CPUs für Server, Netzwerke und mobile Devices

Intels Stärken und Schwächen

06.05.2013
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Alltagstaugliche ARM-Server erst 2014

Das macht deutlich, dass Intel dem Konkurrenten ARM den Bereich Einstiegs-Server für Web-Anwendungen, E-Mail und weitere Standardfunktionen nicht kampflos überlassen möchte. "Intel hat den Vorteil, dass es bereits jetzt über eine einsatztaugliche Micro-Server-Plattform verfügt", sagt IDC-Analyst Nebuloni. HP hat denn auch im April einen Micro-Server der Moonshot-Reihe mit einem Atom-1200-Prozessor vorgestellt. Er soll rund 77 Prozent weniger kosten als ein x86-System und 89 Prozent weniger Strom verbrauchen. Eine Version mit ARM-Prozessoren soll erst später folgen. Praxistaugliche Micro-Server auf Basis der ARM-Architektur erwartet Nebuloni erst Anfang 2014: "Erst dann werden 64-Bit-ARM-Systeme in größeren Zahlen zur Verfügung stehen." Intels Centerton-Atom-Architektur ist bereits jetzt für 64 Bit ausgelegt. Tests von HP mit MoonshotPrototypen, die mit Intel- und ARM-Prozessoren ausgestattet waren, haben zudem relativ geringe Unterschiede bezüglich der Performance pro Watt ergeben.

Allerdings werden laut Nebuloni Server-Hersteller wie HP und Dell dennoch Micro-Server auf Basis von ARM entwickeln und vermarkten - alleine schon, um den Druck auf Intel zu erhöhen und zu verhindern, dass der Hersteller eine Hochpreispolitik bei Atom-Servern verfolgt. "Schließlich ist davon auszugehen, dass Micro-Server mit Stromspar-Prozessoren wie dem ARM oder Atom einen Teil von Intels Geschäft mit Xeon-Prozessoren kannibalisieren", so der IDC-Analyst.

Angesichts des Wirbels um neue Xeon-Server-Prozessoren und der Debatte um ARM versus Atom wird häufig ein Bereich übersehen, in dem Intel seine Präsenz in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut hat: Komponenten für Rechenzentren. So stellte Intel Anfang des Jahres eine eigene Version des Big-Data-Frameworks Apache Hadoop vor. Die "Intel Distribution for Apache Hadoop" ist in erster Line auf Xeon-CPUs zugeschnitten. Mit Hilfe des Frameworks können Anwender große Datenmengen innerhalb kurzer Zeit analysieren.

Data-Center-Infrastruktur wird für Intel wichtiger

Auch will Intel vom Revival des Data Center profitieren. Auf dem Intel Developer Forum in Peking gab Diane Bryant, Chefin der Datacenter and Connected Systems Group von Intel, einen Einblick in die Pläne des Unternehmens. Ähnlich wie bei Ultrabooks will Intel demnach Referenzdesigns für Rack-Scale-Architekturen in Rechenzentren entwickeln, die natürlich auf den eigenen Produkten aufsetzen. Dies sind nicht nur Server-Komponenten. Durch den Zukauf von Unternehmen wie Fulcrum (ICs für 10- und 40-Gbit/s-Switches) oder der Infiniband-Sparte von Qlogic hat Intel Know-how in Bereichen erworben, die Kernkomponenten eines Data Centers tangieren. In der angesprochenen Blaupause einer modularen Rack-Lösung fließen diese Technologien zusammen.

Eine Offensive im Netzgeschäft startete Intel Mitte April auf dem Open Networking Summit. Mit der Vorstellung einer eigenen SDN-Plattform (Software Defined Networking) auf Basis von x86-Server-Technik greift der Halbleiterkonzern etablierte Netz-Player wie Cisco frontal an. Eigenen Angaben zufolge will Intel auch bei der Virtualisierung von Netzfunktionen unter dem Schlagwort "Network Function Virtualization" (NFV) für Neuerungen sorgen.

