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Intel kündigt den Itanium 2 an

08.07.2002
Mit dem heute angekündigten Itanium 2 a.k.a. McKinley verfolgt Intel nur ein Ziel: Die RISC/Unix-Fraktion langfristig aus dem Markt für Midrange- und Highend-Server zu verdrängen.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Intel stellt heute offiziell den "Itanium 2" vor und hofft, sich damit auf einen profitablen Pfad der Dominanz im Markt für Prozessoren in Midrange- und Enterprise-Servern zu begeben; vergleichbar mit den Erfolgsstrategien des Konzerns im PC-Markt seit Mitte der 80er und im Entry-Server-Markt seit Mitte der 90er Jahre.

Intels aktuelle Print-Kampagne verdeutlicht bereits eine breite Unterstützung der Branche für den Itanium 2.
Intels aktuelle Print-Kampagne verdeutlicht bereits eine breite Unterstützung der Branche für den Itanium 2.

Die erste "Merced"-Generation des Itanium kam Jahre zu spät, brachte nicht die erwartete Leistung und wurde darum von den RISC/Unix-Anbietern verspottet, die den neuen Zielmarkt noch kontrollieren - abgesehen von bestimmten High-Performance-Clustern und spezialisierten Web-Anwendungen wie Datenverschlüsselung.

Die zweite Itanium-Generation kommt nur noch rund sechs Monate später auf den Markt als von Intel und seinen Partnern erhofft und wird offensichtlich deutlich ernster genommen - das RISC-Lager ist plötzlich viel gesprächiger in Bezug auf seine Prozessor-Roadmaps. Nach Ansicht von "Computerwire" ist das kein Zufall: Die verbleibenden Server-Hersteller, die Systeme mit Nicht-Intel-Prozessoren anbieten, wollen ihr Commitment zu den eigenen CPUs unterstreichen, selbst wenn sie in vielen Fällen auch selbst vom Itanium-Geschäft profitieren möchten.

Volle Breitseite gegen RISC/Unix

Intel selbst hält mit seinen Absichten keineswegs hinter dem Berg - der Konzern will, um es auf den Punkt zu bringen, die Konkurrenz aus dem Chipdesign- und Fertigungsgeschäft drängen, sodass sie ihre Architekturen und Betriebssysteme auf IA-64 portieren. Schon jetzt kann Intel nach neuesten Zahlen von IDC 88 Prozent der weltweit ausgelieferten Server für sich beanspruchen, vornehmlich aufgrund der Tatsache, dass Entry-Server mit ein oder zwei CPUs den Löwenanteil der ausgelieferten Systeme ausmachen.

Auch bei Vier-Wege-Maschinen liegt Intel gut im Rennen, und Anbieter der Highend-"Xeon"-Prozessoren verkaufen jedes Jahr auch Tausende von Acht-Wege-Servern. Die "Intel Architecture", die nicht allein von Intel kontrolliert, sondern auch von verschiedenen Chipset- und Server-Herstellern verbessert wird, ist von verschiedenen Herstellern wie Unisys, IBM, NEC und Bull auch schon in den Bereich 16 Wege und höher erweitert worden, und andere Anbieter wie HP arbeiten an eigenen Highend-Servern mit dem Pentium-4-Xeon und dem Itanium 2. Alle diese großen Server-Hersteller sind Teil von Intels Dominanz-Vision und gleichzeitig (ironischerweise) auch das Vehikel, mit dem sich Intel die Dominanz im Highend-Segment verschaffen will.

Die Masse macht's

Intel kann dabei auf die Ökonomie seiner High-Volume-Fertigung zählen, um Druck auf diejenigen Anbieter zu machen, die weiterhin ihre eigenen Prozessoren designen und/oder fertigen wollen, und auch die "Drogendealerlogik" ("Wenn ich keine Itanium-Server gegen meine eigenen System verkaufe, dann tut es jemand anderes") dürfte alle bis auf die standhaftesten und idealistischsten Hersteller vom Itanium "überzeugen", egal welche technischen Unzulänglichkeiten der Chip auch immer im Vergleich zu RISC/Unix oder proprietären Alternativen besitzen mag.

Langfristig wird sich im Midrange- und Enterprise-Segment diejenige Server-Architektur durchsetzen, die das beste Preis/Leistungs-Verhältnis und die breiteste Softwareunterstützung aufweist. Von den 49 Milliarden Dollar, die Unternehmen jährlich für alle Typen und Größen von Servern ausgeben, machen IA-32-Prozessoren bereits heute 25 Milliarden Dollar aus. Intel greift nun nach den restlichen 24 Milliarden, und die Geschichte legt nahe, dass wenn es dem Konzern gelingt, seine Architektur kontinuierlich so zu verbessern, dass sie ständig billiger als RISC/Unix bleibt und vergleichbare Leistung liefert, es keinen Grund zu der Annahme gibt, dass Itanium nicht die anderen Architekturen ablöst.

Server-Hersteller in der Zwickmühle

Es bleiben zwei große Wenns und Abers, aufgrund derer viele Server-Anbieter, geplagt von Verzögerungen bei den eigenen Prozessoren wie auch beim Itanium, sich weiterhin alle Möglichkeiten offen halten. Mit RISC/Unix lässt sich heutzutage zu viel Geld verdienen als dass man dieses Geschäft einstellen könnte, und auf der anderen Seite ließe man sich zu viel Geschäft entgehen, würde man nicht langsam mit dem Verkauf von Itanium-Hardware beginnen.

Klar für den Itanium 2 spricht die Tatsache, dass die folgenden IA-64-Generationen mit den Codenamen "Madison", "Deerfield" und "Montecito" pinkompatibel sein werden und sich damit in der Hardware verwenden lassen, die im Laufe dieses Sommers erscheint. Für den Merced, der hier gewissermaßen eine Insellösung darstellte, galt dies nicht. Intel wird sein eigenes Vier-Wege-System "Tiger" mit dem "E8870"-Chipsatz (zuvor "i870") anbieten, und Serverworks, IBM, HP, Unisys, NEC und andere werden ihre Unterstützungschips wohl ebenfalls an den McKinley und seine Nachfolger anpassen.

Itanium 2: Günstige Version mit 900 Megahertz

Der Itanium 2 kommt anfänglich in drei Varianten auf den Markt. Die günstigste taktet mit 900 Megahertz und kostet mit 1,5 MB L3-Cache 1338 Dollar. Fast doppelt so teuer ist die mit gleich viel Cache bestückte Ausführung mit 1 Gigahertz Taktfrequenz; diese schlägt mit 2247 Dollar zu Buche. Die enorme Preisdifferenz und überhaupt das Angebot einer 900-MHz-Version könnte laut "Computerwire" vermuten lassen, dass Intel zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Schwierigkeiten hat, bei der 1-Gigahertz-CPU eine ausreichende Ausbeute zu erzielen.

Das Topmodell des Itanium 2 schließlich ist mit üppigen 3 MB L3-Cache bestückt und taktet ebenfalls mit 1 Gigahertz; es kostet mit 4226 Dollar geringfügig weniger als die RISC-Konkurrenz für ihre CPUs für Midrange- und Enterprise-Server verlangt. Sobald Intel seine Fertigungskapaitäten steigert, dürften die Preise in gewohntem Ausmaß schnell und drastisch fallen. (tc)