Interview Wir haben einige Produkte unter Wert verkauft

26.05.1995

CW: Wann wird Sybase den SQL Server 11 herausbringen?

Epstein: Wir moechten bis Ende Juni dieses Jahres eine Betaversion ausliefern. Wenn wir unsere Qualitaetsziele erreichen, wird das System zum Ende des dritten Quartals verfuegbar sein. Wir haben bereits saemt-liche Komponenten gebaut und getestet, unsere selbstgesteckten Ziele werden erreicht. Jetzt integrieren wir die Komponenten nach und nach.

CW: Hat sich die Architektur veraendert?

Epstein: Sie ist im Prinzip dieselbe geblieben. Wir haben den Code genau analysiert und die Problembereiche eliminiert. Im wesentlichen geht es bei den Verbesserungen um die optimale Nutzung des Speicher-platzes von Multiprozessor-Systemen: Wie laesst sich die Geschwindig-keit des Logging-Prozesses optimieren?

CW: Haben die Modifikationen Einfluss darauf, wie die Menschen kuenftig Anwendungen im Umfeld des SQL Servers schreiben?

Epstein: Die Programme werden auch in Zukunft auf dieselbe Art geschrieben wie heute. Und Applikationen, die fuer den SQL Server 10 gestrickt wurden, laufen auch mit dem SQL Server 11.

CW: Wie erklaert sich das schwache erste Geschaeftsquartal von Sybase? Geht es jetzt permanent abwaerts, bis der SQL Server 11 da ist?

Epstein: Es gibt unserer Ansicht nach einen grossen Markt fuer unsere Produkte. Wir haben allerdings keinen besonders guten Job gemacht, als es darum ging, unsere Vertriebsmannschaft in Bereiche zu fuehren, in denen wir stark sind, und sie von anderen Maerkten wegzubringen, wo wir ein wenig hinterherhinken.

CW: Wie wollen Sie diesen Fehler korrigieren?

Epstein: Wir haben unsere Planungen fuer das laufende Geschaeftsjahr an den Wachstumsraten des besagten ersten Quartals orientiert. Unsere Erwartungen werden wir an dieser Quote ausrichten. Unsere Vertriebs-leute muessen dabei unterstuetzt werden, ihren Markt besser zu definie-ren. Leider haben wir einige unserer Produkte unter Wert verkauft. Beispielsweise sind unsere Watcom-Datenbank oder die Powersoft-Tools staerker gefragt, als es die Verkaufszahlen widerspiegeln.

CW: Was sind Ihre Prioritaeten im naechsten Jahr?

Epstein: Die Art und Weise, in der Unternehmen Informationen heraus-geben, wird sich radikal aendern. Kunden werden direkten Zugriff auf die Datenbanken ihrer Lieferanten haben. Dafuer wollen wir die Infra-struktur anbieten.

CW: Oracle zielt auf den High-end-Markt fuer verteilte Datenbanken. Sybase scheint hier Schwaechen zu zeigen. Sind Sie deswegen besorgt?

Epstein: Ich glaube, diesen Markt fuer verteilte Datenbanken gibt es gar nicht. Natuerlich benoetigt man Systeme, die Informationen teilen koennen. Andererseits muss die unabhaengige Bearbeitung und Verwaltung von Daten moeglich bleiben.

Jedes Datenbanksystem braucht deshalb Replikationsmechanismen und andere Eigenschaften, damit registriert werden kann, welche Informa-tionen hin- und hergehen. Die Frage ist: Wenn eine Datenbankkompo-nente versagen wuerde, koennte das System dann trotzdem weiter arbei-ten? Ist dies nicht der Fall, hat man es mit keiner sonderlich robusten Umgebung zu tun.

CW: Sie wuerden das nicht als verteiltes Datenbankmodell bezeichnen?

Epstein: Nein. Die Zukunft liegt in einer Mischform aus zentraler und verteilter Datenbank. Ich wuerde von einem "centributed system" sprechen. Das System erscheint gegenueber der Anwendung zentral, ist aber ueber diverse Server verteilt, um Skalierbarkeit zu ermoeglichen. Diese Entwicklung wird dem Trend gerecht, dass Unternehmen ihre DV-Probleme kuenftig vermehrt mit mehreren kleinen Hochleistungsmaschinen loesen werden.

CW: Wie wichtig ist die Replikation?

Epstein: Sie ist von entscheidender Bedeutung, denn sie ermoeglicht eine hohe Datenverfuegbarkeit. Wir verfolgen den Ansatz, die Repli- kation von der Datenbank zu trennen, weil dieses Verfahren das System entlastet. Wichtig ist unter anderem, dass Replikationsvorrichtungen nicht auf SQL-Datenbanken beschraenkt sind und dass sich die Korrekt-heit von Operationen verifizieren laesst.

John Dix und Barb Cole von der amerikanischen CW- Schwesterpublikation "Network World" sprachen mit Sybase- Mitbegruender und Executive Vice-President Bob Epstein.