Fahrerlose Transportsysteme (FTS) bald 20 kmh schnell:

Integration von CIL in ClM verbessert Marktpositionen

24.02.1989

Schrittweise Automatisierung logistischer Systeme bis hin zur Stufe der Automation - das bedeutet den Einsatz intelligenter Logistiksysteme über die gesamte Wertschöpfungskette mit dem Ziel, Flexibilität und niedrige Kosten mit hoher Lieferqualität zu realisieren. Dieses Ziel ist nicht durch einzelne Schritte, sondern durch Integration in der Analyse, Planung und Umsetzung zu erreichen.

Wettbewerbsvorteile werden in starkem Maße durch neue Technologien und strukturelle Änderungen im Unternehmen erzielt. Neue Logistik-Strategien schaffen die Voraussetzung für eine bessere Serviceerfüllung, einen beschleunigten Materialdurchlauf sowie eine Reduzierung der zum Teil erhöhten Logistikkostenanteile. Durch die Integration

von CIL (Computerintegrierte Logistik) in CIM-Konzepte werden Abläufe sinnvoll koordiniert und optimiert. Die logistische Zukunft wird weiterhin bestimmt durch den Einsatz automatisierter Arbeitsmittel in der Förder-, Lager-, Verpackungs- und Handhabungstechnik.

Heute ist der Markt "Materialflußsysteme und Logistik" in den Unternehmen nach wie vor gekennzeichnet durch überwiegend manuell gesteuerte oder mechanisierte Systeme und automatische Insellösungen als Teillösungen. Logistisches Denken und Handeln erfordert jedoch ganzheitliche Betrachtungen hinsichtlich des Materialflusses und des zugehörigen Informationsflusses. Den Materialfluß gilt es kostengünstig zu automatisieren. Die Logistik soll die bessere Steuerung, Überwachung und Planung der Material- und Informationsströme ermöglichen. Lager-, Transport- und Handhabungsautomaten, computerintegrierte Logistiksteuerungen und rechnergestützte Planungsinstrumente bilden die Eckpfeiler des Materialflusses und der Logistik in den 90er Jahren.

Der Einsatz neuer Methoden und Technologien wird daher zu einem Erfolgspotential mit sehr hohem strategischen Stellenwert. Wer rechtzeitig die richtigen Entscheidungen trifft und seine Marketingstrategie mit der entsprechenden Technologie unterstützt, wird wesentliche Wettbewerbsvorteile erzielen. Um allerdings diese Vorteile zu erreichen, kommt man nicht um eine ganzheitliche Betrachtungsweise herum. Die gesamte logistische Kette muß analysiert werden. Erst die Gesamtbetrachtung, und nicht die Summe aller Einzelaktionen, führt zum angestrebten Erfolg.

Untersuchungen zufolge steigen die Logistikkosten ständig und betragen bereits

30 Prozent des Verkaufspreises eines Produktes. Interessant ist hierbei die Aufteilung nach Kostenarten externer und interner Transport 7,5 Prozent- Lager-Handling-Kosten 6 Prozent; Lagervorräte-Finanzierung 4,8 Prozent; Verpackung 3 Prozent; Administration 5,4 Prozent; Management und Kontrolle 3,3 Prozent. Eine Analyse der gesamten Wertschöpfungskette zeigt, daß es sehr wohl möglich ist, die Logistikkosten, vor allem in den Bereichen Lager, Verpackung und Administration, durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren. Die Devise lautet: Informationen fließen gemeinsam mit dem Material. Das heißt, Flexibilität, verbunden mit einer hohen Lieferbereitschaft, soll nicht durch hohe Lagerbestände erreicht werden, sondern durch eine integrierte Warenflußsteuerung. Wie bereits erwähnt, geht es darum, die einzelnen Maschinen zu einem Produktions- und Logistiksystem zusammenzufügen. Das nahtlose Zusammenspiel der Systemkomponenten garantiert letztlich die volle Funktionsfähigkeit des Systems und dessen Wirtschaftlichkeit.

Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung Computer Integrated Manufacturing and Logistics, also CIM und LOG. Die Revolution ist dabei eher in der Software zu erwarten, wo hochdynamische Planungsmodelle mit voller Simulationsfähigkeit entwickelt werden, um die Leistungsfähigkeit der installierten Produktionsmaschinen und logistischen Einrichtungen auszunützen. Dies ist in erster Linie ein Software- und Engineering-Problem.

