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Diskussion um die Netzneutralität

Internet-Maut - Damm gegen Datenflut oder Abzocke?

15.02.2008
Bilder, Videos, Straßenkarten: Mit der wachsenden Beliebtheit von Diensten wie YouTube, Flickr, Google Maps nimmt die Datenflut im Internet von Tag zu Tag zu. Nicht zu vergessen die Musik- und Video-Tauschbörsen, die schon lange einen großen Teil der Leitungen in Anspruch nehmen.

Laut aktuellen Angaben der Netzbetreiber verdoppelt sich das Datenvolumen im Internet alle zwölf Monate. Der anschwellende Verkehr auf den Datenautobahnen zwingt sie zu einer permanenten Aufrüstung ihrer Netze. Das ist mit enormen Kosten verbunden und diese würden die Netzbetreiber künftig am liebsten auf die Verursacher abwälzen. Frei nach dem Motto: Wer mehr will, muss mehr zahlen.

Nur ums Geld geht es beiden Seiten offiziell natürlich nicht. "Wir wollen nicht immer nur über die Preise diskutieren. Es geht um die Qualität. Die von Voice-over-IP-Gesprächen zum Beispiel hat abgenommen. Über diesen Punkt müssen wir sprechen", sagt Telekom-Sprecher Mark Nierwetberg. Während sich also die Netzbetreiber die Sicherung der Qualität auf die Fahnen geschrieben haben, verfechten Unternehmen wie Amazon.com, eBay oder Google die Ansicht, das mit der Einführung von Gebühren die Neutralität der Netzbetreiber gefährdet sei. Sie warnen vor einem "Mehrklassen-Internet", das vor allem kleine und finanziell schwächere Unternehmen benachteiligen würde, ganz zu schweigen von privaten Nutzern. "Es geht um Chancengleichheit und einen diskriminierungsfreien Zugang zu Infrastruktur", sagt Annette Kroeber-Riel von Google Deutschland.

Möglich wurde die rasante Entwicklung des Datenverkehrs durch die steigende Zahl von Breitband-Anschlüssen und UMTS-Mobilgeräten. Die Kosten für die Aufrüstung der Netze sind hoch. So investiert die Deutsche Telekom allein in Deutschland drei Milliarden Euro in ihr schnelles VDSL-Netz. Bei solchen Größenordnungen weckt die wachsende Flut der Datenpakete bei den Netzbetreibern Begehrlichkeiten nach einer Internet-Maut.

"Wenn zum Beispiel Disney sagt, sie verteilen Filme übers Netz und die Kunden nehmen das an, ist das ein Geschäftsmodell, für das Disney eine Kostenkalkulation erstellen muss", sagt Telekom-Sprecher Nierwetberg. Das Netz werde zwar "nicht heute und nicht morgen zusammenbrechen", aber mittelfristig müssten sich Netzbetreiber und Diensteanbieter zusammensetzen. "Wir müssen die Diskussion führen, wie der Netzausbau bezahlt werden soll."

Doch die Diensteanbieter wollen sich den schwarzen Peter nicht ohne weiteres zuschieben lassen. Zum einen flössen bereits hohe Beträge an die Netzbetreiber, sagt Google-Sprecherin Kroeber-Riel. Zum anderen profitierten auch die Netzbetreiber von der Popularität der Diensteanbieter. "Wir sind beide darauf angewiesen, dass das Zusammenspiel funktioniert. Schließlich finanzieren Unternehmen wie Google und die Endkunden heute gemeinsam die bestehende Infrastruktur mit. Was hat man von einer Infrastruktur, die keiner nutzt? Oder umgekehrt von YouTube, wenn man nur vor dem Rechner Däumchen dreht?"

In den USA, dem Heimatmarkt der großen Internet-Konzerne, hat die Debatte viel mehr Schärfe und bekam inzwischen auch eine politische Dimension. Nachdem dem größen US-Kabelnetzbetreiber Comcast vorgeworfen wurde, den Datenverkehr von Tauschbörsen künstlich zu bremsen, brachten ein demokratischer und ein republikanischer Abgeordneter in den Kongress einen Gesetzentwurf ein, der die Neutralität der Netzanbieter sicherstellen soll. Comcast wehrt sich mit dem Argument, man düfte die Datennetze nicht verstopfen lassen.

Die Konkurrenz experimentiert unterdessen mit einer Maut: Die Kabelnetz-Sparte von Time Warner testet in Texas ein Preismodell, bei dem die übliche Internet-Flatrate nur bis zu einem bestimmten Datenvolumen gilt. Dann muss draufgezahlt werden. Zur Begründung heißt es, in vielen Teilen des Netzes seien fünf Prozent der Nutzer für 50 Prozent des Datenvolumens verantwortlich. So habe ein Kunde in einem Monat eine Datenmenge heruntergeladen, die 1500 Filmen in hoher Auflösung entspricht.

In Deutschland sind beide Seiten bemüht, die Diskussion nicht so hitzig werden zu lassen. "Wenn es Engpässe gibt, haben wir ein Problem", räumt die Google-Sprecherin ein. "Dann muss man sehen, wie sich die Kosten verteilen lassen. Man muss das Problem lösen, nur wie man es löst, da gibt es im Augenblick noch sehr verschiedene Ansichten." (dpa/tc)