Interview/"Herr Gerstner hat nur seinen Senf dazu gegeben"

23.02.1996

CW: Herr Pfeiffer, koennen Sie das Thema Internet-PC noch hoeren?

Pfeiffer: Das ist in der Tat ein Thema ohne Ende. Auf dem World Economic Forum in Davos hat das Thema Internet im allgemeinen und Internet-PC im besonderen eineinhalb von zwei Tagen in Anspruch genommen. Einfach, weil es so viele Meinungen dazu gibt.

CW: Bei der Diskussion um den Internet-PC kann man im Grunde zwei Positionen ausmachen: Die einen sagen, wir wollen noch mehr Leistung im PC, die anderen vertreten genau die gegenteilige Meinung.

Pfeiffer: Richtig. Beide Ansichten sind aber durchaus logisch. Vor allem muss man sich ueber die Tendenz Gedanken machen, in jeden Tisch-PC immer leistungsfaehigere Prozessoren zu integrieren und immer voluminoesere Betriebssysteme. Da macht die Ueberlegung, zu miniaturisieren, durchaus Sinn...

CW: ... ist aber auch mit Kompromissen bei dem zu erwartenden Produkt verbunden.

Pfeiffer: Natuerlich. Fuer 500 Dollar kann ich nicht beliebig viel Arbeitsspeicher verlangen, ich kann nicht allen erdenklichen Kommunikationskomfort erwarten. Ich kann auch nicht davon ausgehen, fuer 500 Dollar einen tollen Monitor zu bekommen. Die erste Frage ist zunaechst einmal, wo - vom Preis her gesehen - ein sinnvoller Einstiegspunkt ist.

CW: Die Probleme, die momentan im Zusammenhang mit dem Internet noch genannt werden, sehen Sie nicht als wesentliches Argument, das gegen die Entwicklung eines Internet-PCs spricht?

Pfeiffer: Nein. Natuerlich gibt es den Aerger mit unzureichenden Kommunikationsverbindungen. Aber vor die gleiche Situation sahen wir uns vor Jahren mit LANs auch gestellt. Und auch diese Schwierigkeiten wurden sukzessive abgebaut.

CW: Interessant an dem ganzen Wirbel um den Internet-PC ist ja auch, dass hier kein Beduerfnis von Anwendern vorzuliegen scheint, sondern dass der Wunsch nach einem abgespeckten PC von Herrn Gerstner, Herrn Ellison und Herrn McNealy in der Oeffentlichkeit lanciert wurde.

Pfeiffer: Herr Gerstner hat nur seinen Senf dazugegeben. Der hat das aber gar nicht so gemeint...

CW: ... trotzdem die Frage: Wem bringt ein Internet-PC eigentlich was, fuer wen ist er gedacht?

Pfeiffer: Ich nenne Ihnen zwei Adressaten, fuer die meiner Ansicht nach so ein System Sinn macht. Da gibt es zum einen die absoluten Novizen in Sachen Computertechnologie: Die hoeren zwar dauernd vom Internet und so weiter, wuerden auch sehr gerne mitreden bei diesem Thema - aber wenn hierzu erst einmal eine Eintrittskarte von 1500 bis 2000 Dollar geloest werden muss, fuer einen PC naemlich, dann ist das fuer diese Kaeuferschicht kein Thema mehr. Wenn aber eine psychologische Hemmschwelle wegfaellt - und eine 1000-Mark-Grenze koennte das sein -, dann ist so ein Internet-PC von Interesse. Benutzer von teuren PCs werden natuerlich nicht umsteigen.

CW: Die schaffen sich aber vielleicht zusaetzlich so einen Internet-Empfaenger an?

Pfeiffer: Das ist der zweite Adressat fuer solche Geraete, den ich nennen wollte. Der Heimanwender, der seinen voll ausgebauten PC eher als Server nutzt, der verschiedene Aufgaben uebernimmt: Electronic Banking, die Kontrolle diverser Hausgeraete vielleicht, die gesamte Kommunikation mit den Online-Diensten etc. All das laeuft in Zukunft in den Haushalten vielleicht auf einem Server. An den sind dann Internet-PCs angeschlossen, die nicht soviel Leistung bringen muessen. Man besitzt ja heute auch mehrere Fernseher.

CW: Sun will mit seinem Internet-Terminal genannten System zunaechst einmal nur Unternehmen ansprechen.

Pfeiffer: Das kann ich nachvollziehen. Ich habe mit vielen Managern namhafter Firmen gesprochen, die mir gesagt haben: Wenn wir analysieren, was auf 70 Prozent all der tollen PCs von Mitarbeitern passiert, dann geben wir hierfuer viel zuviel Geld aus. In vielen Faellen wuerde ein Computer mit Minimalausstattung voellig ausreichen.

CW: Compaq wird jedenfalls das Thema Internet und Internet-PC mit Engagement angehen?

Pfeiffer: Selbstverstaendlich. Wir arbeiten in verschiedenen Produktbereichen intensiv an diesem Thema, und wir werden eine Entscheidung treffen, fuer was fuer ein System wir eine Menge Geld lockermachen werden

Mit dem Compaq-CEO Eckhard Pfeiffer sprach CW-Redakteur Jan-Bernd Meyer.