Technologie-Demonstration auf der CeBIT

Intel will mit Pentium-CPU den Workstation-Markt aufrollen

26.03.1993

Seine Spec-Benchmark-Werte hieven den 486-Nachfolger zwar in eine Leistungsklasse mit Sun- und Mips-CPUs. Zu frueh gefreut haben sich jedoch all jene, die glauben, kurzfristig mit dem neuen Intel- Flaggschiff rechnen zu koennen.

Nicht sonderlich ueberraschend kam die Mitteilung von Intel, dass die Verfuegbarkeit des Pentium-Prozessors sich in Grenzen halten werde (vgl. CW Nr. 12 vom 19. Maerz 1993, Seite 52: "Prozessor-Guru sieht..."). Michael Slater, Herausgeber des Branchen-Newsletters "Microprocessor Report" hatte, wie andere Branchen-Insider auch, geargwoehnt, Intel sei mit der Versorgungsstrategie bezueglich des P5-Chips an die Wuensche und Forderungen einiger Grosskunden gebunden.

Diese haetten verlangt, dass der Prozessor-Hersteller aus Kalifornien gewisse Produktionsmengen fuer den Pentium-Baustein garantiere. Erst wenn die PC-Schwergewichte wie IBM, Compaq und andere in der Lage seien, Pentium-Systeme in Mengen auf den Markt zu bringen, wuerden sie auch mit Ankuendigungen in der Oeffentlichkeit vorstellig werden. Vorher wollen die Heavyweights aber offensichtlich keine Pentium-Ankuendigung von Intel zulassen, weil sonst kleine PC-Hersteller, die ueber keine nennenswerten P5- Kontingente verfuegen, trotzdem mit vorzeitigen Praesentationen von Pentium-Systemen den Grossen die Show stehlen koennten.

Da Intel sich darueber hinaus aber zunaechst am Geschaeft mit 486- CPUs guetlich tun will, war schon vor der weltweit zelebrierten Technologie-Demonstration klar, dass 1993 nach wie vor das Jahr der 486-PCs sein wird. Folgerichtig aeusserte denn auch Intel-Vice- President Paul Otellini: "1993 wird nur ein kleiner Bruchteil aller ausgelieferten PCs mit einem Pentium-Prozessor bestueckt sein."

Intels neuer Prozessor besteht nach Angaben des Herstellers zu 90 Prozent aus RISC-Elementen, besitzt zwei Ausfuehrungseinheiten (Execution-Units ; EU) - sowohl die 386- als auch die 486-CPU verfuegen lediglich ueber eine EU - und kann bis zu zwei Befehle in einem Taktzyklus verarbeiten.

Fliesskomma-Rechenleistung erheblich gesteigert

Bemerkenswert ist, dass vor allem die Fliesskomma-Rechenleistung (Floating Point Unit ; FPU) erheblich gesteigert werden konnte: Sie ist mehr als dreimal so hoch wie beim bisherigen Topprozessor von Intel, dem 486DX2 mit 33/66 Megahertz Taktrate (vgl. Tabelle).

Mit dem ueberarbeiteten FPU-Konzept will sich Intel ganz offensichtlich auch Gehoer in Anwenderkreisen verschaffen, die bislang traditionell auf die Rechenleistung von Workstations setzen, also solcher Benutzer, die vorwiegend technisch- wissenschaftliche Arbeitsfelder beackern. Deren Rechner sind - wie etwa die RISC-Prozessoren von Hewlett-Packard (HP), Digital Equipment (DEC) und von der IBM beweisen - stark auf Fliesskomma- Operationen ausgerichtet. Entsprechend hoch sind denn auch deren Specfp92-Werte, an die der Pentium bei weitem nicht heranreicht.

Etwas anders sieht es im Vergleich zu den Konkurrenten Sun und Mips aus: Diese beiden RISC-Lieferanten liegen mit den einschlaegigen Testergebnissen nur unwesentlich ueber dem von Intel erzielten Wert. Allerdings muss hier fairerweise erwaehnt werden, dass beide Unternehmen neue CPUs vorgestellt haben, die wesentlich leistungsfaehiger sind. Bislang liegen aber weder fuer den R4400 noch fuer den V9-Sparc-Prozessor offizielle Ergebnisse der Benchmark-Suiten von der Spec-Gruppe vor.

Noch interessanter wird die Konkurrenz, wenn man die Vergleichswerte fuer die Integer-Rechenleistung betrachtet: Hier liegen nur noch DECs Alpha-Prozessor sowie HPs PA-RISC-CPU vor dem Intel-Chip. Zieht man ferner in Betracht, dass diese beiden RISC- Prozessoren erheblich hoeher getaktet sind (DEC mit 150 Megahertz, HP mit 96 Megahertz) als der getestete Pentium (66 Megahertz), bekommt man eine Vorstellung davon, wie gut Intels Entwickler gearbeitet haben muessen.

Fuer die FPU des Pentium strickten die Intel-Softwerker neue Algorithmen und verpassten ihr dedizierte Multiplizier-, Dividier- und Addierhardware mit einer achtstufigen Pipeline-Architektur. Diese ermoeglicht es, FP-Operationen in einem Takt abzuarbeiten. Weitere Merkmale des neuen Prozessors sind Techniken wie Branch Prediction, also die Vorhersage von Sprungadressen, eine interne Datenbus-Breite von 256 Bit sowie ein Write-Back-Cachespeicher.

Intel gab an, dass trotz aller Neuerungen der Pentium voellig kompatibel zu allen bisherigen Generationen von Intel-CPUs sei. Die Leute aus Santa Clara in Kalifornien koennen mit einer Applikations-Software-Basis wuchern, die die Konkurrenten aus dem RISC-Lager nicht einmal annaehernd aufweisen. Allerdings muss man attestieren, dass wesentliche Anwendungen - sogenannte Killersoftware wie Textverarbeitungen, Tabellenkalkulationen etc.

- auch auf den RISC-Maschinen verfuegbar sind.

Auf dem Pentium laufen alle wichtigen Betriebssysteme

Andererseits kann Intel darauf verweisen, dass alle wichtigen Betriebssysteme wie Unix, Solaris, Windows NT, OS/2 und Nextstep fuer den P5-Prozessor verfuegbar sind - eine Vielfalt, die kein anderer Systemhersteller zu bieten hat. Die CPU ist fuer Multiprocessing-Architekturen ausgelegt. Die Marketing-Manager von Intel verweisen darauf, dass die fuer solche Systemstrukturen unbedingt notwendige Datenkohaerenz der Cache-Speicher durch Verwendung eines "Mesi"-Protokolls gewaehrleistet bleibe.

Bei diesem sogenannten Bus-Snooping-Verfahren - es wird von einer CPU immer nur auf den aktuellsten Cache-Speicher-Stand zugegriffen, egal welchem Prozessor dieser Speicher zugeordnet ist - hatten Intel-Ingenieure in der Vergangenheit gewisse Probleme gewaertigt.