Seit dem 1. Juli dürfen sich 100 Firmen in Deutschland mit dem Gütesiegel "Top 100 Innovator" zieren. Der Auszeichnung liegt eine Studie von Nikolaus Franke zugrunde. Der Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien hat aus 248 Bewerbungen die hundert besten Betriebe herausgefiltert und typische Merkmale zusammengetragen.
Gerade in mittelständischen Firmen mit ihren überschaubaren Strukturen ist die klare Handschrift des Unternehmers allgegenwärtig und deshalb so wichtig. Die Chefs der Top-100-Firmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie…
• ein Drittel ihrer Arbeitszeit für das Thema Innovation aufwenden,
• 12,1 Prozent des Umsatzes in Innovationsprojekte stecken,
• ihren Mitarbeitern durchschnittlich 15 Tage Weiterbildung pro Kopf und Jahr gewähren,
• eine schriftlich formulierte Innovationsstrategie haben, die regelmäßig überprüft und klar vermittelt wird.
- Die ausgezeichneten IT-Firmen
Die Jury hat 100 deutsche Firmen als besonders innovativ ausgezeichnet, darunter zwölf IT-Anbieter. Hier stellen wir Ihnen die IT-Firmen kurz vor. - ams.hinrich+müller
Die ams.hinrich+müller GmbH aus Kaarst betreibt als mittelständisches Beratungs- und Softwareunternehmen ERP-Projekte für Kunden. Eine festgeschriebene Innovationsstrategie oder definierte Innovationsziele gibt es nicht. Die 80 Mitarbeiter sind gefordert, ihr innovatives Potenzial stets kundenbezogen zu entfalten. Das erste Glied in diesem Prozess ist demnach der Berater vor Ort. Er kann mögliche Verbesserungen in den Arbeitsabläufen der Kunden am besten erkennen und die Entwicklung anstoßen. Durch die Kooperation mit fünf Universitäten, so genannten Kompetenzzentren und Labs, sichert sich ams überdies aktuelles externes Know-how. Am Schluss steht eine integrierte Softwarelösung. Ams.hinrich+müller belegt den fünften Rang in der Kategorie "Innovationsförderndes Top-Management". <br/><br/> (Im Bild die Geschäftsführer Manfred Deues (links) und Willibald Müller) - Blueforte
Das Hamburger Unternehmen blueforte ist ein auf Business Intelligence (BI) und Analytics spezialisiertes Beratungshaus mit derzeit 35 Mitarbeitern, das den wachstumsstarken Mittelstand und Großunternehmen bedient. Laut Top-100-Analyse sind die Beschäftigten dort besonders kreativ und entwickeln ständig neue Ideen. Einmal pro Quartal treffen sich die Kollegen aus den vier Standorten Hamburg, München, Frankfurt und Düsseldorf zu Teamevents und erarbeiten Vorschläge. Ein dreiköpfiges Team, das sich aus Mitarbeitern verschiedener Hierarchiestufen zusammensetzt, sucht laufend nach Verbesserungsmöglichkeiten in den Prozessen und Kommunikationswegen. Arbeitsgruppen finden neue Lösungen für bekannte Probleme. Pro Jahr reicht jeder Mitarbeiter durchschnittlich zwölf Vorschläge ein und bildet sich an 13 Tagen fort. Kreativität ist Teil der Zielvereinbarungen. <br/><br/> (Im Bild. Managing-Partner Dirk Proff) - Diamant Software
Die Diamant Software GmbH & Co. KG, Bielefeld, darf sich wie bereits in den vergangenen fünf Jahren erneut zu den innovativsten Mittelständlern zählen. Als überzeugend stuften die Juroren das Innovationsklima ein. Ganzheitliche Prozesse sorgen für eine bereichsübergreifende Abstimmung sämtlicher Innovationsprojekte. Zweimal im Jahr lädt die Geschäftsleitung ihre Mitarbeiter zu einem Abendessen ein, um innovative Ideen frühzeitig zu erkennen, aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Ein eigens von den Mitarbeitern gewähltes TQM-Team (Total-Quality-Management) kümmert sich um Verbesserungsvorschläge. Ein Ergebnis dieses Prozesses ist eine voll in das Rechnungswesen integrierte und voreingestellte BI-Software (Business Intelligence) für das Controlling. <br/><br/> (Im Bild die Geschäftsführer Rüdiger Müller (links) und Roland Hofstetter) - ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH
