Leiser Abschied von Windows

Intel präsentiert Internet-Devices unter Linux

14.01.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Wintel-Welt, die jahrelang die Computerszene beherrschte, bekommt Risse. Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas stellte Intel spezielle Geräte für den Internet-Zugang vor, die nicht mit dem Betriebssystem des langjährigen Verbündeten Microsoft laufen. Den Zuschlag für Intels neueste Kleinrechnergeneration bekam Linux.

"Wir wollen mit unseren neuen Produkten diejenigen ansprechen, die keinen PC besitzen, aber dennoch ins Internet möchten", erklärt Claude Leglise, General Manager der Home Products Division bei Intel, die neue Strategie der kalifornischen Prozessorschmiede.

Die Geräte werden einem Telefon sehr ähnlich sein, beschreibt Leglise. Die Vorgaben an die Intel-Entwickler waren: niedrige Kosten, einfache Bedienung und schneller Zugriff auf das Netz. Die Internet-Appliances, die laut Hersteller direkt an die Telefonleitung angeschlossen werden, sollen mit Intels "Celeron"-Prozessoren arbeiten. Rund um die Hardwareplattform will Intel Applikationen und Serviceleistungen anbieten, mit deren Hilfe die Dienstleister die Geräte speziell an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen können.

Richard Doherty, Analyst bei der Envisioneering Group in Seaford, New York, glaubt, dass die kalifornische Chip-Company aufgrund ihrer guten Kontakte in die Netzbranche sowie ihrer ausgereiften Technologie mit den neuen Geräten erfolgreich sein kann. Der Bruch mit Microsoft könnte laut Doherty weitreichende Konsequenzen haben.

Die Intel-Manager wiegeln ab. Im PC-Geschäft sei die Zusammenarbeit mit Microsoft nach wie vor sehr eng, erklärt Leglise. Der Markt für Appliances bringe dagegen andere Anforderungen mit sich, die Linux besser erfüllen könne. So sei das Open-Source-System aufgrund seiner Flexibilität sowie der Verfügbarkeit besser für die neue Geräteklasse geeignet. Die Kostenfrage dürfte ebenfalls eine gewichtige Rolle gespielt haben, auch wenn die Intel-Manager dies nicht kommentieren wollten. Nach Ansicht von Insidern würden vergleichbare Windows-CE-Rechner etwa 15 Prozent mehr kosten als die Linux-Appliances.

Mit seiner Initiative tritt Intel in direkte Konkurrenz zu Microsoft. Auch die Redmonder Softwareschmiede hat auf der CES Internet-Geräte sowie Settop-Boxen angekündigt, die aber unter einer neuen Version von Windows CE laufen werden.

Intel kann bereits drei Interessenten für seine neuen Geräte präsentieren: den japanischen Elektrokonzern NEC Corp., die US-amerikanische Telefon-Company US West und die französische Lafayette Services, die E-Commerce-Abteilung von Galeries Lafayette.

Läuft alles nach Zeitplan, werden die ersten Geräte Mitte dieses Jahres auf den Markt kommen. Über die Preise gibt es noch keine Informationen. Der Hersteller geht davon aus, dass es unterschiedliche Preismodelle geben wird. Manche Anbieter könnten die Geräte ähnlich wie Mobiltelefone fast umsonst anbieten, wenn der Kunde im Gegenzug einen längerfristigen Vertrag über die Nutzung von Serviceleistungen unterschreibt.