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Internet-Urteil: US-Gericht contra australische Rechtsprechung

16.12.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ein US-amerikanisches Berufungssgericht hat die Klage eines Gefängnisdirektors aus dem US-Bundesstaat Virginia abgewiesen. Stanley Young hatte sich von Artikeln, die auf den Websites der Zeitungen "Hartford Courant" und "New Haven Advocate" veröffentlicht wurden, beleidigt gefühlt. Gegen die Unterstellung, Young sei ein Rassist, wollte der Vollzugsbeamte in seinem Heimatstaat Virginia rechtlich vorgehen. Die beiden beklagten Zeitungen erscheinen aber im US-Bundesstaat Connecticut. Young argumentierte, die Online-Artikel habe man auch in Virginia lesen können. Dort kenne man ihn und deshalb sei seine Reputation durch die Unterstellungen auch in Virginia beschädigt worden. Die Gazetten hatten in mehreren Artikeln über die Verlegung Hunderter von Gefängnisinsassen aus dem US-Bundesstaat Connecticut nach Virginia berichtet. Die Verlegungen waren nötig geworden, weil die Strafanstalten in Connecticut überbelegt waren. Bei den Verlegungen

soll es zu Misshandlungen an Inhaftierten gekommen sein. In diesem Zusammenhang fielen auch die Vorwürfe gegen Young, er sei ein Rassist.

Gegen Youngs Argumentation, die so auch von untergeordneten Instanzen vertreten wurde, hat sich das US-Appellationsgericht nun in einer einstimmigen Entscheidung gewandt und damit auch die Klage von Gefängnisdirektor Young abgewiesen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass sich die Artikelserie an eine Leserschaft in Connecticut gewandt habe. Die beiden Zeitungen hätten kein Informationsmaterial im Internet veröffentlicht mit dem ausdrücklichen Ziel, eine Leserschaft im US-Bundesstaat Virginia anzusprechen. Deshalb sei der Gerichtsort auch nicht, wie in der Klage von Young gefordert, im Staat Virginia anzusiedeln. Das Urteil ist insofern von großem Interesse, weil erst vier Tage zuvor der Oberste Gerichtshof von Australien genau entgegengesetzt entschieden hatte (Computerwoche online berichtete). Das US-Appellationsgericht strich demgegenüber

heraus, dass die Artikelserie in Connecticut und nicht Virginia eine Diskussion über die Verschickung von Gefängnisinsassen entfachen sollte und es auch um Personen gehe, die in Connecticut abgeurteilt und ursprünglich in dortige Gefängnisse verbracht wurden. (jm)