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Internet im Umbruch: "Die Blogger sind erst das Web 1.5"

19.09.2007
Von pte pte
Im Internet spielen organisierte User-Schwärme zunehmend eine wichtige Rolle. Diese zeichnen sich durch eine gute Vernetzung, offene Kommunikationsstrukturen und ein großes kreatives Potenzial aus. Mit dieser Analyse hat Peter A. Gloor vom MIT Cambridge auf einer von Future Network organisierten Konferenz zum Thema "Web 2.0, Networking & Trendanalyse" in Zürich aufhorchen lassen. Dass das Internet sowie der Umgang mit Webinhalten starken Veränderungen unterworfen sind, ist kein Geheimnis. Die Wandlung vom statischen Internet der ersten Generation hin zum interaktiven Wissensweb sieht Gloor vor allem in den diversen Online-Foren und Communities vollzogen.

"Die Blogger repräsentieren in dieser Hinsicht eigentlich erst das Web 1.5, da die Interaktion zwischen Autor und Community eine eher statische ist", so Gloor im pressetext-Interview vor Ort. Das Internet fasst Gloor in drei Gruppen bzw. Betrachtungsweisen zusammen. Neben der Gesamtmasse des Webs, die von Suchmaschinen wie Google und deren Analysetools abgebildet werden kann, spielen Gloor zufolge die (selbsternannten) Experten in Blogs eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, neueste Trends und Entwicklungen im Internet ablesen zu können. Online-Communities und Foren seien hingegen wie Schwärme organisiert. Sie würden zumeist gesteuert interagieren und ein bestimmtes Ziel verfolgen. Daraus ergäbe sich auch ihr kreatives Potenzial, so Gloor, der die Analyse derartiger Netzwerke und deren Kommunikation zur Trendforschung und im Unternehmensmanagement einsetzt.

Der ebenfalls an der Konferenz teilnehmende Webexperte Clemens Cap von der Universität Rostock wies einmal mehr auf die Implikationen der User-generierten Inhalte im Web 2.0 hin. Diese seien schon längst zu medialen Machtfaktoren aufgestiegen, wie der Rücktritt mancher Politiker aufgrund von massiven Diskussionen in Blogs und Newsportalen oder die explosionsartige Verbreitung des HD-DVD-Kopierschutzschlüssels bewiesen habe. "Positiv betrachtet könnte man sagen, dass die Vernetzung im Web 2.0 als basisdemokratische Kontrollkraft dient. Im Negativen müssen wir uns aber auch mit dem Problem beschäftigen, was passiert, wenn der unkontrollierbare Lynchmob seinen Willen ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen will", so Cap (siehe auch pressetext-Interview mit Cap über Web 2.0: http://www.pte.at/pte.mc?pte=070908009 ).

Der IBM-Vertreter Tony Fricko analysierte auf der Veranstaltung die Möglichkeiten von Miniapplikationen wie Widgets, Gadgets oder Blidgets für Privatanwender und Unternehmen. Diese könnten durch ihre Vielfältigkeit und die individuellen Einbettungsmöglichkeiten auch für Enterprise-Kunden überaus interessant werden, so Fricko. Derzeit mangle es den simplen Applikationen bzw. den Portalen, auf denen sie angeboten werden, allerdings noch an der notwendigen Robustheit, um diese in geschäftskritische Anwendungen zu integrieren. Auch die fehlende Interoperabilität müsse von der Industrie erst gewährleistet werden, ist Fricko überzeugt. (pte)