Neben den nach wie vor wichtigsten Einsatzfeldern des Gabelstaplers wird in Zukunft die Entwicklung fahrerloser Transportsysteme (FTS) weiter vorangetrieben. Infolge der Verfügbarkeit immer leistungsfähigerer elektronischer Intelligenz und Sensorik bestehen immer mehr Chancen, kostengünstige und einfach zu handhabende FTS zu bauen. Neuste Entwicklungen übernehmen heute bereits 10 bis 25 Prozent der Staplerfunktionen. Die Entwicklungstendenzen in Richtung einer Systemvereinfachung, das heißt Verzicht auf aufwendige Bodeninstallationen sowie komplexe Computersysteme zeichnen sich ab. Das Fahrzeug wird künftig eine hohe Eigenintelligenz aufweisen und weniger von einer zentralen Computersteuerung abhängig sein.

Die Sicherheitseinrichtungen der jetzigen FTS lassen eine maximale Geschwindigkeit vom 1 m/sec (3,6 km/h) zu. Für Transporte über größere Distanzen, zum Beispiel in großen Werkanlagen oder Flughäfen, wird eine neue FTS-Generation mit Geschwindigkeiten bis zu 20 km/h und Lasten von über 10 t entwickelt. Durch geeignete Sicherheitseinrichtungen können die Fahrzeuge in quasi öffentlichen Verkehrsverhältnissen eingesetzt werden. Die erste derartige Pilotanlage steht seit zwei Jahren im praktischen Test und transportiert pro Stunde bis zu 20 t über eine Strecke von 1,6 km. Das FTS ist allwettertauglich, überwindet Steigerungen bis zu 6 Prozent und ist 10,6 km /h schnell.

Automatischer Lastentransport bis zu 20 Tonnen

Roboterähnliche Zuführsysteme für die Beschickung von Maschinen aller Art wurden seit langem von der Industrie mit Erfolg auf den Markt gebracht. Meist sind dies jedoch Geräte für eine Monoproduktion in großen Serien. Künftig werden natürlich mehr und mehr flexible und automatisch umrüstbare Geräte entwickelt, und zwar Geräte, die mit Sensoren ausgerüstet sind und mit der entsprechend programmierten Steuerung die vielfältigsten Aufgaben übernehmen können.

Erste Ansätze für automatisierte Kommissioniersysteme unter Verwendung von Robotern sind vorhanden. Es zeigt sich allerdings, daß die handelsüblichen Roboter aus Leistungs- und auch aus Gewichtsgründen kaum für diese Aufgaben geeignet sind. Auch die Frage der Rentabilität ist noch offen. Einen Menschen zu ersetzen, der fähig ist, einen Lieferschein zu lesen und die einzelnen Kornmissionen auf eine Palette transportgerecht zu packen ist vor allem aus Kostengründen mit der zur Zeit verfügbaren Technik nur in beschränkten Fällen möglich. Palettierroboter sind in sehr vielen Branchen, vorrangig in der Chemie- und Baustoffindustrie, außerdem in Teilen der Lebensmittelherstellung und -weiterverarbeitung anzutreffen. Sie stehen oft in Konkurrenz zu herkömmlichen Palettierautomaten. In den letzten Jahren ist nach Angaben des Fraunhofer-lnstituts für Transporttechnik und Warendistribution, Dortmund, beim Anwender immer mehr die Angst vor den Palettierrobotern gewichen, so daß diese mehr und mehr herkömmliche Palettiermethoden ersetzen. Voraussetzung für den Einsatz eines Roboters ist natürlich, daß die Packstücke handhabungsgerecht sind.

Im Gegensatz zu den Palettierrobotern sind die Kommissionierroboter noch nicht so weit verbreitet. Einsatzbereiche lassen sich überall dort erkennen, wo hinreichend gleichartige Packstücke kommissioniert werden müssen wie zum Beispiel im Lebensmittelgroßhandel oder bei Lebensmittelherstellern.

