Enterprise-Portale/Anwendungskopplung und Prozesssteuerung

Integrationsaufwand wird gern unterschätzt

04.07.2003
Da Portale einen Zugriff auf Backend-Daten bieten sollen, kommt der Integration von transaktionsorientierten Systemen eine besondere Rolle zu. Aus Erfahrung wissen Anwender: Die Anbindung solcher Software verbraucht einen großen Teil des Projektbudgets. Von Derek McDonnell*

Zunächst waren Portale reine Web-basierende Benutzeroberflächen für die personalisierte Informationsanzeige. Ihre Aufgabe bestand darin, die in Unternehmen verstreuten Informationen zu konsolidieren und überdies Werkzeuge bereitzustellen, die den Anwender bei der täglichen Arbeit unterstützen. Noch immer werden dem Marktforschungsunternehmen Giga Group zufolge 60 bis 70 Prozent der neuen Portale aus diesem Grund entwickelt.

Bei der Ausweitung dieses Konzepts auf das Extranet werden die nötigen Informationen auch befugten Partnern oder Kunden zur Verfügung gestellt, beispielsweise für das Tracking von Lieferungen oder das Abfragen von Beständen. Durch das Prinzip der Selbstbedienung können Nutzer nun ihre Daten selbst pflegen, ohne dass sich interne Mitarbeiter darum kümmern müssen.

Menschen und Geschäftsabläufe

Die nächste Evolutionsstufe besteht darin, ein Portal zu einer Interaktions-Schnittstelle für interne und externe Benutzer aufzubauen, um allen den Zugang zu ERP- und CRM-Systemen sowie Services zu erlauben. Die Websites sollen Menschen und Geschäftsabläufe zusammenbringen. Die nächste Stufe sind Transaktionen, Teamarbeit über Web-basierende Tools ("Collaboration") sowie der rollenbasierte Workflow ("Workplace Integration"). Die vorerst endgültige Ausbaustufe sieht die "Marketplace Integration" vor, die es erlaubt, Intra- und Extranet zu integrieren, Nachrichten in Echtzeit auszutauschen sowie Lieferketten, Beschaffungssysteme und elektronische Marktplätze einzubinden.

Doch wie soll eine Web-Oberfläche in einem Browser mit einem ERP- oder CRM-System kommunizieren geschweige denn mit Blick auf gemeinsame Prozesse interagieren können? Zunächst einmal sind unterschiedliche Datenquellen anzubinden und im Portal so sichtbar zu machen, dass der richtige Mitarbeiter sie am richtigen Arbeitsplatz zur richtigen Zeit im richtigen Format präsentiert bekommt. Die Eingaben des Benutzers müssen wiederum von den richtigen Endsystemen verstanden und verarbeitet werden können. Die Voraussetzung für den Universal-Desktop ist die Integration der unternehmensweiten Prozesse.

Eine Reihe von Softwareanbietern liefert mittlerweile auch Portalsoftware aus. Doch der Nutzen solcher Lösungen hängt zu einem großen Teil von der Qualität der Integrationsfunktionen ab. Enterprise-Application-Integration-(EAI-)Software ermöglicht eine solche Anbindung. Message Broker tauschen dabei Nachrichten zwischen unterschiedlichen Anwendungen aus. Neben dem reinen Transfer von Botschaften eignen sie sich zudem dazu, Geschäftsprozesse zu steuern. Sie liefern auf diese Weise Geschäftsdaten an Analysewerkzeuge. Über ein Web-basierendes Frontend ("Digital Dashboard") können Manager auf Auswertungen zugreifen, die sie bei der Entscheidungsfindung sowie beim Controlling unterstützen. Ein anderes Beispiel ist die Versorgung einer CRM-Lösung mit Kunden- und Aktivitätsdaten.

Spaghetti-Strukturen vermeiden

EAI-Lösungen bilden häufig eine Infrastruktur, über die sämtliche Applikationen innerhalb eines Unternehmens miteinander verknüpft sind. Adapter und Konnektoren sorgen dabei für die Formatumsetzung. Portale verwenden die EAI-Plattform für den Zugriff auf die Anwendungen und sammeln die gelieferten Daten in einem Browser-Fenster. Die Zugriffskonfigurationen lassen sich in Portalkomponenten ("Portlets") speichern und wiederverwenden.

Die Integration will gut durchdacht sein. So kann die Pflege von Anwendungsverknüpfungen teuer werden, wenn Applikationen über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen gekoppelt werden. Solche Spaghetti-Strukturen lösen Anwender zunehmend durch eine Backbone-Architektur. Dieses Rückgrat wird von der EAI-Infrastruktur bereitgestellt. Ändert sich eine angeflanschte Anwendung, ist lediglich der entsprechende Konnektor zu aktualisieren.

Web-Services versprechen eine noch kostengünstigere Methode, Anwendungen miteinander zu integrieren. Diese Technik erlaubt es, Applikationen sowohl im Intranet als auch über das Internet mit anderer Software beziehungsweise Portalen zu verbinden.

Mainframe nicht vergessen

Web-Services können zwar bis zu einem bestimmten Grad Integrationsfunktionen in einer Portalumgebung übernehmen, doch sind zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, wenn auch Mainframes anzubinden sind. Java-basierende Applikations-Server könnten über das Simple Object Access Protocol (Soap) auf Mainframe-basierende CICS- oder IMS-Applikation zugreifen, wenn hierfür ein entsprechender Web-Services-Adapter zur Verfügung steht. Integrationsinfrastrukturen sollten die Kommunikation via HTTP/S, Java Messaging Service (JMS) sowie die Web-Services-Spezifikationen Soap und die Web Services Definition Language (WSDL) unterstützen.

Viele Geschäftsabläufe umfassen heute sowohl Transaktionen als auch Dokumente, wie etwa Verträge. Daher ist auch ein leistungsfähiges Content-Management in Portalen unerlässlich, das Inhalte verwaltet, aktualisiert, transformiert und an die Anwender verteilt. Viele Portalprodukte können diesen Ansprüchen nicht genügen. Mitunter sind die mitgelieferten Funktionen lediglich in der Lage, statischen Content bereitzustellen. Um Dokumente aus unterschiedlichen Quellen in ein Portal einzubinden und darüber hinaus in Workflows einzubetten, sind wiederum entsprechende Integrationswerkzeuge erforderlich. Auch eine ausgefeilte Metadatenverwaltung gehört zum Content-Management. Über Meta-Informationen lässt sich Content kategorisieren, personalisieren und rascher auffinden. (fn)

* Derek McDonnell ist Solution Consultant bei Tibco Software in München.

Angeklickt

Ein großer Teil des Budgets für ein Portal entfällt auf die Integration von Backend-Anwendungen. Da Web-Umgebungen einem ständigen Wandel unterworfen sind, muss auch die Enterprise-Application-Integration-Lösung flexibel genug sein. Damit nicht nur Daten sondern auch Geschäftsprozesse über ein Portal zugänglich werden, sind Workflow-Mechanismen erforderlich. Bei der Integration können Web-Services helfen.

Abb: Motive für ein Firmenportal

Das Beratungshaus Unilog Integrata fragte 124 deutsche Unternehmen nach den Gründen, ein Portal einzuführen. Quelle: Unilog Integrata