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Intel: Juristische Schlappe in Italien

21.09.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Seit 1998 hatte der italienische IT-Anbieter Ditta Genesis übertaktete Intel-Prozessoren verkauft - bis der US-Halbleiterkönig dem Treiben per einstweiliger Verfügung Einhalt gebot. Doch der Schuss ging nach hinten los: Die ersten drei Runden des Rechtsdisputs wurden zugunsten des Zehn-Mann-Unternehmens aus Monopoli entschieden.

Mit seiner "B52"-Variante von Intel-Prozessoren habe er seinen Kunden CPUs mit der Leistung höherrangiger Intel-Chips mit einem Preisnachlass von 20 bis 60 Prozent anbieten können, erklärt Marcello Console, Chef von Ditta Genesis. Intel nahm vor allem am "MMX"-Namenszusatz der übertakteten Italo-CPUs Anstoß und erwirkte daraufhin im letzten Jahr vor einem römischen Zivilgericht die Konfiszierung des Produkts. Darüber hinaus wurde Genesis jede weitere Verwendung der Markennamen MMX, Intel und Pentium untersagt. Dem Antrag, Ditta Genesis die Modifizierung von Pentium-Prozessoren zu verbieten, gab der Richter jedoch nicht statt. Solange Genesis die übertakteten CPUs für seine Kunden deutlich sichtbar kennzeichne, sei die Handlung als solche rechtmäßig, hieß es in dem Richterspruch.

In einer zweiten Anhörung im Februar dieses Jahres wies der römische Richter Eugenio Curato Intels Antrag auf ein generelles Produktionsverbot erneut zurück. Der Angeklagte habe sich darauf beschränkt, die Basiskomponenten anderer Hersteller zu einem komplexeren, für jeden Anwender verfügbaren Produkt zu assemblieren. Das Übertakten der Intel-CPUs bezeichnete er als "Modifikation der Hauptplatine, die in der Umkonfigurierung auf andere Taktfrequenzen bestehe als die von Intel empfohlenen". Die Behauptung des Chipriesen, sein Ruf habe durch die bescheidene Leistung der modifizierten CPUs (möglicherweise) Schaden erlitten, wurde als "reine Hypothese" abgetan. Schließlich könnten professionelle Anwender jegliche Probleme durch den Einsatz des von Genesis modifizierten Produkts eindeutig auf die Übertaktung zurückführen.

Ein Revisionsverfahren im vergangenen Juni, in dem es um eine weitere rechtliche Formsache ging, endete für Intel gar in einer Geldbuße von 3,25 Millionen Lire (1480 Dollar). Noch ungewiss ist der Ausgang der Schadensersatzklage des Chipgiganten, in der innerhalb der kommenden sechs Monate entschieden werden soll. Intels Forderungen in Höhe von 2,4 Milliarden Lire beantwortet Genesis-Chef Console mit einer Gegenklage und verlangt nun seinerseits 18 Milliarden Lire wegen "öffentlicher Diffamierung" sowie für den entstandenen Verdienstausfall.

Bevor der Ringkampf zwischen David und Goliath jedoch zum Präzedenzfall geraten könnte, setzt Intel den Bastelaktivitäten seiner Absatzmittler ein jähes Ende. In der jüngsten Prozessorgeneration befindet sich der Multiplikationsfaktor vorsichtshalber innerhalb des Chips und ist demnach durch Eingriffe von außen nicht mehr zu manipulieren.