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Zu streng, zu schlecht

Internet-Sperren zum Scheitern verurteilt

26.10.2009
Von pte pte
Internet-Sperren, wie sie als Mittel im Kampf gegen Kinderpornographie gefordert werden, sind wenig sinnvoll, da existierende Lösungen relativ leicht umgangen werden können.

Zu diesem Ergebnis gelangt die Studie "Internet Blocking: Balancing Cybercrime Responses in Democratic Societies". Die vom Open Society Institute beauftragte Untersuchung zeigt auch, dass viele Systeme grundsätzlich eigentlich zu aggressiv blockieren. "Insgesamt gelangen wir zum Schluss, dass Sperren nur 'nützlich' sind, um irrtümlichen Zugriff von Personen zu verhindern, die den blockierten Content gar nicht suchen", meint Studien-Coautor Cormac Callanan, Direktor bei Aconite Internet Solutions, gegenüber pressetext. Nutzer, die einen solchen Schutz suchen, sind aber mit geeigneter Filtersoftware auf dem eigenen PC besser beraten - diese unterliegt ihrer Kontrolle.

Ein wesentliches Problem an Internet-Sperren ist, dass sie Anbieter illegaler Inhalte kaum aufhalten können. Zielt ein Mechanismus etwa darauf ab, Inhalte anhand von Domainnamen oder IP-Adressen zu blockieren, kann illegaler Content relativ leicht auf andere Hosts ausweichen. Botnetze, wie sie zum Tarnen von Cybercrime-Seiten genutzt werden, könnten jede Art von kriminellen Inhalten "schützen". Selbst, falls ein Web-Filter perfekt wäre, gäbe es immer noch Filesharing, E-Mail oder das Usenet als alternative Vertriebskanäle.

Auch Nutzern, die als Konsumenten gezielt nach illegalen Inhalten suchen, ist mit Sperrsystemen nicht beizukommen. Denn jeder Filter hat technologisch gesehen letztendlich Ähnlichkeiten mit Zensursystemen in undemokratischen Staaten wie China. Das wirft nicht nur Fragen rechtlicher und ethischer Natur auf. Rein technisch gesehen bedeutet es vor allem, dass die Filter im Prinzip mit den gleichen Tricks umgangen werden können wie die "Große Firewall".

Viele Sperransätze haben das Problem, dass sie zu einem "Übersperren" tendieren - dem Blockieren von Verbindungen, die völlig legal und unbedenklich wären. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Web-Filter aufgrund einer einzigen URL den Zugriff auf eine komplette, ansonst unbedenkliche Domain verweigert. Wird wiederum ein Peer-to-Peer-Verbindungsprotokoll blockiert, stoppt das nicht nur illegales Filesharing, sondern auch jeglichen legalen Datenaustausch, der auf das gleiche Protokoll setzt.

Wer sich selbst oder seine Kinder schützen will, illegale Inhalte zufällig abzurufen, profitiert von großen Sperrsystemen letztendlich wenig. "Dafür sind netzwerkseitige Blockaden eine übertrieben komplizierte Lösung. Leicht erhältliche Filtersoftware für den Heim-PC wäre effektiver und nutzerfreundlicher", erklärt Callanan. Ein Vorteil ist beispielsweise, dass der User die Kontrolle darüber, wie streng Inhalte gefiltert werden, nicht einfach komplett aus der Hand geben muss. (pte)