Internet-Werbung in der Krise

12.11.2001
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wer heute ein neues Internet-Unternehmen gründet und dabei vor allem auf eine Refinanzierung durch Bannerwerbung setzt, wird von Venture-Capital-Gebern ausgelacht. Geld wird er keines erhalten. Dem 1999 noch erfolgreichen Business-Konzept räumt heute angesichts fallender Bannerpreise niemand mehr Erfolgschancen ein. So sank zum Beispiel beim Internet-Portal Yahoo der Preis pro 1000 Abrufe von 36 auf jetzt gerade noch fünf Dollar.

Die Online-Werbevermarkter stecken bereits seit vielen Monaten in der Krise: Fallende Aktienkurse der börsennotierten Player sowie sinkende Bannerpreise verdeutlichen dies. In diesem Jahr liegen die bisherigen Quartalsergebnisse im Online-Werbemarkt weit unter den Vorjahreswerten. Die Zeiten, in denen zwei bis dreistellige Zuwächse erzielt werden konnten, scheinen vorbei zu sein. Das Boom-Jahr 2000 wird von den meisten Werbevermarktern als absolute Ausnahme betrachtet. Damals gab es nach Ansicht von Bernd Roos, Director Communications beim Münchner Anbieter Arbomedia, eine außerordentliche Situation. „Im letzten Jahr wollten fast alle online werben“, meint er. „Kaum geraten die Internet-Firmen in die Krise, verlassen viele Werbekunden jedoch wieder das

Web.“ Während die einen ganz vom Markt verschwinden, reduzieren andere radikal ihre Marketing-Budgets. Des weiteren bleiben IPO’s als Kunden aus, die noch 1999 und 2000 sehr viel Geld in Werbung investiert hatten.

„Das rauschende Fest des vergangenen Jahres ist vorbei, der Alltag ist wieder zurückgekehrt“, merkt Martin Michel, Geschäftsführer IP Newmedia, kritisch an. Dennoch bleibt er für das Gesamtergebnis des Jahres zuversichtlich. Eine besondere Bedeutung räumt der Vermarkter dabei dem vierten Quartal ein. Ähnlich sieht das Adpeppers Pressesprecherin Claudia Kratel: „Nach einem umsatzschwachen ersten Halbjahr rechnen wir für das dritte und vierte Quartal mit einem langsamen, aber stetigen Wachstum, das im zweistelligen Prozentbereich liegt.“ Nicht ganz so optimistisch zeigt sich Stefan Rabe, Vorstand der Interactive Media aus Hamburg. Er erwartet erst für 2002 eine nachhaltige Erholung des Marktes.

„Auf das ganze Jahr gesehen halten wir die aktuelle Prognose von Prognos für realistisch, die von einer Gesamtwachstumsrate von rund 20 Prozent für dieses Jahr ausgeht“, meint der Marketing-Chef der Düsseldorfer OMS Online Marketing Service Michael Thimm. Das Basler Marktforschungsinstitut hat die Studie „Werbemarkt 2001“ vorgelegt, in der sie als Vergleichszahlen die eher konservativen Werte des Zentralverbands der deutschen Wirtschaft (ZAW) vom vergangenen Jahr heranzieht. Der Verband schätzte den gesamten Advertising-Umsatz für 2000 auf 153 Millionen Euro. Nach Prognos soll der Internet-Werbemarkt 2001sogar einen Umsatz von 185 Millionen Euro erzielen. Damit liegen die eigenen Zahlen aber weit niedriger als die 464 Millionen Euro, welche die Marktforscher selbst noch vor einem

Jahr für 2001 veranschlagt hatten. Angesichts solcher Perspektiven, könnten die Online-Vermarkter aber noch zufrieden sein: Die Print- und TV-Konkurrenz kann von derartigen Wachstumsraten nur träumen. 2002 soll sich das Online-Werbevolumen sogar auf 376 Millionen Euro verdoppeln.