Intel hat AMD wieder im Griff

03.05.2007
Vor einem Jahr schien es, als könne Herausforderer AMD den Branchenführer Intel ernsthaft gefährden. Inzwischen hat sich Intel wieder am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen - und den Rivalen AMD hineingeworfen.

Das vergangene Jahr war für Intel die wohl schwierigste Phase in der bisherigen Unternehmensgeschichte. Konnten für das Vorjahr noch zweistellige Umsatz- und Gewinnzuwächse gemeldet werden, so folgte im ersten Quartal 2006 der Einbruch. Der Profit ging um ein Drittel zurück, die Intel-Aktie war 20 Prozent weniger wert als ein Jahr zuvor. Firmenchef Paul Otellini kündigte eine massive Restrukturierung an.

Der deutlich kleinere Herausforderer Advanced Micro Devices (AMD) feierte unterdessen Triumphe. Das Unternehmen meldete für sein erstes Quartal eine Brutto-Gewinnmarge von 58,5 Prozent und einen Marktanteil bei Server-Prozessoren von 27 Prozent. Die AMD-Aktie erreichte mit rund 42 Dollar ein All-Time-High. Inzwischen hat das AMD-Papier jedoch zwei Drittel seines Werts verloren, mehrere Gewinnwarnungen und schwache Ergebnisse verhagelten den Investoren die Laune. Im ersten Quartal 2007 wurde ein Nettoverlust von 611 Millionen Dollar gemeldet, der Marktanteil bei Server-Prozessoren schrumpfte auf 19 Prozent.

AMD nutzte Intels Schwächephase

Gartner-Analyst Steve Kleynhans versucht gegenüber der britischen Ausgabe der "Financial Times" eine Erklärung für AMDs schnellen Aufstieg und Fall: "Ich glaube, ein Großteil des Erfolgs von AMD in den letzten drei Jahren steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schwäche des großen Wettbewerbers." Intel habe ernsthafte Schwierigkeiten mit seinem Produktportfolio gehabt. Wenn man aber in der Halbleiterbranche erst einmal in ein Loch gefallen sei, dauere es lange, bis man wieder herauskomme. Intels Problem war die Chiparchitektur "Netburst", die hohe Rechenleistung bieten sollte, letztendlich aber vor allem mit Hitzeproblemen zu kämpfen hatte. Rivale AMD war zu diesem Zeitpunkt mit den richtigen Produkten zur Stelle und machte in rasantem Tempo Boden gut.

Im Juni 2006 stellte Intel dann die Weichen für die Rückkehr in die Erfolgsspur. Erstmals nach fünf Jahren wurde eine neue Architektur angekündigt, energieeffiziente Chips mit zwei Kernen kamen auf den Markt. Noch vor AMD vollzog Intel außerdem den nächsten Miniaturisierungsschritt und begann Chips mit Strukturbreiten von 65 Nanometer zu fertigen. Die Größe der Prozessoren schrumpfte gegenüber dem vorher genutzten 90-Nanometer-Verfahren um über 30 Prozent, die Produktionskosten konnten gesenkt werden.

Da Intel nun einerseits die veralteten Prozessoren loswerden wollte und andererseits billiger produzieren konnte, verwickelte der Marktführer den Rivalen in einen Preiskampf, den aufgrund der enormen Skaleneffekte nur Intel gewinnen konnte. AMD verlor seine mühsam errungenen Marktanteile wieder. Im ersten Quartal gelang es Intel, über 80 Prozent aller Prozessoren der x86-Architektur zu liefern - im vierten Quartal 2006 hatte der Anteil noch bei 74 Prozent gelegen.

Hinzu kommt, dass Intel bei der Entwicklung von Prozessoren mit vier Kernen einen ordentlichen Vorsprung herausgearbeitet hat. Rund ein halbes Jahr früher als von AMD sind Intels Quad-Core-Prozessoren da (auch wenn das zunächst nur zwei Dual-Core-Chips in einem Package sind), und sogar ganze zwölf Monate früher als von AMD dürften neue Chips mit einer Strukturbreite von 45 Nanometer von Intel zu erwarten sein - wahrscheinlich im vierten Quartal 2007.

Die ATI-Übernahme – für AMD wichtig, aber gefährlich

Gartner-Analyst Kleynhans ist der Überzeugung, dass AMD durch die 5,4 Milliarden Dollar teure Übernahme des kanadischen Grafikchip-Anbieters ATI von seinen eigentlichen Aufgaben abgelenkt wurde. Gleichwohl hält der Gartner-Mann den Zukauf für richtig. "Die nächsten ein bis zwei Jahre werden sicher schwierig für AMD, aber langfristig war das ein guter Schritt", so Kleynhans im FT-Interview. Andere Analysten hatten den Deal ähnlich kommentiert: AMD trifft Intel an seiner empfindlichsten Stelle, der Grafikfähigkeit. Die Früchte der Zusammenarbeit dürften allerdings nicht vor 2008 zu ernten sein, dann nämlich, wenn AMD Fusion vorstellt – einen Multifunktions-Chip, der Mikroprozessor und Grafikbeschleuniger kombiniert. Allerdings schläft Intel nicht: 2008 soll die Produktion der Prozessorfamilie "Nehalem" starten, die acht Rechenkerne bieten und ebenfalls über eine eigene Chipeinheit für Grafik verfügen soll.

Auf absehbare Zeit dürfte der Markt für AMD schwierig bleiben, zumal Intel immer mit seinem wichtigsten Pfund, dem Mengenvorteil wuchern und an der Preisschraube drehen kann. Der Herausforderer hat nur dann eine Chance, wenn er die Spielregeln im Markt - etwa durch die Einführung eines besonders kreativen Produkts - ändern kann. Fusion ist ein Hoffnungsträger, der die Kräfteverhältnisse ähnlich wie der Opteron ins Wanken bringen könnte. (hv)