FAQ Predictive Maintenance

Intelligente Wartung per IoT in der Industrie 4.0

11.07.2016
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Produktion, Internet of Things (IoT) und IT verschmelzen zur Smart Factory. Dabei ist Predicitive Maintenance einer der Grundbausteine von Industrie 4.0. Unsere FAQ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Predictive Maintenance.
Ohne Predictive Maintenance sind Themen wie Smart Factory oder Industrie 4.0 kaum vorstellbar.
Ohne Predictive Maintenance sind Themen wie Smart Factory oder Industrie 4.0 kaum vorstellbar.
Foto: zaozaa19 - shutterstock.com

Egal, ob Auto, Waschmaschine oder Smart Factory - im Zeitalter der Digitalisierung wird es fast als selbstverständlich vorausgesetzt, dass Maschinen und Geräte ohne Ausfall funktionieren. Um dies zu realisieren gewinnt die Wartung immer mehr an Bedeutung. Im Gegensatz zu früher gilt es dabei nicht nur verschlissene oder gar kaputte Bauteile im Zuge der Wartung auszutauschen.

Die neue Prämisse imInternet of Things auf dem Weg zu Industrie 4.0ist vielmehr, dass die Maschinen von selbst den Wartungstechniker alarmieren, wenn sie erkennen, dass der Ausfall eines Bauteils drohen könnte oder jetzt eine Regelinspektion fällig ist. Neudeutsch wird diese Form der Wartung auch als Predictive Maintenance bezeichnet.

Damit stellt Predictive Maintenance einen Paradigmenwechsel dar, der manchen Entscheider vor neue, offene Fragen stellt. Die häufigsten Fragen rund um das Predictive Maintenance hat für uns Jan Kolbe, Referent Smart Service Solutions bei Bosch Service Solutions, beantwortet.

Worauf müssen Unternehmen vor allem achten, wenn Predictive Maintenance (PM) zum Einsatz kommt?

Wichtig ist zunächst einmal, dass das Projekt PM im Unternehmen richtig aufgesetzt ist, das heißt dass Schnittstellen korrekt definiert sind und ein sauberer Maßnahmenplan erarbeitet wurde, der alle Eventualitäten und Folgeprozesse berücksichtigt. Oder anders formuliert: Ein PM-Konzept ist immer nur so gut, wie der Maßnahmenplan, der dahinter greift.

Welche Fragen müssen dann im Vorfeld konkret beantwortet werden?

Bosche-Service-Experte Jan Kolbe beantwortete die Fragen rund um das Thema Predictive Maintenance.
Bosche-Service-Experte Jan Kolbe beantwortete die Fragen rund um das Thema Predictive Maintenance.
Foto: Bosch Service Solutions

Hier sollt sich ein Unternehmen regelrecht einen Fragenkatalog erarbeiten. Für PM-Fachmann Kolbe zählen dazu Fragen wie

  • in welchem Gesamtökosystem befinden sich die via PM zu instand haltenden Systeme, Geräte und Maschinen?

  • Erfüllen die Systeme, Geräte und Maschinen die Voraussetzungen für eine PM-Lösung?

  • Inwiefern ist gegebenenfalls eine erste Teststellung auf andere Geräte und Maschinen erweiterbar? Ist die Lösung skalierbar?

  • für welche Systeme, Geräte und Maschinen ist eine PM-Lösung sinnvoll? Wo drohen Stillstandszeiten und unvorhergesehene Ausfälle?

  • wo und wie erfolgen Zugänge zu Systemen, Geräten und Maschinen und welche Daten müssen wir aufbereiten beziehungsweise zunächst generieren?

  • wie erfolgt die Datenanalyse?

  • wollen wir PM als Cloud-Service darstellen und wo wird die Cloud gehostet?

  • welches Backend-System ist für uns das richtige?

  • welche Fehler lassen sich auch remote beheben? Wann muss unter Beachtung welcher Key Performance Indicators (KPI) ein Techniker vor Ort eingesetzt werden?

  • welcher Anbieter kann uns mit seiner Branchenexpertise unterstützen?

  • rechnet sich der Case (ROI)?

Welche Fehler begehen Unternehmen am häufigsten beim Thema Predictive Maintenance (PM)?

Ein klassischer Fehler ist die Insellösung beziehungsweise die fehlende ganzheitliche Betrachtung. Vorausschauendes Instandhalten mittels intelligenter Datenanalysen fokussiert zwar auf punktuelle Störungen und auffällige Muster - betroffen sind allerdings etliche weitere Folgeprozesse. Und damit ist nicht nur die gesamte Produktionslinie gemeint, die vielleicht schon ausreichend vernetzt ist, sondern etwa auch das damit verbundene gesamte Service-Konzept.

Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, von Anfang an alle internen und externen Stakeholder in den PM-Prozess einzubinden. Dazu gehören selbstverständlich die Verantwortlichen aus Produktion, IT, Technik und Operations, - aber auch der Kundenservice, das Reklamationsmanagement oder die Kollegen, die das Bestellwesen im Webportal steuern. Ebenso empfehlen wir die Lieferanten einzubinden.

Was zeichnet ein erfolgreiches Predictive Maintenance (PM) auserfolgreich??

Ein PM-Konzept hat gute Aussicht auf Erfolg und somit auch Aussicht auf eine gute Relation von Aufwand und Mehrwert, wenn es langfristig und umfassend geplant wird. Eine Aufnahme der Anforderungen etwa im Rahmen eines Consultings durch PM-Experten ist dabei in der Regel ein erster Schritt zu einem ausgereiften Gesamtkonzept. Wählt man ein skalierbares Konzept, kann man quasi in kleinen Schritten anfangen und das PM-Konzept sukzessive weiter ausrollen.

Welche KPIs haben sich als aussagekräftig bewährt?

Beim PM sollten KPIs wie Total Maintenance Cost (TMC), die Ausfallquote, die Dauer der Stillstandszeiten sowie auch die Qualität und Geschwindigkeit der Fehlerbehebung den Anforderungen gerecht werden.

Wer sollte auf Predictive Maintenance (PM) verzichten?

Von PM absehen sollte man, wenn sich der Aufwand nicht rechnet: Sprich, wenn die Kosten für die Koordination höher sind als die eigentliche Ersparnis durch vermiedene Stillstandszeiten. Dann wird die PM-Lösung nur noch zum Selbstzweck.