Gutachten

Internet-Verband hält Netzsperren für rechtswidrig

16.03.2012
Internetsperren zur Ausschaltung illegaler Inhalte sind nach einem juristischen Gutachten des Verbands der Internetwirtschaft (eco) rechtwidrig.

Alle Sperransätze verfolgten "eine Selektion auf Grund technischer Parameter", welche die Auswertung eines vom Grundgesetz geschützten Kommunikationsvorgangs erforderlich mache, heißt es in dem Gutachten (PDF-Link), das am Freitag veröffentlicht wurde. "Internetsperren verstoßen gegen deutsches Recht", sagte eco-Geschäftsführer Harald Summa während einer Web-Konferenz mit Journalisten.

2009 hatte in der Großen Koalition die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) das "Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen" (Zugangserschwerungsgesetz) auf den Weg gebracht. Das Gesetz sollte den Zugang zu Webseiten in Deutschland erschweren, die Kinderpornografie enthalten. Das 2010 in Kraft getretene Gesetz wurde unter der schwarz-gelben Koalition im Bund de facto nicht angewendet und im Dezember 2011 wieder aufgehoben.

"Das Sperren ist eine Art Brachialmethode, um von den eigentlichen Problemen abzulenken", sagte eco-Geschäftsführer Summa. Da jede Sperre mit technischen Mitteln umgangen werden könne, müssten andere Wege beschritten werden, um illegale Inhalte im Netz auszuschalten. Die Arbeit von entsprechenden Meldestellen sei da im vergangenen Jahr sehr vielversprechend gewesen: "97 Prozent der in Deutschland gehosteten illegalen Inhalte konnten binnen einer Woche abgeschaltet werden." Auch bei rechtswidrigen Inhalten auf Servern im Ausland funktioniere das Netzwerk solcher Hotlines zunehmend besser.

Die Rechtsprechung der Gerichte habe sich in den vergangenen Jahren zunehmend gegen Netzsperren gewandt und dabei auf das Fernmeldegeheimnis in Artikel 10 des Grundgesetzes abgehoben, sagte der Kölner Fachanwalt Dieter Frey, Mitautor des Gutachtens. Zu dem inzwischen wieder außer Kraft gesetzten Zugangserschwerungsgesetz sagte Frey: "Wir müssen Frau von der Leyen dankbar sein, dass sie diesen Anstoß gegeben hat, weil wir endlich dazu gekommen sind, uns intensiv gesellschaftlich und rechtlich damit auseinanderzusetzen." (dpa/tc)