Intensive Incentives

02.04.1982

Als Folge von Umsatzzwang durch konjunkturelle Einbrüche erleben die Incentive-Programme (Incentive: Anreiz) der DV-Hersteller eine Wiedergeburt. Schon einmal in den Hire-and-Fire-Zeiten der 60er und frühen 70er Jahre trieben die kleinen Liebesgaben für besonders gut funktionierende Vertriebsbeauftragte geradezu skurile Blüten - so schillernd wie in keinem anderen Wirtschaftszweig.

Inzwischen erfolgreiche Manager sprechen noch heute wehmütig von der "guten, alten VB-Zeit" als die "International-Meetings" der 100-Prozent-Clubs nicht selten mit Damen des einschlägigen Gewerbes an sonnigen Mittelmeerstränden abgehalten wurden. Dies habe damals sogar einem amerikanischen Vice-President den Kopf gekostet. Wie weiland Julius Cäsar seinen besten Kriegern vor der Schlacht zarte Mädchen in die Zelte schickte hatte der US-Boß gestandene Vorkämpfer DV-Vertriebs vor dem bevorstehenden Verkaufsgefecht ähnlich bedacht.

Meist waren es aber im "Goldenen Zeitalter der DV-Industrie" nur die Palmen der Kanaren oder Balearen, unter denen Top-VBs ihre Prämie sonnen durften. Lediglich einige wenige Verkäufer bei denen der Weizen besonders gut blühte, durften mal an einem "Streichel-Meeting" in Boston oder Buenos Aires teilnehmen. Erst als die 100-Prozent-Clubs - angeblich eine IBM-Erfindung - Schule machten und die Vertriebsleute so gut verdienten, daß sie ein Mallorca-Trip nicht mehr hinter dem Ofen hervorlocken konnte, erhielten die Incentive-Systeme einen seriösen Anstrich.

Fortan gab sich die Branche eher individuell und exotisch: Hieß früher beim einzigen Paderborner Computerbauer noch die Incentive-Devise "Segeln mit Heinz Nixdorf" so reist der hausinterne "International Sales Club" heuer von der Pader in den Urwaldstaat Brasilien.

Ein In-/Outsider-Image verpassen sich aber auch andere: Bei Wang geht's in diesem Jahr nach Hawaii Bunker Ramos "Presidents-Club" fliegt in die einstige holländische Kronkolonie Aruba im Golf von Venezuela, die Ericsson-Crew zieht es nach Japan, CDC-Verkäufer liegen 1982 auf den Bahamas- und den "First-Cabin-Club" von Tandem treibt's diesmal auf die Antillen-Insel Barbados.

Freilich wird auch hier mal die "Sau rausgelassen" - jedoch verhaltener, denn die Gemahlin ist meist dabei, und außerdem ist man ja schließlich wer! Dieses Bewußtsein haben clevere Marketing-Leute zu wecken verstanden. Zwar stehen "Globetrotter-Streicheleinheiten" ganz oben auf der Anreiz-Skala, aber mit zunehmendem Verdienst werden erfolgreiche Vertriebsbeauftragte auch zunehmend von Vater Staat geschröpft, so daß auch Geschenke-Kungelei und Cash-Incentives wieder neuen Nährboden finden.

Die wohl zur Zeit ungewöhnlichste Belohnungsvariante ersann die Wiesbadener Prime GmbH. Um ihr Minicomputer-Geschäft wieder etwas anzukurbeln, kaufte das Unternehmen einen mit Heck- und Front-Spoiler aufgemotzten Porsche im Turbo-Look, der dem jeweils monatsbesten VB bei Übernahme aller Kosten vier Wochen zur Verfügung gestellt wird. Der PS-starke Wanderpokal erfreut sich - zum Wohle der Company - im Prime-Team außerordentlicher Beliebtheit.