Instant Messaging: Arbeitssitzung im Chat-Room

09.01.2003
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Standardisierung: Lange Zeit konnten Instant-Messaging-Anwender nicht mit Nutzern anderer IM-Dienste kommunizieren, da die einzelnen Hersteller unterschiedliche Protokolle entwickelt haben. Nun gibt es seit September dieses Jahres mit dem Session Initiation Protocol for Instant Messaging and Presence-Leveraging Extensions (Simple) einen IETF-Standard für die IM-Kommunikation. Simple beschreibt Formate zum Austausch von Chat-Botschaften sowie für das Darstellen des Online-Status der Anwender. Auf diese Weise sollen Nutzer verschiedener IM-Tools sehen können, welche Kollegen gerade online sind. Lotus bietet bereits ein Gateway für die Verknüpfung von Sametime-Servern mit Simple-fähigen IM-Systemen an. Sun Microsystems hat angekündigt, das Protokoll in sein „Instant Collaboration Pack“ zu integrieren. Auch Microsoft wird

Simple in die eigenen Produkte einbetten. AOL und Yahoo dagegen wollen von Simple nichts wissen.

Erstaunlicherweise gründete die IETF im November eine weitere Instant-Messaging-Arbeitsgruppe. Der Softwareanbieter Jabber hatte das XML-basierende „Extensible Messaging and Presence Protocol (XMPP)“ als Vorschlag für einen Interoperabilitätsstandard eingereicht. XMPP konkurriert mit dem Simple-Entwurf, für den sich unter anderem Cisco, IBM und Microsoft stark gemacht haben.

Großen Wert auf Standardisierung legen auch die Finanzinstitute. Deshalb gründeten verschiedene internationale Geldhäuser die Financial Services Instant Messaging Association (Fima). Sie hat sich zum Ziel gesetzt, für interoperable IM-Systeme zu sorgen. „Interoperabilität ist kein technisches Problem, vielmehr wollen Anbieter ihre Benutzergruppen nicht mit Konkurrenten teilen“, kritisiert Fima-Sprecher Will Meldrum.

Bisher hat sich AOL nicht als Anbieter von Unternehmenssoftware hervorgetan, dennoch entwickelt der Online-Dienst mit den „Enterprise AIM Services“ eine Lösung für Firmen, in denen bereits der AIM-Client für die Instant-Kommunikation Verwendung findet. Der Internet-Service-Provider offeriert ein Entwicklungspaket, mit dem Anwender beziehungsweise Softwarehäuser Instant-Messaging-Funktionen in andere Applikationen einbinden können. Im Gegensatz zu Microsofts und Yahoos Produktstrategie wirkt AOLs Angebot wenig überzeugend, der Provider hat offenbar weiterhin in erster Linie den Consumer-Markt im Sinn. Zudem war der Anbieter nicht bereit, Produktdetails zu nennen.

Instant Messaging? - Nein Danke!

Über Sinn und Unsinn von Instant-Messaging-Lösungen gehen die Meinungen auseinander. Während die Hersteller nicht müde werden, den Nutzen des neuen Kommunikationsmediums zu loben, äußern sich andere Experten eher kritisch. „Die Firmen haben im Augenblick andere Sorgen“, urteilt Ulrich Dietz, Vorstandsvorsitzender des Internet-Dienstleisters GFT Technologies AG aus St. Georgen. Er verspürt daher bei seiner Kundschaft keine Nachfrage nach IM-Lösungen. Andere kritisieren, dass wegen der noch fehlenden Standards von Interoperabilität keine Rede sein kann.

Wenn überhaupt, so scheinen IT-Firmen und Finanzinstitute den IM-Systemen zugetan zu sein. So verwenden beispielsweise Mitarbeiter bei IBM Deutschland während ihrer zahlreichen Telefonkonferenzen solche Tools, um sich mit den Kollegen unbemerkt von den anderen Zuhörern über Details auszutauschen. Dabei wird auch schon mal per Chat heimlich über die mangelnde Kompetenz des gerade Vortragenden gelästert. IBMs Engagement verwundert nicht, weil ja die Softwaretochter Lotus selbst im Instant-Messaging-Geschäft agiert.