung des Zustellroboters in Hamburg.
Foto: Hermes

Während Amazon immer wieder öffentlichkeitswirksam über die Warenauslieferung per Drohnen schwärmt, scheint man es hierzulande bodenständiger zu liefern. Nach Media-Saturn in Düsseldorf, will nun auch Hermes in Hamburg die Auslieferung per Roboter testen. Wie der Retailer setzt auch der Logistikdienstleister auf die Lieferroboter des estländischen Herstellers Starship.

Roboter statt Amazon Drohne

Hermes startet seinen Pilotversuch nach eigenen Angaben Ende August. Er soll zunächst bis Ende 2016 dauern. Wie bei Media-Saturn will auch Hermes mit den Robotern eine on-demand-Zustellung ermöglichen, wobei die Lieferung innerhalb von 30 Minuten erfolgen soll. Von dem Piloten erhofft sich Frank Rausch, CEO bei Hermes, die Antwort auf Fragen wie, "Sind Roboter in der Paketzustellung realistisch einsatzbar? Wie müssen wir unsere Prozesse anpassen? Und vor allem: Wie reagieren die Kunden?". Konventionelle Zustelltouren oder gar Zusteller sollen die Roboter laut Hermes nicht ersetzen.

Straßen quert der Starship-Roboter erst nach Freigabe durch den Operator.
Straßen quert der Starship-Roboter erst nach Freigabe durch den Operator.
Foto: Metro Group

Während des zunächst viermonatigen Pilottests pendeln die Zustellroboter von Starship zwischen den teilnehmenden Hermes PaketShops und ausgewählten Testkunden. Transportiert werden reguläre Sendungen, die im sogenannten "WunschPaketShop-Service" von Hermes verschickt werden. Dabei handelt es sich um Pakete, die auf Wunsch des Kunden nicht nach Hause, sondern in einen PaketShop von Hermes geliefert und dort abgeholt werden. Testgebiet sind die Ortsteile Ottensen, Volksdorf sowie Grindel.

Wenn der Roboter zweimal SIMst

Regulär hinterlegt Hermes eine Sendung zehn Tage lang zur persönlichen Abholung im Shop. Hier kommen nun testweise die Starship-Roboter zum Einsatz: Anstatt eine Sendung nach Anlieferung im Shop persönlich dort abzuholen, können die Tester per Smartphone einen Roboter damit beauftragen, ihnen die Sendung nach Hause zu bringen. Die Lieferung per Roboter kann innerhalb von dreißig Minuten erfolgen, die Anlieferzeit bestimmt der Kunde, so heißt es bei Hermes. Hat das Fahrzeug sein Ziel erreicht, erhält der Empfänger eine SMS-Benachrichtigung und kann seine Sendung an der Haustür entgegennehmen. Das Öffnen des Transportfachs erfolgt über einen individuellen, verschlüsselten Öffnungslink. Wird eine gewaltsame Öffnung versucht, löst der Roboter umgehend Alarm aus und verständigt automatisch die Zentrale. Dank konstantem GPS-Signal und eigener Lokalisierungstechnologie lässt sich die Position des Fahrzeugs jederzeit bis auf einen Zoll genau zurückverfolgen.

Roboter ist ständig online

Die primäre Domäne des Lieferroboters Starship sind Fußwege und andere für Fußgänger vorgesehene Bereiche.
Die primäre Domäne des Lieferroboters Starship sind Fußwege und andere für Fußgänger vorgesehene Bereiche.
Foto: StarShip

Jeder Zustellroboter ist während des Betriebs dauerhaft online und mit einem Mitarbeiter von Starship verbunden. Dieser "Operator" überwacht die Fahrt des Roboters auf dem Fußweg und kann im Notfall jederzeit eingreifen. Bei den Tests in Hamburg ist zusätzlich eine weitere Person vor Ort, die den Roboter begleitet und für Fragen zur Verfügung steht. Das gilt insbesondere für die sogenannte "Mapping Phase", in der der Roboter seine Testumgebung kennenlernt und sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut macht. Erst nach Abschluss dieser Erkundungsfahrten ist ein autonomer Fahrbetrieb überhaupt möglich - und selbst dann bleibt das Fahrzeug stets mit der Zentrale verbunden.

Zudem fahren die Roboter laut Hersteller maximal Schrittgeschwindigkeit und verkehren ausnahmslos auf Fußwegen und anderen, für Fußgänger vorgesehenen Bereichen. Straßen und Radwege werden lediglich zum Kreuzen genutzt - und das nur nach Freigabe durch den Operator. Ampeln und Zebrastreifen soll das System über Kameras und Sensoren ebenso vollautomatisch erkennen wie plötzlich auftauchende Hindernisse, die zu einem sofortigen Stopp des Fahrzeugs führen.