ESG entwickelt, integriert und betreut Elektronik- und IT-Systeme für Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Automobil-, Telekommunikations- und Logistikbranche. Die Innovationsstrategie sieht einen engen Austausch mit den Kunden bereits in der Planungsphase vor, um Lösungen auf Basis erprobter und neuer Technologien voranzutreiben. Dazu arbeiten viele der 1200 Mitarbeiter in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Kunden. Im Rahmen des Technologie- und Innovations-Managements werden für neue Techniken etwa zur Energiespeicherung systematisch Bedarfs- und Kompetenzanalysen betrieben. Der Anbieter unterhält Kooperationen mit über 250 Universitätsprofessoren und Forschungseinrichtungen. ESG zählt zu den besten drei Unternehmen des gesamten Top-100-Projekts. <br/><br/> (Im Bild Geschäftsführer Gerhard Schempp (links) und und Götz Graichen) - GSD
Eine virtuelle User-Community kann ein wertvoller Ideengeber sein. Das macht sich auch die GSD Software mbH zunutze, die betriebswirtschaftliche Software entwickelt und vertreibt. Das Forum, in dem sich Anwender des Softwarehauses über Nutzungsprobleme oder neue Anwendungen austauschen, stärkt die Kundenbindung und liefert dem Hersteller ständig Impulse zur Weiterentwicklung der Produkte. Nicht zuletzt die Wissensdatenbank überzeugte die Jury. Die Kreativität der 78 Beschäftigten dokumentiert das Tool "DOCUframe Projekt-Management" zur Projektplanung inklusive und Dokumentation, Zeit- und Kostenaufstellung. <br/><br/> (Im Bild die Geschäftsführer Michael Sterzl (links) und Hans Rebhan) - Inneo Solutions
Regelmäßig lädt die Inneo Solutions GmbH, Anbieter von Software für Produktentwicklungen und das Projekt-Management, ihre 215 Mitarbeiter zu Veranstaltungen und Workshops ein, um Innovationen zu fördern. Bis zu 34 Weiterbildungstage pro Jahr kalkuliert die Geschäftsleitung für jeden Arbeitnehmer ein. Die Marketing-Abteilung bindet Kunden und Geschäftspartner rechtzeitig ein, indem sie etwa Informations- und Technologietage für Kunden und Interessenten veranstaltet. Die Teilnehmer dürfen zum Beispiel die Betaversion einer neuen Software testen und gleich ihr Feedback geben. Etwaige Kritik und Verbesserungsvorschläge diskutieren Inneo-Mitarbeiter direkt und greifen sie auf. <br/><br/> (Im Bild die Geschäftsleitung von Inneo Solutions) - Maihiro
Maihiro ist ein Beratungsunternehmen für Customer-Relationship-Management (CRM) mit 70 Mitarbeitern. Auf Vorschlag der Kollegen sind beispielsweise neue Hochschulkooperationen entstanden, zudem wurde das Thema Nachhaltigkeit fest im Firmenalltag verankert. Maihiro fördert durch gezielte Trainings die fachlichen und kommunikativen Fähigkeiten der Mitarbeiter, dazu zählt auch das Konflikt-Management. Jedes Jahr veranstaltet das Unternehmen die "maiskilldays". Hier bilden Mitarbeiter zwei Tage lang ihre Kollegen fort, etwa in Kundenzufriedenheitsmessungen, Kampagnenautomatisierung und mobilen CRM-Szenarien. <br/><br/> (Im Bild Geschäftsführer Uwe May) - Prevero
50 Mitarbeiter tüfteln im 1994 gegründeten Münchner IT-Haus Prevero an Planungs- und Controlling-Lösungen. Das nötige Wissen über die Anforderungen des Marktes verschafft sich das Unternehmen durch einen sehr engen Kundenkontakt. Neuentwicklungen entstehen auf Basis von Kundenprojekten. Auch die Kunden profitieren von dieser Partnerschaft. Denn sie haben direkten Einfluss auf das Produkt, sparen Implementierungskosten und erhalten Entwicklung, Vertrieb, Beratung, Training und Support aus einer Hand. <br/><br/> (Im Bild Geschäftsführer Alexander Springer) - Profi AG
