Umbau im Rechenzentrum

Integrierte Systeme boomen

04.04.2013
Von 
Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.

Hürden und Grenzen

Die Einstiegshürde für Endkunden ist zwar niedrig - bereits ab etwa sechs Rack-Servern rechne sich der Einsatz schon wirtschaftlich, sagt Dominik Lanzenberger, Pure Systems Consultant bei IBM. "Darunter wird es aber schwer."

"Die Modelle bergen die Gefahr, vom Hersteller abhängig zu werden", Thomas Reichenberger, Manager Business Unit Cloud Services, VCDX, CISA beim Systemhaus ACP
"Die Modelle bergen die Gefahr, vom Hersteller abhängig zu werden", Thomas Reichenberger, Manager Business Unit Cloud Services, VCDX, CISA beim Systemhaus ACP
Foto: ACP

Die Grenzen der Systeme selbst sind nach oben hin nur durch die Grenzen der Hardware bedingt, beispielsweise bei der Skalierbarkeit. "Stand heute sind das beispielsweise 608 Cores, 9 Terabyte (TB) RAM und 40 TB Disk in einem System", erklärt Georg Ember, Pure Application System Technical Professional bei IBM. "Andere Begrenzungen gebe es nicht, da mit den verfügbaren Betriebssystemen und Virtualisierungs-Layern sowie Middleware-Lösungen nahezu alle am Markt befindlichen IT-Lösungen adressiert werden können."

Thomas Reichenberger, Manager Business Unit Cloud Services, VCDX, CISA beim Systemhaus ACP, bewertet den Einsatz dieser vorpaketierten Systeme dagegen grundsätzlich kritisch: "Diese Modelle sind oft nicht sehr flexibel, da sie einerseits herstellerabhängig sind und zum anderen oft nur in fest definierten Ausbaustufen erweitert werden können. Unter Umständen begibt man sich somit in eine Abhängigkeit vom jeweiligen Hersteller."

Michael Homborg, Evangelist Enterprise Products bei Fujitsu Technology Solutions: "Zurzeit gehen alle Hersteller in Vorleistung"
Michael Homborg, Evangelist Enterprise Products bei Fujitsu Technology Solutions: "Zurzeit gehen alle Hersteller in Vorleistung"

Soll das Modell erfolgreich sein, müssen außerdem wichtige Vorarbeiten geleistet werden, so Michael Homborg, Evangelist Enterprise Products bei Fujitsu Technology Solutions: "Die nahtlose Integration mit bestehenden Core-Netzwerk-Strukturen muss geprüft werden, und gegebenenfalls sind neue Trainings- und Administrationsrollen zu definieren."

Gleichwohl sind sich die meisten Experten einig, dass sich integrierte Architekturen durchsetzen werden: "Wir stehen hier erst am Anfang", sagt NetApp-Manager Dieter Schmitt. Er erwartet ein starkes Wachstum in diesem Segment. IBM-Manager Dominik Lanzenberger pflichtet ihm bei: "So wie Anwendungs- und Middleware-Patterns immer mehr Einzug in die Fachlösungen halten, werden Referenzarchitekturen für integrierte Systems in naher Zukunft stark an Bedeutung gewinnen."

Und Johannes Horneck, Product Manager ProLiant HPC & Serviceprovider Cloud bei HP ist überzeugt: "Der nächste große Trend sind Cloud-Lösungen für Umgebungen bis zu 400 virtuelle Maschinen, speziell für den Mittelstand." Wie viel die Vorintegrationsleistung durch die Hersteller kosten darf, wird der Kunde entscheiden. Für Fujitsu-Manger Homborg steht allerdings fest: "Zurzeit gehen hier alle Hersteller massiv in Vorleistung."

Ein Newcomer gab den Takt vor

Pionierarbeit für die integrierten Rechenzentrumsdesigns leistete der Newcomer unter den Serverherstellern: Cisco. Mit EMC, deren Töchtern RSA und VMware und unterstützt von Intel gründete der Einsteiger 2009 ein Joint Venture - die heutige VCE Company (ursprünglich "Acadia"). Gemeinsam wurden die "Vblocks" entwickelt. Fast zeitgleich brachte HP die Converged Infrastructure auf den Markt, die ebenfalls Server, Storage, Netzwerk und Virtualisierung unter einer einheitlichen Managementplattform vereint.

Kurz nach der Gründung der VCE Company schmiedete Cisco eine weitere Allianz mit VMware und dem EMC-Konkurrenten NetApp: Die FlexPod-Designs waren geboren. Heute stehen rund 30 Referenz-Designs zur Verfügung.

Der Grund für Ciscos Seitensprung aus dem VCE-Joint-Venture: 2010 führte EMC praktisch keine SMB-Linien im Portfolio. Ein Manko für Cisco, das als Serverneuling über Referenzarchitekturen schließlich auch im Mittelstand Fuß fassen wollte. NetApp konnte das bieten. Vergangenes Jahr ging Cisco eine dritte Storage-Allianz ein: mit Hitachi Data Systems.

Das Modell macht Schule

Nach der Integration von Sun begann auch Oracle 2010 mit den "Integrated Stacks" und später mit den "Engineered Systems" auf den Zug aufzuspringen. Die Stärken des Flexpods so weit wie möglich mit denen der Vblocks zu kombinieren und sie auf den Bedarf mittelständischer Unternehmen zuzuschneidern, nahm 2010 interessanterweise ein Distributor in Angriff: Magirus (heute zu Avnet gehörend). Er entwickelte im hauseigenen Integrations-Center Straßburg die" vBundles". Sie sind bereits für Unternehmen mit weniger als 25 virtuellen Maschinen interessant und schlugen deshalb im Markt hohe Wellen. Die größte der vier vBundle-Varianten wurde mit der Ankündigung der VCE-Vblock100-Variante im Frühjahr 2012 abgekündigt, da sich die angepeilten Kundengrößen überschneiden.

Dell war mittlerweile auf Einkaufstour gegangen. Das Ziel: Komplettanbieter im Rechenzentrum zu werden. Im zweiten Halbjahr 2011 schließlich lieferte der Hersteller mit vStart ebenfalls seine ersten Referenzarchitekturen aus. IBM folgte vergleichsweise spät mit der Ankündigung der PureSystems im April 2012. Ebenfalls im Frühjahr 2012 brachte EMC mit VSPEX einen FlexPod-Konkurrenten auf den Markt, ebenfalls mit Single-Support. Die Verspätung erklärt sich, weil EMC erst 2011 mit dem Launch der VNX- und VNXe-Familien erstmals eigene SMB-Linien an Bord hatte.

Im Gegensatz zu Konkurrenzprodukten von VCE, HP, IBM und Oracle bieten FlexPod und VSPEX hinsichtlich der Designs weitaus größere Spielräume, da sie in bestehende IT-Landschaften integrierbar sind. Ebenso wie die VCE gewährt die FlexPod-Allianz den Support aus einer Hand (Single-Support): Alle beteiligten Hersteller haben sich verpflichtet, bei Problemfällen zentraler Ansprechpartner zu sein, egal welche Komponente das Problem verursacht hat.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation ChannelPartner. (mhr)