Fazit: Agieren - nicht reagieren

Die aktuelle Kritik an Intel ist überzogen, auch wenn das Unternehmen Fehler begangen hat. Der größte bestand darin, zu lange auf den Desktop-PC zu setzen und mobile Endgeräte zu vernachlässigen. Intel hat das Geld und die Technik, etwa im Bereich IC-Fertigung, um diese Scharte auszuwetzen. Allerdings sollte das Unternehmen nicht allzu verbissen den ARMs, Qualcomms oder Samsungs dieser Welt hinterherjagen. Schließlich gibt es Marktsegmente, in denen diese Firmen - noch - wenig zu bieten haben, etwa im Rechenzentrum und in der Netztechnik. Gerade diese Bereiche werden an Bedeutung gewinnen, zum Beispiel durch Cloud Computing, Big Data und das Bearbeiten von Daten, die von intelligenten "Devices" aller Art bereitgestellt werden - vom Auto bis hin zum Home-Automation-System.

Als problematisch könnten sich für Intel auf mittlere Sicht mehrere Dinge erweisen. Da sind zum einen die hohen Kosten, die mit der Halbleiterfertigung verbunden sind. Hier gilt es abzuwägen, ob Intel nicht einen Teil der Aufwendungen mit Hilfe von Auftragsfertigung bei anderen Unternehmen wieder hereinholen kann. Erste Ansätze gibt es bereits, etwa ein Abkommen mit Altera, das Intel mit Field-Programmable Gate Arrays (FPGA) beliefern wird. Zum anderen sollte Intel nicht zu lange abwarten, wenn es darum geht, neue Chancen zu nutzen. Man denke an Märkte wie das "Internet der Dinge" und den Embedded-Systems-Sektor. Hier steht die Entwicklung noch am Anfang. Intel hat gute Chancen, am Boom in diesen Bereichen zu partizipieren. (wh/ba)

Sicherheitstechnik von McAfee für Intel-Chips und die Cloud

Als Intel im Jahr 2010 das weltweit zweitgrößte IT-Sicherheitsunternehmen McAfee für 7,68 Milliarden Dollar kaufte, fragten sich etliche IT-Fachleute, was der Prozessorbauer mit dieser Transaktion bezweckte. Mittlerweile gibt es darauf Antworten. Zum einen hat Intel die Sicherheitssoftware von McAfee in Chips integriert, die in PCs und Server-Systemen eingesetzt werden. Diese "Deep-Safe"-Technologie soll Schadsoftware aller Art, inklusive Root-Kits, bereits auf der Hardwareebene blockieren. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Malware bis zum Betriebssystem oder zu Anwendungen durchdringt.

Mit der neuen Atom-Generation Baytrail will Intel gegen ARM-Plattformen aufholen.
Mit der neuen Atom-Generation Baytrail will Intel gegen ARM-Plattformen aufholen.
Foto: Intel

Im vergangenen Jahr gab Renée James, Leiterin der Software and Services Group von Intel, bekannt, dass die Sicherheitstechnik von McAfee speziell beim Schutz von mobilen Endgeräten zum Zuge kommen soll. Zu den Funktionen zählt unter anderem ein White-Listing, das den Zugriff auf potenziell gefährlichen Content verhindert, etwa von Spam-Versendern oder auf Inhalte von dubiosen Websites. Der Schutz auf Hardwareebene steht nur Endgeräten mit Prozessoren von Intel zur Verfügung. Daneben bietet McAfee Produkte an, die auch mit CPUs anderer Hersteller zusammenarbeiten, etwa für Android-Mobilgeräte mit ARM-Prozessoren.

McAfees Technik kommt zusammen mit Produkten von Nordic Edge und Sarvega, die ebenfalls von Intel übernommen wurden, in einem weiteren Bereich zum Zuge: Cloud Computing und Virtualisierung. Während Deep Safe beim Booten von Servern verhindert, dass Root-Kits aktiv werden, ist Intels Trusted Execution Technology (Intel TXT) speziell für die Absicherung von Hypervisors ausgelegt. Sie analysiert das System-BIOS und den Hypervisor, bevor eine Virtualisierungssoftware startet. Dadurch werden Malware-Aktivitäten im Vorfeld unterbunden.

Drittes Element der Sicherheitslösung für Cloud-Computing-Umgebungen, Server und (mobile) Endgeräte ist eine Authentifizierung auf Basis von Einmal-Passwörtern und Single-Sign-on-Verfahren. Die Technik stammt von Nordic Edge. Sie soll insbesondere den Zugang zu Software-as-a-Service-Cloud-Angeboten einfacher und sicherer machen. Ob sich die fast acht Milliarden Dollar für McAfee am Ende wirklich gelohnt haben, wird sich jedoch erst zeigen müssen.