Der Darmstädter IT-Dienstleister beschäftigt 300 Mitarbeiter. Diskussionen und Produktneuentwicklungen nehmen ihren Anfang oft in Strategie-Meetings. Die Mitglieder kommen dabei immer aus verschiedenen Abteilungen, so dass unterschiedliche Standpunkte zur Sprache kommen. Diese Reibung ist für das deutschlandweit operierende Systemhaus äußerst gewinnbringend. Die 130 Systemingenieure bringen ihre Ideen in informelle Teams ein, die ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Der Vorstand wird dabei regelmäßig über Fortschritte der Projekte unterrichtet. <br/><br/> (Im Bild Geschäftsführer Manfred Lackner) - StratOz
StratOz steht für Strategic Organizations. Das Unternehmen verbessert Geschäftsprozesse der Kunden. Das Innovationsklima unter den 33 Mitarbeitern fördert das Top-Management etwa im Rahmen der dreimal jährlich veranstalteten "StratOz-Erfinderbörse". Hier müssen Mitarbeiter Aufgaben lösen, etwa mittels einfacher Alltagsmaterialien wie Zahnstocher und Bürste eine Maschine planen, bauen und vermarkten. Für die Alltagsarbeit wurde das "StratOz-Wiki" eingerichtet, um Tipps und Tricks auszutauschen. Die Firmenzeitung "StratOz-Tribune" ist ein weiterer Baustein für ein gutes Betriebsklima, hier werden Termine, Büchertipps und Berichte aus dem Firmenleben veröffentlicht. Zudem gibt es regelmäßige Stammtische. <br/><br/> (Im Bild Geschäftsführer Christian Kupka) - VMS AG
Mit zwölf Mitarbeitern betreibt die Heidelberger Firma VMS Benchmarking-Projekte für SAP-Software. Um die wesentlichen Informationen aus diesen Vorhaben schneller vorstellen zu können, haben die Softwareexperten beispielsweise das Präsentationsprogramm Powerpoint direkt mit einer Data-Mining-Applikation verbunden. Außerdem gliedert die Benchmark-Lösung die erhobenen Zahlen in einen Gesamtzusammenhang ein und soll so präzise Vorhersagen zu Handlungsalternativen bieten können. 55 Prozent seiner Arbeitszeit verwendet das Top-Management auf Neuerungen. <br/><br/> (Im Bild die VMS-Vorstände Ralph Treitz (links) und Andreas Mielke) - Web Arts
Web Arts aus Bad Homburg beschäftigt 35 Mitarbeiter mit der Verbesserung von Internet-Portalen. Besonders lebhaft sprudeln die Ideen etwa auf gemeinsamen Innovationsspaziergängen mit Kunden. Die Wanderungen führen die Partner beispielsweise in einen Baumarkt, in den Zoo oder in den Wald. Zudem fördert die Geschäftsleitung Innovationsteams (Clouds), die sich zu bestimmten Themen austauschen oder einfach ins Blaue hinein "spinnen". Jeder Kollege kann beliebig vielen Clouds beitreten, muss aber in mindestens einer eine führende Rolle übernehmen. Die Ergebnisse werden unter anderem an jedem Mittwoch beim gemeinsamen Frühstück diskutiert. <br/><br/> (Im Bild die Vorstände Thorsten Barth (links) und André Morys)
Auch die analysierten Firmen zeigen typische Merkmale, was den Umgang mit neuen Projekten und Investitionen in die Zukunftsfähigkeit betrifft. Unter den Top-100-Firmen…
• geben 82 Prozent ihren Mitarbeitern Freiräume für das Entwickeln eigener Ideen,
• fördern 48 Prozent die Risikobereitschaft der Belegschaft mit einem Budget für innovative Projekte,
• pflegen 89 Prozent einen Schutzmechanismus, der den frühzeitigen Abbruch besonders radikaler Innovationsprojekte verhindert,
• bilden sich zwei Drittel der Mitarbeiter an mehr als fünf Tagen pro Jahr fort,
• haben 93 Prozent ein Monitoring von Markt, Technologie und Wettbewerb institutionalisiert,
• kooperieren vier Fünftel mit Universitäten und Forschungseinrichtungen,
• verfügen 100 Prozent über einen klar festgelegten Innovationsprozess.
Der Mittelstand widmet der systematischen Organisation von Innovationen in der Regel eher weniger Aufmerksamkeit als Großunternehmen und unterschätzt ihre Bedeutung. Die Top 100 nutzen das kreative Potenzial des Unternehmens hingegen nahezu komplett. Dafür organisieren sie Innovationsprozesse bewusst und systematisch.