Internationale Konkurrenz waechst Die europaeischen DV-Hersteller geraten stark ins Hintertreffen

15.10.1993

MUENCHEN (CW) - Wer in Europa mit Informationsverarbeitung Geld verdienen will, muss mit noch haerteren Bandagen kaempfen als bisher. Zum einen waechst der Markt langsamer, zum anderen engagieren sich immer mehr DV-Unternehmen aus dem aussereuropaeischen Ausland.

Besonders DV-Anbieter aus den USA verstaerken ihr Engagement in Europa. Die amerikanischen Unternehmen sind meist groesser als die europaeische Konkurrenz und koennen den Ausbau ihres internationalen Geschaefts aufgrund einer bereits vorhandenen guten Infrastruktur schneller vorantreiben. Zudem haben sie, was Innovationen im Bereich Softwarepakete angeht, gegenueber der Alten Welt die Nase vorn.

Hinzu kommt, dass die Anwender aufgrund von mageren DV-Budgets zum Sparen gezwungen werden. War fuer viele vor der Rezession wichtig, dass der Anbieter in der Region bekannt und bewaehrt war, spielt der Preis heute eine wichtigere Rolle, was wiederum den amerikanischen Anbietern in Europa neue Chancen eroeffnet.

Im Gegensatz zu den US-Firmen ist es um die Exporttaetigkeit der europaeischen IT-Hersteller schlecht bestellt. Die Europaeer importieren mehr DV-Produkte als sie selbst ins Ausland absetzen koennten. 1992 betrug diese Differenz rund drei Milliarden ECU, so die Marktforscher von IDC. In den USA sei der entgegengesetzte Trend zu beobachten: Der Exportueberschuss betrage bei IT-Produkten rund sechs Milliarden ECU.

Noch vor kurzer Zeit rechnete die DV-Branche mit einem schnell wachsenden europaeischen Absatzmarkt. Inzwischen mussten fast alle DV-Hersteller ihre Prognosen nach unten revidieren. Besonders in Deutschland, so das Ergebnis einer IDC-Untersuchung, ist das Wachstum des IT-Markts stark zurueckgegangen. Vergroesserte sich das Absatzvolumen mit DV-Produkten 1992 noch um 6,2 Prozent, gehen die Marktforscher fuer das Jahr 1993 von einem Wachstum von 1,7 Prozent aus.

Die erforderliche internationale Ausrichtung und der starke Konkurrenzdruck werde den Konzentrationsprozess voraussichtlich noch verstaerken. Bereits in den letzten Jahren sahen sich die DV- Anbieter gezwungen, enger zusammenzuarbeiten oder sich durch Akquisitionen zu vergroessern. Das Marktforschungsunternehmen Broadcast Associates zaehlte im ersten Halbjahr 1993 rund 30 Prozent mehr Merger als im selben Zeitraum 1992. Auch die Zahlen von IDC belegen diese Entwicklung: Repraesentierten 1988 die 15 groessten DV-Anbieter noch 13 Prozent des weltweiten DV-Umsatzes, erwirtschaften sie 1993 bereits rund 17 Prozent.

Dieser Trend werde sich in den naechsten Jahren noch weiter fortsetzen.

Unter der Krise der DV-Branche leiden vor allem die Hardware- hersteller. Da sie kaum noch Chancen sehen, durch den Verkauf von Rechnern wieder profitabel zu arbeiten, versuchen inzwischen fast alle, sich als System-integrator, als Anbieter von Software und Services zu profilieren. Ihr Anteil am Service-Markt betrug 1992 rund 15 Prozent und soll, so eine Prognose von IDC, bis 1998 auf 19 Prozent anwachsen.

Den europaeischen DV-Herstellern raet IDC, sich schleunigst auf die US-Konkurrenz einzustellen. So sei nicht zu erwarten, dass angestammte Branchenmaerkte wie die Behoerden treue Dauerkunden der heimischen Anbieter bleiben werden.

Mittelgrosse Anbieter, die sich haeufig stark spezialisiert haben, muessten, um zu ueberleben, Partnerschaften und Kooperationen schliessen.