Praxiserfahrungen haben gezeigt, daß Palettier- und kommissionierroboter sehr zuverlässig arbeiten. So läuft eine Multipalettieranlage bei der BASF, Ludwigshafen, bei einem Einsatz von 720 h/Monat mit einer 95 Prozent.

Mobile Roboter gewinnen Unabhängigkeit

Für den Bereich des Materialflusses wird in nächster Zeit der mobile Roboter als logistikgerechtes Materialflußmittel eingesetzt werden, das die Arbeitsoperationen Handhaben und Fördern, teilweise auch das Puffern integriert übernehmen kann. Seine Einsatzfelder findet der mobile Roboter an den Schnittstellen zwischen Lager-, Förder- und Produktionsmitteln. Durch seine Systemeigenschaften ist nicht nur die vollautomatische und flexible Handhabung gewährleist, sondern auch die logistikgerechte Ablaufgestaltung des Materialflusses.

Experten sagen mobilen Robotern einen der größten kommenden Wachstumsmärkte voraus. So schätzt die amerikanische Unternehmensberatung Technical Insights das Marktvolumen mobiler Roboter auf ungefähr 800 Millionen Dollar in den frühen neunziger Jahren, und dies mit teilweise mehr als zweistelligen Jahreszuwachsraten. Dasselbe Unternehmen prognostiziert, daß 1990 zehn Prozent der Jahresproduktion an Robotern auf fahrerlose Transportsysteme (FTS) montiert sein werden, um so mobil vielfältige Handhabungsaufgaben im Unternehmen zu erfüllen. Das verwundert nicht, zumal die Einsatzmöglichkeiten mobiler Roboter wesentlich vielfältiger und in Zukunft auch oftmals wirtschaftlicher sind als die der stationären Roboter.

Als wesentliche Entwicklungstendenzen und ein Muß für den vermehrten Einsatz mobiler Roboter sind folgende Punkte zu nennen:

1. Die Einführung mobiler Roboter erfolgt je nach Aufgabenstellung über drei unterschiedliche Wege:

-Transport eines vorbereiteten, stationären Roboters mittels Fördermittel zur Arbeitsstation und Plazierung der Robotereinheit mit anschließender Weiterfahrt des Fördermittels.

- Transport von Material und fest verbundenem Roboter durch ein handelsübliches Fördermittel , also die Verknüpfung bereits bestehender Systemkomponenten.

- Entwicklung integrierter, mobiler Roboter mit speziell ausgelegten und aufeinander abgestimmten Systemkomponenten.

2. Der kinematische Aufbau so wie die Anzahl der Freiheitsgrade mobiler Roboter wir den spezifischen Prozeßanforderungen angepaßt werden. Mit Hilfe von Baukastensystemen entsteht eine überblickbare Anzahl von Geräten, die diese Forderungen erfüllen.

3. Leichtbaukonstruktionen mit einem günstigen Verhältnis von Eigengewicht zu Nutzlast und einer damit verbundenen geringeren Energieaufnahme geben mobilen Robotern neue Impulse.

4. Der Einsatz von leistungsfähigen Steuerungen (32-Bit-System) und geeigneten Sensoren (zum Beispiel CCD-Kameras) wird in Kürze wirtschaftlich zu vertreten sein.

5. Mobile Roboter können verschiedenartige und neue Einsatzgebiete im Materialfluß erschließen, für die ortsfeste Roboter oftmals nur bedingt geeignet sind.

Auch bei der Roboterperipherie macht die stürmische Entwicklung nicht halt. Insbesondere hier kommen die Fortschritte im Bereich der Rechner- und Datenübertragungstechnik zum Tragen. So läßt sich die Robotersteuerung informationstechnisch in das Informationsnetz des gesamten Materialflußprozesses einbinden. Über ein lokales Netzwerk (LAN) lassen sich alle Unternehmensbereiche von der Beschaffung über die Produktion bis zur Distribution informations- und steuerungstechnisch integrieren. Die technischen Systemkomponenten werden dann über Infrarotkoppelelemente angesprochen. So können in Zukunft stationäre und mobile Roboter über direkte Leitungen beziehungsweise leitungslos zentral verwaltet und mit anderen Systemelementen zu einem integrierten Informationsnetz verbunden werden.

Volker Heiner ist freier Fachjournalist in Krefeld.